Erhalt von Landwirtschaftsflächen mehr denn je nötig!
BBV-Präsidium: Position gegen den anhaltenden Bewirtschaftungsflächen-Verlust
Zur Bewältigung der gewaltigen Herausforderungen durch die Coronavirus-Pandemie haben die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung herausgestellt, dass die Land- und Ernährungswirtschaft die Grundversorgung mit heimischen Nahrungsmitteln sicherstellt und deshalb als krisenrelevante Infrastruktur einzustufen ist. Den Bauernfamilien tut diese berechtigte Wertschätzung gut, wie sie auch in der Gesellschaft durch die Coronakrise wieder bewusster geworden ist.
Insgesamt macht in Bayern die Landwirtschaftsfläche etwa 3,1 Millionen Hektar Acker- und Grünland aus, auf denen rund 106.000 Bauernfamilien hochwertige Nahrungsmittel, Futter für ihre Tiere und nachwachsende Rohstoffe erzeugen. Etwa 4.000 Hektar Bewirtschaftungsflächen pro Jahr gehen den landwirtschaftlichen Familienbetrieben nach wie vor durch raumbedeutende Planungen sowie durch Siedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen verloren, die zudem für Insekten, Bienen, Vögel und Wildpflanzen Lebensraum sind.
Erhalt von Landwirtschaftsflächen mehr denn je nötig!
Vor diesem Hintergrund fordern die Mitglieder des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes von der Bayerischen Staatsregierung und vom Bayerischen Landtag Initiativen und wirksame Maßnahmen zum Erhalt der heutigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen – reine Absichtserklärungen sind nicht zielführend, sondern sie müssen auch in der Praxis umgesetzt werden:
- Umsetzung des Eigentumspaktes der Bayerischen Staatsregierung vom 4. September 2018, insbesondere:
„Den Entzug und den Verlust von land- und forstwirtschaftlichen Flächen für Infrastrukturprojekte und für alle sonstigen raumbedeutenden Planungen wird die Bayerische Staatsregierung über wirkungsvolle Ansatzpunkte, z.B. Leitfäden, Beratung und Förderung von innovativen Maßnahmen, soweit rechtlich möglich minimieren. Instrumente können hierbei unter anderem sein: der Vorrang der Innen- vor Außenentwicklung über Anreize, maßvolle Verdichtung, Nutzung von Gewerbebrachen, Entsiegelung, mehrgeschossiges Bauen, rotierende PiK-Maßnahmen ohne Flächenerwerb für die Kompensation.“
- Erhalt von Landwirtschaftsflächen
Seit 1960 wurden der bayerischen Landwirtschaft bereits mehr als 840.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen entzogen, vor allem über Siedlungs- und Verkehrsprojekte sowie den damit verbundenen Begleitflächen wie zum Beispiel Böschungen, Entwässerungsmaßnahmen und auch Ausgleichsflächen. Dies entspricht den heute bewirtschafteten Acker- und Grünlandflächen in den Regierungsbezirken Schwaben und Unterfranken.
Flächenschonende Entwicklung, aber kein Flächenfraß
Bei allen Planungen und Umsetzungen von Infrastrukturprojekten muss es oberste Priorität haben, land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen zu schonen. Dementsprechend ist von der Bayerischen Staatsregierung zu prüfen, ob dieses Ziel des Eigentumspaktes über die Einführung von landwirtschaftlichen Vorrang- und Vorbehaltsflächen wirksamer unterstützt wird, wie alle bisherigen Maßnahmen dazu beigetragen haben.
Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und auch die Umsetzung der Energiewende sind gesamtgesellschaftliche Herausforderungen. Bei der Planung und Umsetzung dürfen landwirtschaftliche Nutzflächen deshalb nicht als bloße Verfügungsmasse gesehen werden, sondern nötig sind flächenschonende Konzepte und die Rücksicht auf agrarstrukturelle Belange. Denn aktuelle Planungen für zusätzliche Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Bayern würden mehr als 700 Hektar pro Jahr beanspruchen, weshalb eine Begrenzung in Relation zur Landwirtschaftsfläche der Gemeinde erforderlich ist und zum anderen eine Anschlussregelung für bestehende Biogasanlagen sowie Perspektiven für lokal gewünschte Windkraftanlagen gebraucht werden.
Beim Wohnungsbau und Infrastrukturprojekten müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu erhalten. Das kann durch konsequente Innenentwicklung, Verdichtung, flächenschonendes Bauen, Verzicht auf Kompensationsflächen sowie Prüfung von Alternativstandorten gelingen. Die Politik in Bayern muss ein Leerstandsmanagement auf den Weg bringen und auch die Entsiegelung von Infrastrukturbrachen muss viel stärker umgesetzt werden. Ist über diese Ansatzpunkte keine Lösung zu finden, hat die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen trotzdem auf ein Minimum reduziert zu werden. Das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) ist in Bayern von der Politik strikt abzulehnen, da es für Grundeigentümer quasi wie eine Enteignung wirkt.
Die Politik in München und Berlin muss die Grundlagen und Umsetzungen bei den verschiedenen Ausgleichsregelungen wie zum Beispiel nach dem Baurecht oder dem nationalen und europäischen Naturschutzrecht im Kern überprüfen und reformieren. Die Herausnahme der Flächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung für Ausgleichsmaßnahmen ist weitestgehend Einhalt zu gebieten. Vorzugsweise sind im Vollzug alle alternativen Möglichkeiten zur Kompensation wie zum Beispiel ökologische Aufwertung von Eh-da-Flächen, nutzungsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PiK und rotierende PiK) und vorhandene Ökopunkte vor Ausweisung und Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen als Kompensationsflächen auszuschöpfen. Ersatzgelder für Eingriffe in das Landschaftsbild etwa durch Windräder und Leitungstrassen sind nur für die Entsiegelung von versiegelten Flächen zu verwenden. Ebenso sollten Ersatzgelder auch für die Aufwertung von bestehenden Flächen – auch Kompensationsflächen – über die Finanzierung von nachhaltigen Pflegemaßnahmen verwendet werden. Im Bundesnaturschutzgesetz ist festzuschreiben, dass die Umsetzung der ökologischen Energiewende und notwendige Maßnahmen zum Hochwasserschutz keine Kompensationserfordernis nach sich zieht.
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Grafik-Flaechenfraß-Flächenverbrauch