Fünf nach Zwölf für Umdenken im Lebensmitteleinzelhandel
Präsidentenkonferenz zum Umgang mit dem LEH und den aktuellen Offerten
Die Präsidentenkonferenz des Bayerischen Bauernverbandes erwartet vom Lebensmitteleinzelhandel ernsthafte und nachhaltige Initiativen für einen zukünftig verantwortungsbewussten Umgang mit den Bauernfamilien als den Erzeugern von qualitativ hochwertigen heimischen Lebensmitteln.
Es darf hier nicht um kurzfristige PR-Aktionen oder das Verteilen von Trostpflastern gehen, sondern um einen Umgang auf Augenhöhe, der sowohl Wertschätzung als auch Wertschöpfung für die Erzeuger ermöglicht. Dies ist seit langem überfällig und muss jetzt schnell auf den Weg gebracht werden – auch um die aktuellen Corona-bedingten Absatz- und damit Preisprobleme auf verschiedenen Agrarmärkten nicht noch zu verschärfen.
Die Präsidentenkonferenz fordert konkret eine Selbstverpflichtung des gesamten Lebensmitteleinzelhandels zur Abkehr von Dauerniedrigpreisstrategien in der täglichen Einkaufspolitik und stattdessen zum Beispiel die Umsetzung eines Deutschland-Bonus für heimische Lebensmittel. Die aktuelle Preisanhebung von Lidl für 10 Schweinefleischprodukte sowie ähnliche Ankündigungen von Rewe könnten ein Schritt in die richtige Richtung sein. Allerdings ist bis jetzt noch völlig unklar, ob diese Ansätze langfristig angelegt sind wie sichergestellt wird, dass das Geld auch bei den Landwirten ankommt.
Auf jeden Fall muss aber auch die Politik endlich klare Akzente gegen das extreme Ungleichgewicht in der Marktmacht zwischen Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel setzen. Die vier größten Handelsketten verfügen zusammen über einen Marktanteil von über 85 Prozent. Deshalb muss insbesondere die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) in Deutschland konsequent umgesetzt werden und für alle Handelspartner ohne Umsatzgrenzen gültig sein. Damit würde endlich völlig inakzeptablen, aber bisher leider legalen Praktiken, ein Riegel vorgeschoben werden.
Beispiele für solche Praktiken sind:
- kurzfristige Stornierungen von verderblichen Lebensmitteln,
- einseitige Änderungen der Lieferbedingungen,
- Zurückschicken von nicht verkauften Erzeugnissen ohne Bezahlung oder
- Abwälzen von Kosten auf den Lieferanten, die in keinem spezifischen Zusammenhang mit dem verkauften Erzeugnis stehen bzw. die ohne Verschulden des Lieferanten und nach der Übergabe der Lieferung an den Käufer entstanden sind .
Ergänzend dazu muss die nationale Kartellpolitik deutlich stärker die Erzeugerseite schützen, zum Beispiel durch ein Unterbinden weiterer Fusionen im Lebensmitteleinzelhandel sowie mehr Möglichkeiten für Zusammenschlüsse von Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen, die von Erzeugerseite getragen werden.