Kandidatenfrühschoppen
Nach den Versprechen müssen Taten folgen
„Nach den Versprechen müssen Taten folgen“
Coburg – Unter dem Motto „Nach den Versprechen müssen Taten folgen“ lud der Bayerische Bauernverband Coburg am vergangenen Montag die Bundestagskandidaten des Wahlkreises Coburg zum traditionellen Kandidatenfrühschoppen ins Gustav-Dietrich-Haus ein. Die Veranstaltung stand im Zeichen der anhaltenden Herausforderungen für die Landwirtschaft, die vor allem durch die massiven Bauernproteste im vergangenen Jahr bundesweit Aufmerksamkeit erlangt hatten. Tausende Landwirte waren damals mit ihren Traktoren auf die Straßen gezogen, um gegen die geplante Streichung der Agrardiesel-Subventionen und die zunehmende bürokratische Belastung zu demonstrieren. Die Proteste zeigten deutlich: Die Landwirtschaft fühlt sich von der Politik im Stich gelassen.
Kreisobmann Sebastian Porzelt begrüßte die Teilnehmer und eröffnete eine lebhafte Diskussion über die drängendsten Themen der Landwirtschaft. Die Kandidaten Michael Gebhardt (AfD), Oliver Ramm (FDP), Jonas Geissler (CSU), Nikolai Hiesl (Freie Wähler) und Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) stellten ihre Positionen vor. Die SPD hatte ihre Teilnahme abgesagt.
Agrardieselrückvergütung: Streit um Subventionen und Nachhaltigkeit
Ein zentrales Thema des Abends war die Forderung nach der Wiedereinführung der Agrardieselrückvergütung. Sebastian Porzelt betonte, dass die Landwirte nach den Protesten des vergangenen Jahres endlich spürbare Ergebnisse erwarten.
Michael Gebhardt (AfD):„Wir fordern eine Verdopplung der Diesel-Subventionen, um die Landwirte angemessen zu unterstützen. Die derzeitige Politik ist realitätsfern und ignoriert die enormen Belastungen, unter denen die Landwirtschaft leidet. Statt immer neue bürokratische Hürden zu errichten, muss die Politik endlich handeln und die Rahmenbedingungen für die Landwirte verbessern.
Oliver Ramm (FDP):„Wir setzen auf eine marktwirtschaftliche Lösung und Technologieoffenheit. Subventionen sind kein Allheilmittel und können langfristig keine nachhaltige Landwirtschaft sichern. Stattdessen brauchen wir Innovationen, Investitionen in moderne Technologien und marktbasierte Ansätze, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen. Nur so können wir die Herausforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes meistern.“
Jonas Geissler (CSU):„Die aktuelle Abrechnungsmethodik bei der Agrardieselrückvergütung ist nicht praxistauglich und schafft unnötige Bürokratie. Die Landwirte brauchen Planungssicherheit, um ihre Betriebe zukunftsfähig zu gestalten. Wir müssen sicherstellen, dass die Unterstützung bei den Betrieben ankommt, die sie dringend benötigen, und dabei gleichzeitig faire und transparente Verfahren schaffen.“
Nikolai Hiesl (Freie Wähler):„Die Abschaffung der Agrardieselrückvergütung war ein großer Fehler. Sie hat viele Landwirte in eine schwierige finanzielle Lage gebracht. Wir müssen zum alten System zurückkehren, um die Landwirte angemessen zu unterstützen. Nur so können wir die heimische Landwirtschaft stärken und die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleisten.“
Johannes Wagner (Grüne):„Die haushalterische Umsetzbarkeit der Agrardieselrückvergütung ist fragwürdig. Statt in fossile Brennstoffe zu investieren, sollten wir die Förderung emissionsarmer Antriebe und nachhaltiger Technologien vorantreiben. Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, und wir müssen sie dabei unterstützen, diesen Wandel zu vollziehen. Nur so schaffen wir eine zukunftsfähige und umweltfreundliche Landwirtschaft.“
Bürokratieabbau: Landwirte fordern Entlastung
Die hohe bürokratische Belastung der Landwirte war ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion. Die Kandidaten waren sich einig, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht, doch die Lösungsansätze unterschieden sich deutlich.
Jonas Geissler (CSU) forderte eine „Entbürokratisierungsoffensive“ und eine „1:1-Umsetzung von EU-Recht ohne nationale Verschärfungen“. Er betonte, dass übermäßige bürokratische Hürden die Wirtschaft belasten und innovative Entwicklungen behindern. „Wir müssen den Unternehmen den Rücken freihalten, statt sie mit zusätzlichen Vorschriften zu überfordern“, so Geissler.
Nikolai Hiesl (Freie Wähler) kritisierte die aktuelle Bürokratie als „praxisfern“ und forderte eine „Vereinfachung des Mehrfachantrags“. Er erklärte: „Die derzeitigen Regelungen sind oft zu kompliziert und realitätsfremd. Wir brauchen mehr Pragmatismus, um die Menschen vor Ort zu entlasten und die Verwaltung effektiver zu gestalten.“
Johannes Wagner (Grüne) betonte, dass „Bürokratie notwendig sei, um Umweltstandards zu sichern“, sprach sich aber für eine „effizientere Gestaltung“ aus. Er fügte hinzu: „Umweltschutz und Bürokratie müssen kein Widerspruch sein. Wir können Verfahren straffen und digitalisieren, ohne dabei unsere ökologischen Ziele aus den Augen zu verlieren.“
Michael Gebhardt (AfD) forderte „mehr Entscheidungen auf regionaler Ebene“ und eine „Rückverlagerung der Kompetenzen“. Er argumentierte: „Die Menschen vor Ort wissen am besten, was sie brauchen. Zentralistische Strukturen führen oft zu unnötiger Bürokratie und Entfremdung von den tatsächlichen Bedürfnissen der Bürger.“
Oliver Ramm (FDP) setzte auf „digitale Lösungen, um Doppelanmeldungen zu vermeiden“, und kritisierte den Staat als „Erziehungsberechtigten“. Er sagte: „Wir brauchen einen schlanken Staat, der die Bürger unterstützt, statt sie zu bevormunden. Digitalisierung ist der Schlüssel, um Bürokratie abzubauen und effizientere Abläufe zu schaffen.“
Internationaler Wettbewerb: Gleiche Standards sind gefordert
Die Frage, wie deutsche Landwirte im internationalen Wettbewerb bestehen können, sorgte für hitzige Diskussionen. Die Kandidaten waren sich einig, dass faire Standards notwendig sind, um die heimische Landwirtschaft zu schützen.
Johannes Wagner (Grüne): „Um eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaft zu schaffen, müssen wir lokale Produzenten stärken und ein Handelssystem etablieren, das klare Umwelt- und Sozialstandards festlegt. Nur so können wir sicherstellen, dass globaler Handel nicht auf Kosten von Mensch und Natur geht.“
Nikolai Hiesl (Freie Wähler): „Es ist entscheidend, dass für alle Marktteilnehmer die gleichen Regeln gelten. Importe, die deutsche und europäische Standards unterlaufen, sind nicht hinnehmbar. Sie gefährden nicht nur unsere heimische Wirtschaft, sondern auch die Qualität und Sicherheit von Produkten.“
Jonas Geissler (CSU):„Mercosur bietet große Chancen für den internationalen Handel, insbesondere für die deutsche Exportwirtschaft. Allerdings müssen wir Lösungen für bestehende Wettbewerbsverzerrungen finden, um faire Bedingungen für alle Beteiligten zu gewährleisten.“
Oliver Ramm (FDP):„Internationale Handelsabkommen sind ein wichtiger Treiber für wirtschaftliches Wachstum und globale Zusammenarbeit. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass solche Abkommen auf fairen und ausgewogenen Bedingungen basieren müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.“
Michael Gebhardt (AfD): „Ich lehne das Mercosur-Abkommen ab, da es die Interessen deutscher Unternehmen und Arbeitnehmer gefährdet. Wir brauchen eine protektionistische Handelspolitik, die unsere heimischen Betriebe schützt und stärkt, statt sie dem unfairen internationalen Wettbewerb auszusetzen.“
Umwelt- und Landwirtschaftsministerium: Zusammenlegung umstritten
Michael Gebhardt (AfD): „Ich befürworte eine Zusammenlegung von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, um effizienter zu arbeiten. Bürokratieabbau und klare Zuständigkeiten sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Politik.“
Oliver Ramm (FDP): „Eine Zusammenlegung der beiden Ministerien halte ich für sinnvoll, um Synergien zu nutzen und effizientere Entscheidungsprozesse zu schaffen. Beide Bereiche sind eng miteinander verflochten und sollten daher auch strukturell zusammengedacht werden.“
Jonas Geissler (CSU): „Ich bin für eine stärkere Kooperation zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, aber ein Agrarminister sollte die Führung übernehmen. Die Landwirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor und muss angemessen vertreten sein.“
Nikolai Hiesl (Freie Wähler): „Eine gemeinsame Strategie von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium könnte große Vorteile für Landwirte und den Umweltschutz bringen. Beide Bereiche müssen Hand in Hand arbeiten, um nachhaltige Lösungen zu finden.“
Johannes Wagner (Grüne): „Ich lehne vorerst eine Zusammenlegung ab, da die Ziele der beiden Ressorts zu unterschiedlich sind. Bayern soll es auf Landesebene ausprobieren. Dann wird sich zeigen, ob es überhaupt auf Bundesebene funktionieren kann.“
Zum Abschluss der Veranstaltung richtete Sebastian Porzelt einen eindringlichen Appell an die Landwirte: „Gehen Sie zur Wahl und machen Sie Ihre Stimme laut! Wählen Sie die Kandidatin oder den Kandidaten, der sich wirklich für die Belange der Landwirtschaft in ihrem Sinne einsetzt. Unsere Landwirtschaft ist das Rückgrat unserer Region – lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass sie das auch in Zukunft stark bleibt.“
Der Kandidatenfrühschoppen des Bayerischen Bauernverbands Coburg zeigte, dass die Landwirtschaft ein heißes Thema in der nächsten Koalition sein wird. Die Diskussion machte deutlich, dass die Parteien unterschiedliche Schwerpunkte setzen – von der Forderung nach mehr Subventionen bis hin zur Betonung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Eines ist glasklar: Die Landwirte erwarten Taten, nicht nur Worte. Die Bundestagswahl wird zeigen, welche Partei ihre Interessen am besten vertritt.
