FAQ: Blauzungenkrankheit
Antworten auf häufig gestellte Fragen zu BTV-3
Aktuelle Entwicklungen zum Seuchengeschehen finden Sie hier.
1. Das Blauzungenvirus
Was ist die Blauzungenkrankheit?
Die Blauzungenkrankheit (Bluetongue disease - BT) ist eine virusbedingte, hauptsächlich akut verlaufende Krankheit der Schafe und Rinder. Daneben sind auch Ziegen, Neuweltkameliden und Wildwiederkäuer für die BT empfänglich. Der Erreger ist ein Orbivirus aus der Familie Reoviridae. Es gibt 24 klassische, bekämpfungswürdige Serotypen (BTV-1 bis BTV-24), sowie mindestens 12 weitere atypische Serotypen. (Friedrich-Loeffler-Institut, 2024)
Welcher Serotyp herrscht derzeit vor?
Aktuell ist Mitteleuropa hauptsächlich vom Serotyp 3 betroffen.
Wie unterscheidet sich der Serotyp 3 von dem bisher bekannten Serotyp 8?
Der Serotyp 3 tritt im Vergleich zum BTV-8 aus 2018 mit deutlich stärkeren Symptomen und einer höheren Mortalitätsrate auf.
Wie überträgt sich BTV-3?
Der Virus wird über blutsaugende Mücken, sog. Gnitzen übertragen. Daher tritt vor allem über die Sommer- und ersten Herbstmonate ein verstärktes Seuchengeschehen auf. Die Insekten bevorzugen feuchtwarme Luft und befallen die Tiere hauptsächlich in den Morgen- und Abendstunden.
Wie lange überleben die Insekten? Kann die Krankheit über den Winter eingedämmt werden?
In der Regel leben die Gnitzen zwei bis drei Wochen. Über die Wintermonate können die Insekten aber auch in eine dreimonatige Winterstarre verfallen. Daher gehen die Fallzahlen über die Wintermonate zurück, eine vollständige Eindämmung über den Winter ist aber nicht realistisch.
Sind Tiere in ganzjähriger Stallhaltung besser geschützt?
Grundsätzlich sind die Tiere besser vor den Gnitzen geschützt, es bietet aber keine vollständige Sicherheit. Über den Winter ziehen die Insekten häufig auch mit in den warmen Stall.
Kann sich BTV-3 auf den Menschen übertragen?
Nein, der Virus ist für den Menschen ungefährlich.
Ist BTV-3 tödlich?
Ja, BTV-3 kann insbesondere bei Schafen, seltener bei Rindern und den anderen empfänglichen Tierarten tödlich verlaufen. Bei Schafen liegt die Mortalitätsrate bei 20-25 %, bei Rindern ist sie mit 1-5 % deutlich geringer.
Sind alle Tierarten gleichermaßen betroffen?
Hauptsächlich sind Schafe und Rinder vom BTV-3 betroffen. Vereinzelt treten aber auch Fälle bei weiteren Wiederkäuern und Kameliden auf.
2. Krankheitsverlauf und Behandlung
Können an BTV-3 erkrankte Tiere wieder genesen?
Ja, die Tiere können wieder genesen. Bei Schafen dauert es jedoch einige Monate, bei Rindern einige Wochen, bis die Tiere wieder vollständig genesen sind.
Was sind die Symptome des Serotyp 3?
Schafe: Fieber, Schwellung und Rötung der Maulschleimhäute, Kopfödem, vermehrter Speichelfluss und Schaumbildung, Rötung und Entzündung des Kronsaums, Lahmheiten.
Rinder: Fieber, Entzündungen der Zitzenhaut und Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien, Ablösung der Schleimhäute im Bereich der Zunge und Maul, Lahmheit und Reduktion der Milchleistung.
Können sich Jungtiere im Mutterleib mit BTV infizieren?
Bei einer Infektion der Mutter im 1. oder 2. Drittel der Trächtigkeit kann sich auch das Kalb an BTV infizieren, auch eine Übertragung über die Biestmilch ist möglich.
Können erkrankte Tiere nochmals an BTV-3 erkranken?
Nein, einmal an BTV-3 erkrankte Tiere besitzen Antikörper gegen den Serotyp 3 als Auslöser der Blauzungenkrankheit und werden an dieser Virusvariante nicht mehr erkranken.
Sollte bei erkrankten Muttertieren eine Wartezeit bis zur nächsten Bedeckung eingehalten werden?
Nein, eine Wartezeit ist nicht nötig. Sobald die Tiere vollständig genesen sind, können sie gedeckt werden.
Ab wann können Tiere nach einer Erkrankung geschlachtet werden?
Kranke Tiere dürfen nicht verbracht, klinisch unauffällige Tiere können dagegen sofort geschlachtet werden.
Wie können an BTV-3 erkrankte Tiere behandelt werden?
Es können nur die Symptome behandelt werden. Es gibt keine Behandlung speziell gegen BTV-3.
Wie können die Tiere gegen BTV-3 geschützt werden?
Den einzigen sicheren Schutz gegen BTV-3 bietet derzeit die Impfung.
3. Der Impfstoff
Welche Impfstoffe gibt es?
Es gibt derzeit drei Impfstoffe, die zur Anwendung gestattet, aber noch nicht offiziell zugelassen sind.
Diese Impfstoffe sind:
- BULTAVO 3, Boehringer Ingelheim Vetmedica
- BLUEVAC-3, CZ Vaccines S.A.U.
Syvazul BTV 3, Laboratorios Syva S.A.
Handelt es sich um Lebend- oder Totimpfstoffe?
Innerhalb der EU sind ausschließlich BTV-Totimpfstoffe zugelassen bzw. erlaubt.
Wie oft muss geimpft werden?
Für die Grundimmunisierung werden zwei Impfungen im Abstand von ca. drei Wochen benötigt. Je mehr Zeit zwischen der ersten und der zweiten Impfung liegt, desto besser ist der Impfschutz. Jedoch muss bei der Entscheidung zum Abstand zwischen den beiden Impfungen der Krankheitsdruck miteinbezogen werden.
Um einen optimalen Schutz für die Tiere zu erhalten, wird ca. ein halbes bis ein Jahr nach der Grundimmunisierung nochmal eine dritte Impfung vorgenommen. So kann ein langfristiger Schutz für die Tiere erreicht werden.
Wie ist die Verträglichkeit der Impfstoffe?
Es wird von einer sehr guten Verträglichkeit bei allen drei Impfstoffen berichtet.
Wie lange nach der Impfung sind die Antikörper im Tier nachweisbar?
Ca. ein bis zwei Tage nach der Impfung könnte ein PCR-Test noch positiv ausfallen. Optimalerweise wird sieben Tage nach der Impfung eine erneute Blutabnahme vorgenommen.
Können trächtige Tiere geimpft werden? Gibt es Risiken?
Auch trächtige Tiere können geimpft werden. Es sind keine Risiken bekannt.
Haben Jungtiere aus geimpften Muttertieren auch einen Impfschutz? Wann müssen diese nochmal geimpft werden?
Jungtiere von geimpften Muttertieren besitzen zunächst einen gewissen Impfschutz. Ab einem Alter von drei Monaten sollten Jungtiere grundimmunisiert werden.
Ab wann können Jungtiere von ungeimpften Müttern geimpft werden?
Jungtiere können ab vier Wochen geimpft werden.
Dürfen Bio-Betriebe auch impfen?
Ja, auch Bio-Betriebe dürfen impfen.
Schützt der Impfstoff auch vor anderen Virusvarianten? Wenn die Tiere bereits gegen BTV-8 geimpft wurden, hilft diese Impfung auch gegen BTV-3?
Die genannten Impfstoffe schützen nur vor BTV-3, nicht vor anderen Virusvarianten. Dementsprechend schützt eine bereits bestehende Impfung gegen BTV-8 nicht gegen den aktuellen Serotyp 3. Eine Impfung wirkt immer nur Serotyp-spezifisch.
Gibt es einen Kombi-Impfstoff für die verschiedenen Serotypen?
Grundsätzlich könnte von Impfstoffherstellern ein Kombi-Impfstoff für BTV-8 und BTV-3 erstellt werden, jedoch erst, wenn die offizielle Zulassung für den BTV-3 Impfstoff vorliegt.
Zahlt die Tierseuchenkasse einen Zuschuss?
Die Tierseuchenkasse in Bayern zahlt einen Zuschuss von 1 € je nachgewiesener Impfdose für Rinder und Schafe. Der Zuschuss variiert in den einzelnen Bundesländern.
Gibt es eine Anerkennung der Impfung nach Zulassung der Impfstoffe?
Die Impfstoffe werden nach Zulassung anerkannt, sofern die Impfstoffe im Zuge der Zulassung nicht mehr verändert werden.
Sollten genesene Tiere nochmal geimpft werden?
Eine Impfung gegen BTV-3 ist nach einer Erkrankung an BTV-3 nicht mehr nötig, schadet jedoch auch nicht. Nach einer BTV-8 Erkrankung bspw. ist jedoch eine BTV-3 Impfung nach wie vor notwendig, um gegen BTV-3 zu schützen.
Wie lange dauert eine Grundimmunisierung?
Für die Grundimmunisierung sind mindestens vier bis fünf Wochen einzuplanen.
Gibt es eine Wartezeit beim Impfstoff?
Nein, es gibt keine Wartezeit.
Sollte man noch impfen, wenn man bereits erkrankte Tiere im Bestand hat?
In besonders betroffenen Beständen, kann auch hier noch geimpft werden. Wichtig ist darauf zu achten, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Impfung klinisch
gesund sind.
Kommt es durch die Impfung zu Unfruchtbarkeit oder Verwerfungen bei der Abkalbung / beim Ablammen?
Nein, die Impfung mit inaktivierten BTV-Impfstoffen steht in keinem Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit.
4. Verbringung von Tieren
Wie können die Tiere verbracht werden?
Innerhalb Deutschlands gelten keine Einschränkung bei der Verbringung von Tieren, da ganz Deutschland den BTV-Freiheitsstatus verloren hat.
Sobald die Impfstoffe zugelassen sind, ist eine einfache Verbringung von grundimmunisierten Tieren ins Ausland möglich.
Bis dahin haben die EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, Verbringungsregeln aufzuerlegen. Liegen keine Verbringungsregeln und auch die Zulassung der Impfstoffe vor, ist eine Verbringung aus einem BTV-Gebiet nicht möglich.
Wo finde ich Infos zur Verbringung der Tiere?
Welche Länder Verbringungsregeln auferlegt haben und wie diese lauten, sind auf der Seite der EU-Kommission einzusehen: https://food.ec.europa.eu/animals/animal-diseases/surveillance-eradication-programmes-and-disease-free-status/bluetongue_en#movements