BBV mahnt vor Verlust wertvoller Produktionsflächen
Bei der Ortsumfahrung Laufen gehen 34 Hektar Nutzfland verloren
In einer Videokonferenz haben die Kreisobleute aus Oberbayern diese Thematik ausführlich diskutiert und gehen nun mit ihren Forderungen aber auch mit Lösungsansätzen an die Öffentlichkeit. Im Berchtesgadener Land sind aktuell die Planungen zur Ortsumfahrung von Laufen ein Brennpunkt, der ein Paradabeispiel für enormen Flächenverlust bietet. Denn nach derzeitigem Stand würden dem Bau der Trasse 34 Hektar wertvolle landwirtschafliche Fläche zum Opfer fallen. Kreisbäuerin Maria Krammer, Kreisobmann Georg Baumgartner und der Traunsteiner BBV-Geschäftstellenleiter Matthäus Michlbauer haben sich bei einem Ortstermin am Hof des Laufener Ortsobmanns Bernhard Prechtl ein Bild von der Situation verschafft. „Wir können ja die Verkehrsproblematik bei der Ortsdurchfahrt Laufen verstehen. Aber wir verstehen nicht, dass hier eine Umgehungsstraße gebaut werden soll, ohne vorher eine flächensparende Lösung zu prüfen“, so der Tenor bei der Zusammenkunft.
Bayernweit gehen den Erzeugern täglich 11,6 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren, teilt der Bayerische Bauernverand mit. Das erklärte Ziel der Bayerischen Staatsregierung, diesen Verlust auf weniger als fünf Hektar pro Tag zu reduzieren, konnte bisher nicht verwirklicht werden. Landwirtschaftiche Böden sind nicht nur Gundlage der Nahrungsmittelerzeugung. Fruchtbare Böden sind lebendige Kohlenstoffspeicher, dienen als Wasserfilter für die Grundwasservorräte und durch die Photosynthese entstehen während des Pflanzenwachstums aus Sonnenlicht Waser und Kohlendioxid wertvoller Stauerstoff und Zucker. „Gerade hier im Bereich rund um Laufen befinden sich größere Nutzflächen als beispielsweise in den Berchtesgadener Gebirgsregionen, fruchtbares Land für die Erzeugnung von Nahrungsmitteln“, gibt Kreisbäuerin Maria Krammer zu bedenken und Kreisobmann Georg Baumgartner ergänzt: „ Hier werden leichtfertig Flächen zugebaut. Wir sollen unsere Heimat erhalten und nicht Flächen durch unsinnige Verkehrsbauprojekte opfern“. Der Laufener Ortsobmann Bernhard Precht erklärt den Sachstand und erläutert, wie es ihn selber betrifft. Derzeit ist das Planfeststellungverfahren für den Bau der Trasse abgeschlossen, also könnte mit dem Bau der rund 4,8 Kilometer langen Umfahrung der Stadt begonngen werden. Doch die betroffenen Grundeigentümer haben sich in einem Verein zusammengeschlossen und Klage gegen das staatliche Bauamt erhoben. Einen Bescheid gibt es noch nicht. Für seinen Betrieb mit 30 Milchkühen hätte der Bau existensgefährende Folgen für Prechtl und seine Familie. Eineinhalb Hektar und damit acht Prozent seiner Nutzfläche würden verloren gehen. „2003 haben wir nach langen Verhandlungen hier in der Region die Flurbereinigung abgeschlossen, jetzt würde nach rund 20 Jahren wieder alles zerstückelt“, schildert er und erzählt: „Ich müsste beispielsweise auf ein Feld einen Umweg von zweieinhalb Kilometern machen. Denn die neue Straße wird eine Kraftfahrstraße und ist damit nur für Fahrzeuge zulässig, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 60 Stundenkilometer überschreitet, also kann man dort mit dem Traktor nicht fahren“. In Laufen ist derzeit der sofortige Vollzug ausgesetzt. Wann mit dem Bau begonnen wird, weiß der Ortsobmann nicht. Einen Silberstreif am Horizont sieht Kreisobmann Georg Baumgarnter: „Ich gehe ein wenig Hoffnung. Nachdem die neue Bundesregierung angekündigt hat, dass alle größeren Bauprojekt nochmal auf den Prüfstand kommen sollen“, hofft er auf eine flächensparende Lösung. Wie diese aussehen könnte, dazu haben sich Prechtl und seine Mitstreiter bereits Gedanken gemacht und eine „Bündelung“ vorgeschlagen. Hier würde der Trassenverlauf für den Straßenverkehr parallel zum bestehenden Schienennetz führen. „Mit diesem Vorschlag waren wir sogar schon im Bundesverkehrswegeplan, sind aber wieder rausgefallen“ erzählt der Laufener Ortsobmann und macht deutlich, dass die Betroffenen so schnell nicht „klein bei geben werden. „ Wir alle sind uns einig, dass wir keinen Quadratmeter verkaufen, da muss man uns schon enteignen“, erklärt Prechtl im Namen seiner Mitstreiter
Im Rahmen der Zusammenkunft in Laufen erläuterte BBV-Geschäftsführer Matthäus Michlbauer die globale Situation und bezieht sich auf Zahlen aus dem Jahr 2019: „Es gibt 1,4 Milliarden Hektar Ackerland.Grünland und Steppe kann, wenn dann nur mit Hilfe von Wiederkäuern nutzbargemacht werden. Bei sieben Milliarden Menschen stehen damit für jeden Menschen rund 2000 Quadratmeter Ackerland zur Verfügung. Darauf muss alles wachsen, was wir Menschen verbrauchen. Ernährung, auch die Baumwolle für Jeans oder Biodiesel. Von diesen ackerbaulich genutzten Flächen wird etwa ein Viertel als stark degradiert ausgewiesen. Probleme im Wesentlichen Bodenerosion. Zudem steigen die deutschen Agrarimporte seit dem Jahr 2000 rasant.Für den Anbau hiesiger Agrarprodukte belegen Hersteller und Konsumenten also immer mehr Felder im Ausland.“
Flächenverbrauch reduzieren
Der Bauernverband fordert: den Entzug land und forstwirtschaftlicher Nutzflächen für Infrastrukturprojekte minimieren; den von Projekten betroffene Landwirte sollen Ersatz-Nutzflächen angeboten werden; flächenschonendes Bauen, mehr Innenraumverdichtung und besseres Leerstandsmanagement, den Verzicht auf Kompensationsflächen sowie die Prüfung von Alternativstandorten. Außerdem animiert die Niedrigszinspolitik der Europäischen Zentralbank die Anlieger zu weiteren Investionen in landwirtschaftilche Flächen. Die Politik sollte ihre Flächenpolitik im Kern überprüfen und reformieren und diese auf einen nachhaltigen Umgang mit Fläche ausrichten. Der Bauernverband listet dazu folgende vorhandenden Möglichkeiten auf und sieht den ersten Ansatz in der Datenbank des Landesamtes für Umwelt (LfU), hier finden sich unter https://www.lfu.bayern.de/umweltkommunal/flaechenmanagement/fmdb/index.htm praktische Hinweise. Der Bauernverband fordert weiter, dass Ersatzgelder für Eingriffe in das Landschaftsbild nur für Entsieglung von versiegelten Flächen fließen und Ersatzgelder, auch für die Aufwertung von bestehenden Flächen, über die Finanzierung von nachhaltigen Pflegemaßnahmen Verwendung finden. Außerdem soll das Bundesnaturschutzgesetz dahingehend ergänzt werden, dass bei Projekten der Engergiewende und zum Hochwasserschutz keine Kompensationserfordernis nötig ist und dass Ballungsgebiete durch die Nutzung von leerstehenden Flächen in strukturarmen Gebieten entlastet werden.
Text/Bilder: Maria Horn