Ferkelkastration: Es ist drei vor zwölf
Pressegespräch des BBV Schwandorf
Beim Pressegespräch des BBV Schwandorf zur Situation der Schweinehaltung in der Oberpfalz wurde in erster Linie auf das Thema Ferkelkastration eingegangen. Dabei haben der BBV Schwandorf, namhafte Vertreter von Vermarktungsorganisationen, dem AELF Schwandorf - Fachzentrum für Schweinehaltung und der Fleischwirtschaft ihre Positionen abgegeben. Unisono wurde großes Unverständnis darüber geäußert, dass es auf Bundesebene bis dato nicht gelungen ist, eine politische Lösung zu finden, die dem Tierwohl gerecht wird und gleichermaßen den Fortbestand der heimischen Ferkelerzeugung sicherstellt.
Ab 01.01.2019 ist eine betäubungslose Ferkelkastration nicht mehr möglich. Die vorliegenden Möglichkeiten sind bis auf den von der Erzeuger- und Vermarkterseite favorisierten 4. Weg nicht praktikabel. Die erste Möglichkeit, die Ebermast, ist nur in einem kleinen Segment absetzbar. "In Bayern lassen sich kaum Eber vermarkten, schon gar nicht im Bereich der Metzger", betonte Innungsobermeister Ernst Mahler von der Metzgerinnung Schwandorf. Das würde sich mit dem hohen Qualitätsanspruch an das Schweinefleisch nicht vereinbaren. Der zweite Weg, die sogenannte Immunokastration durch eine Impfung ist zwar zulässig, wird aber von der Abnehmerseite als sehr problematisch gesehen, zumal auch hier "Stinker" nicht ausgeschlossen werden können. Dies stellte der Vorsitzende Hans Auer von der größten bayerischen Erzeugergemeinschaft, der EG Südbayern fest. Zudem müsste das Fleisch der Tiere, da es nicht verwertet werden kann, weggeworfen werden - ein Unding. Die Vollnarkose mit dem Gas Isofluran als dritter Weg scheide ebenfalls aus, da die Verwendung von Isofluran für die Ferkelkastration in Deutschland noch gar nicht zugelassen ist und die Anwendung dieses Gases mit ungewünschten Nebenwirkungen für die Ferkel und den Anwender einhergeht. Der vierte Weg stellt die Kastration unter örtlicher Betäubung bei Verwendung von Lidocain dar.
Die Formulierung im Gesetz mit dem Wort Schmerzausschaltung sei mehr als unglücklich, merkten die anwesenden Fachleute an. Eine komplette Schmerzausschaltung gebe es auch in der Humanmedizin nicht. So werde Lidocain im übrigen auch beim Zahnarzt in der örtlichen Betäubung bei der Zahnbehandlung verwendet. "Die Politik hat eine Verordnung erlassen und lässt nun die betroffenen Betriebe im Regen stehen" kritisierte Peter Nissl von der EG Südbayern, Leiter der Ferkelvermarktung in Nittenau.
Es ist mehr als unverständlich, dass sich für den vierten Weg, der bereits in Dänemark und Schweden praktiziert wird, momentan in der Politik auf Bundesebene keine Mehrheiten finden lassen. Es ist drei vor zwölf beschrieb Kreisobmann Josef Irlbacher die Situation mit einem Appell an die maßgeblichen Kräfte, das Verbot der betäubungslosen Ferkelerzeugung so lange zu verschieben, bis eine passende Lösung, die dem Tierschutz und den bäuerlichen Strukturen in Süddeutschland gerecht wird. Es kann nicht sein, so Ferkelerzeuger Anton Scherr, dass die hiesigen Ferkelerzeuger am 01.01.2019 vor dem Abgrund stehen und ihre Ferkel nicht mehr vermarkten können und gleichzeitig Ferkel aus Dänemark über 1.000 km nach Bayern zur Mast transportiert werden und genau diese Tiere mit örtlicher Betäubung kastriert worden sind. Dies könne man niemanden vermitteln. Der weite Transport widerspreche auch dem Grundgedanken nach kurzen Transportwegen im Sinne des Tierschutzes und der Regionaliät. Der Verbraucher schätze immer mehr heimische Produkte, so auch Schweinefleisch, das vor Ort erzeugt und verarbeitet wurde. Christian Lommer vom Fleischerzeugerring Oberpfalz erläuterte die persönliche Betroffenheit als Ferkelerzeuger und äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Politik sich einerseits für den Erhalt von bäuerlichen Betrieben ausspreche, aber dann mit solchen Gesetzen und Verordnungen genau das Gegenteil erreiche. Grundsätzlich müssten politische Entscheidungen mehr mit Augenmaß und Sachverstand getroffen werden war der Tenor der Veranstaltung.