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© BBV
Wie im Regnitztal haben viele Regionen in Oberfranken mit Flächenfraß zu kämpfen. Sei es für den Ausbau der ICE-Strecken, für die Ausweisung von Wohn- und Gewerbebauland oder den Bau von PV-Freiflächenanlagen.

Ortstermin - Erneuerung der A73

Der Flächenverbrauch schreitet ungebremst voran

09.01.2023 | Eine weitere Baumaßname beeinträchtigt die Regnitzachse zwischen Hirschaid und Forchheim

Gerade in prosperierenden Lagen haben aktive Landwirte mit einem massivem Flächenverbrauch zu kämpfen! Sie können beim Grunderwerb nicht mehr mithalten und müssen den regelmäßigen Verlust an Pachtland hinnehmen.
Die Erneuerung der Autobahn A73 zwischen Hirschaid und Forchheim nahm der BBV Oberfranken zum Anlass, um sich im Rahmen eines Pressetermins mit Frau Christine Kohlmann, Redakteurin des Bayerischen landwirtschaftlichen Wochenblattes, ein Bild von den Ausmaßen vor Ort zu machen. Gerade im Regnitztal zwischen Bamberg und Forchheim sind die Bautätigkeiten für Infrastrukturmaßnahmen, der Abbau von Bodenschätzen und die Ausweisung von Bauland seit Jahrzehnten überproportional hoch!
„In den vergangenen 40 Jahren hat sich der Verkehr im Regnitztal von 10.000 auf 56.000 Fahrzeuge pro Tag vervielfacht“, betont Torsten Gunselmann, Referent an der BBV Hauptgeschäftsstelle für Oberfranken. Nicht zuletzt, um diesen erhöhten Verkehrsaufkommen gerecht zu werden, plant nun die Autobahn GmbH eine Erneuerung und Verbreiterung der Fahrbahn der A73 auf 12 km Länge.

Warum wird bei Infrastrukturprojekten immer noch zu großzügig geplant?
Doch nicht nur die Baumaßnahme selbst und die fehlende Kommunikation zwischen Betroffenen und der Autobahn GmbH als Baulastträger stößt den Landwirten sauer auf, besonders den großzügige Flächenverbrauch kritisieren sie. Landwirt und BBV-Ortsobmann Martin Müller, der in Altendorf zusammen mit seiner Frau Maria einen Ackerbaubetrieb mit Biogasanlage betreibt, zeigt das anhand eines konkreten Beispiels auf: „Unterhalb der Autobahnauffahrt Buttenheim ist ein Absetzbecken geplant, das auch wunderbar innerhalb der Auffahrt gebaut werden könnte, wodurch kein zusätzliches Land verbaut werden müsste.“ An einer anderen Stelle sei das bereits so umgesetzt worden, erzählt der Landwirt. Ein halbes Hektar Land, das so dauerhaft versiegelt wird und rund 8000 m2, die vorübergehend gebraucht werden, könnten so eingespart werden.

Oberfranken verliert jedes Jahr rund 900 ha LF!
„Eigentlich müsste die Politik doch daran interessiert sein, möglichst flächensparend zu planen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Hier wird richtig großzügig geplant“, gibt Gunselmann zu bedenken. Der Experte vom BBV verdeutlicht bei der Gelegenheit den Flächenverbrauch für Oberfranken insgesamt: „Wir sind heuer unter die Marke von 200 000 ha Ackerland in Oberfranken gerutscht. Jedes Jahr verlieren wir im Bezirk rund 900 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen und wir sehen da keine Abflachung.“ Betroffen ist überwiegend Ackerland, die Grünlandflächen seien dagegen seit Jahren nahezu unverändert und Waldflächen nehmen tendenziell eher zu. Jedes Hektar weniger geht zu Lasten der aktiven Landwirte und geht darüber hinaus einher mit dem Verlust an Flora, Biodiversität, Humus, Bodenleben, Wasserspeichervermögen und bedeutet letztlich den Entzug der Lebensgrundlage für uns Menschen.
„Unser Hauptanliegen ist es, den Eingriff in die Flächen so gering wie möglich zu halten“, formuliert Landwirt und BBV-Ortsobmann Heinrich Schwarzmann das Ziel von sich und seinen Berufskollegen. Betroffen ist hier fast jeder aktive Landwirt, mit eigenen oder mit gepachteten Flächen. Doch nicht jeder Grundbesitzer ist auch aktiver Landwirt. „Hier gehen die Interessen weit auseinander. Eigentümer, die keinen Bezug zur Scholle haben, sehen das Geld, und sind eher bereit ihr Land zu verkaufen“, stellt Schwarzmann fest. „Wer meint, dass man mit dem Geld, das man für die in Anspruch genommenen Flächen bekommt, wieder Ackerland kaufen kann, der irrt, verdeutlicht Landwirt und BBV-Ortsobmann Klaus Kestler aus Hirschaid. „Man kriegt hier keine Flächen mehr zu kaufen“, stellt Kestler klar.

Wohin führt dieser Flächenverlust noch?
Maria Müller fasst die Stimmung aller Beteiligten zusammen: „Ich bin hier auf dem Hof aufgewachsen und mit der Natur, mit der Region eng verwurzelt. Wenn man ein Luftbild von vor 20 Jahren betrachtet und dann bedenkt, wie es jetzt aussieht und was alles noch kommen soll, ist diese Entwicklung sehr beängstigend.“

© Christine Kohlmann-BLW Gruppenbild Ortstermin ICE
Kämpfen gegen Flächenversiegelung: (v. l.) Maria und Martin Müller aus Altendorf, Klaus Kestler aus Hirschaid und Heinrich Schwarzmann aus Neuses a. d. Regnitz sowie BBV-Referent Torsten Gunselmann. Im Hintergrund wird gerade eine Brücke für eine neue Verbindungsstraße gebaut.
© Autobahn GmbH Übersichtsplan A73
Lageplanausschnitt mit Auflistung der Erneuerungsmaßnahmen entlang der Autobahn A73 zwischen Hirschaid und Forchheim
© BBV Kiesabbau ICE
Auch für den Bau von Freiflächen-PV-Anlagen, für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen oder wie hier im Bild zu sehen für den Abbau von Bodenschätzen werden Flächen in Anspruch genommen. Im Regnitztal zwischen Hirschaid und Forchheim wurden allein für den Sand- und Kiesabbau in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 250 ha Land verbraucht