Begleiten die Kühe beim Übersetzen auf dem Schiff (von links): Bezirkspräsident Ralf Huber, Ministerin Michaela Kaniber, Bezirksbäuerin Christine Singer, Präsident Günther Felßner und Almbauer Resch.
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Begleiten die Kühe beim Übersetzen auf dem Schiff (von links): Bezirkspräsident Ralf Huber, Ministerin Michaela Kaniber, Bezirksbäuerin Christine Singer, Präsident Günther Felßner und Almbauer Resch.

"Auf die Alm als Sommerweide angewiesen"

BBV appelliert beim Almauftrieb am Königssee weiter an konstruktiven Lösungen zu arbeiten

15.05.2023 | Artenvielfalt, Landschaft und Erholung – dafür stehen die Almen und Alpen in Bayern mit ihren Weidetieren. Doch wenn sich der Wolf weiter ausbreitet, gefährdet das nicht nur die Weidetiere, sondern auch die Kulturlandschaft. Um auf die Wichtigkeit, den dauerhaften Erhalt der Weidehaltung zu garantieren, hat der Kreisverband Traunstein des Bayerischen Bauernverbandes am vergangenen Samstag zum Beginn der Weidesaison am Königssee Vertreter der Medien eingeladen.

Durch die gehäuften Nutztierrisse in der Bebauungsnähe von Bär und Wolf im Berggebiet sind die bayerischen Weidetierhalter extrem beunruhigt und in größter Sorge vor einem möglichen Aus der Weidetier- und Freilandhaltung. Es geht um nichts anderes als den Erhalt unserer Kulturlandschaft mit ihren Almen und Alpen, auch als Erholungsraum, die Offenhaltung des Grünlandes durch die Weidetierhaltung und schlussendlich um die Wertschöpfung für die bäuerlichen Familien.

Hans Gruber, Kreisobmann im Kreisverband Berchtesgadener Land, lud zunächst zur gemeinsamen Überfahrt über den Königssee im Rahmen der Verschiffung der Weidetiere ein. Unter den Anwesenden waren hochrangige Unterstützer für das wichtige Thema: Bayerns Staatsministerin Michaela Kaniber, Landrat Bernhard Kern, LK Berchtesgadener Land, Bürgermeister Hannes Rasp, Gemeinde Schönau am Königssee, Bauernpräsident Günther Felßner sowie BBV Landesbäuerin Christine Singer sowie BBV Bezirkspräsident Obb. Ralf Huber. Unter den weiteren geladenen Teilnehmern war auch Wolfsbeauftragte des BBV für BGL und Traunstein, Gabi Thanbichler. 

Gruber begrüßte die Anwesenden. Die Aktion sei ausdrücklich nicht als Demonstration gedacht, sondern als Aufforderung, gemeinsam konstruktiv an Lösungen zu arbeiten. Sodann berichtete er über die Struktur noch verbliebenen rund 1.250 Betriebe im Landkreis Berchtesgadner Land: Nur rund 50 Betriebe bewirtschaften über 30 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Für viele Betriebe trügen die Almen wesentlich zur Futterbasis bei, sei somit unumgänglich. Die Betriebe müssten jetzt ihre Tiere auf die Almen auftreiben, da die Futterreserven über den Winter aufgebraucht wurden und der Talbetrieb im Sommer weitestgehend für die Futtergewinnung für den Winter genutzt werde.

Almbauer Resch trieb am vergangenen Samstag mit seiner Familie die Tiere durch den Ort zur Schiffsverladestellte, um sie über den Königssee zur Saletalm zu schiffen. Er berichtete den Anwesenden, dass die Saletalm ohnehin schwer zu bewirtschaften sei. Aber auch er sei auf die Sommerweide auf der Alm angewiesen. Sollte er sie nicht mehr nutzen können, so werde er den Bestand reduzieren, oder aufgeben müssen. „Wenn die Gesellschaft weiter den Wolf und Bär Vorrang gewährt ist das der Tod der Almwirtschaft“, betonte Resch.

Gabi Thanbichler, BBV Wolfsbeauftragte für die Kreisverbände Berchtesgadener Land und Traunstein, berichtet über die aktuellen Vorfälle: „Nach dem nachgewiesenen Riss am 21. April gab es am selben Tag einen Rehriss am Högl. Hier gab es keine Untersuchung. Am 22. und 25. April wurde je zweimal ein Wolf auf einer Wildkamera festgehalten. Am 28. April folgte der nächste Rehriss in Ainring, der ebenfalls nicht beprobt wurde. Am 5. Mai wurde eine Mutterkuhherde durch einen Wolf bedrängt. Dieser konnte glücklicherweise von der Bauernfamilie vergrämt werden, nachdem er längere Zeit in unmittelbarer Nähe stehengeblieben war. Zuletzt wurde ein Wolf am 11. Mai auf einer Wildkamera festgehalten, und es gibt inzwischen weitere Meldungen von beunruhigten Herden.“

BBV-Landesbäuerin Christine Singer warb um Verständnis der Belange der Nutztierhalter in der Gesellschaft. Sie rief alle Weidehalter und Landwirte auf: „Tretet in Dialog mit der Gesellschaft“, denn viele Menschen könnten die Situation mit ihrem bisherigen Wissensstand nicht nachvollziehen.

BBV-Präsident Günther Felßner stellte heraus, dass es in Sachen große Beutegreifer um die betroffenen Menschen und den Erhalt der Weidehaltung gehe: „Es geht hier nicht in erster Linie um Geld und Entschädigung – es sind Tradition und Herzblut, die hier eingebracht werden.“ Und: „Wenn die Politik hier keine Veränderung auf den Weg bringt, verliert sie das Vertrauen der Menschen.“ Felßner verwies auch auf das Missverhältnis, dass mit dem Schutz einer Art (dem Wolf) viele andere Arten gefährdet würden. So wie im Ganzen die hohe Biodiversität des Alpenraums.

Durch die Schaffung einer neuen Wolfsverordnung wurde in Bayern kürzlich politisch gehandelt. So gibt es jetzt eine Entnahmemöglichkeit über die Untere Naturschutzbehörde nach bereits einem Riss. Ein extrem wichtiger Punkt aus Sicht der Tierhalter ist dabei auch der Wegfall der DNA-Analyse.

Staatsministerin Kaniber sprach sich am Samstag klar für die Almwirtschaft aus. „Der Verlust der Almwirtschaft ist der Verlust des Gesichtes Bayerns“. Sie werde weiter Eintreten für eine Absenkung des Schutzstatus des Wolfs, setze auf Aufklärung und am Ende auf eine Steuerung der Entnahme.

Landrat Kern, BGL, wandte sich an alle Anwesenden, auch auf die Bürgermeister zuzugehen. „Es kann am Ende nicht eine Einzelentscheidung eines Landrats sein, einen Wolf zu entnehmen“, so wie es der aktuellen Bayerischen Wolfsverordnung geregelt sei, betonte er. Bereits jetzt würden Entscheidungen im Naturschutz mit Drohungen anderer Personen beantwortet.

Die Anwesenden waren sich in der Diskussion einig, dass auch ein stiller Protest aus dem Volk gehört werden müsse, und nicht nur der Protest derer, die mit krimineller Energie auf sich aufmerksam machten.

Der Bayerischen Bauernverband hofft, dass die neue bayerische Wolfsverordnung auf einem stabilen Gerüst steht und nicht gleich erfolgreich beklagt wird. Sie behandelt den Umgang mit Problemwölfen. Und dieser Umgang sei im Aktionsplan Wolf zusammen mit dem BN (BundNaturschutz) beschlossen worden. Wenn der BN jetzt klage, widerspreche er sich selbst. Da helfe es auch nicht ständig zu wiederholen, dass der Wolf eine geschützte Art sei. Bereits jetzt dürfen nach EU- und Bundesrecht Problemwölfe nach sorgfältiger Prüfung entnommen werden. Nichts anderes werde in der Wolfsverordnung umgesetzt, es wird nur schneller geprüft und gehandelt. Der Verband appelliert hier auch an die Naturschutzverbände, die Weidetierhalter mit ihren immensen Leistungen für die Biodiversität im Alpenraum und die Pflege der unterschiedlichsten FFH-Lebensraumtypen zu respektieren.

In Teilen geht die neue Verordnung dem BBV nicht weit genug. So wird die umgehende Ausweisung von nicht zumutbar schützbaren und zäunbaren Gebieten über ganz Bayern gefordert. Aktuell gibt es diese nur im Bergland und der Norden Bayerns ist benachteiligt, obwohl es dort bereits jetzt eine Vielzahl an Sichtungen und auch mutmaßliche Risse gibt. Der BBV fordert zudem, dass der Freistaat endlich den Günstigen Erhaltungszustand des Wolfes anerkennt. Alles andere wäre unseren Bäuerinnen und Bauern politisch nicht vermittelbar. Außerdem fordert der Verband die Landespolitik auf, diese Anerkennung des Günstigen Erhaltungszustands in Berlin mit allen Mitteln durchzusetzen! Die Entwicklungen wären mit Blick auf andere Bundesländer ansonsten fatal: In Brandenburg gibt es bereits mehr Wölfe pro Quadratkilometer als in Alaska.