Im Feldzug gegen den Klimawandel
ERNTE-BILANZ Landwirte aus der Region kämpfen mit Deutschlands geringsten Niederschlägen und schwierigen Böden. Doch ihr härtester Gegner ist nicht immer die Natur
übernommen aus dem Fränkischen Tag, Redakteur Michael Busch ...
Extreme Hitze, Hochwasser, aber auch zunehmende Dürre – die Bedingungen für die Landwirtschaft sind alles andere als einfach. Totalschäden vor der Ernte. Eine schwierige Situation, auch für die Landwirte in der Region Erlangen-Höchstadt, erklärt der Kreisobmann Robert Ort. Ein Grund, dass diese Thematik im Mittelpunkt eines Gesprächs auf dem Gelände der Firma Breun war.
Anpassungen als Ziel
Für den Chef des Saatzuchtunternehmens, Martin Breun, sind diese veränderten Bedingungen ein wichtiges Thema. „Wir züchten das Getreide für die Zukunft.“ Mit den geringsten Niederschlägen in Deutschland und schwierigen Bodenverhältnissen ist Herzogenaurach ein sehr selektiver Zuchtstandort. Breun sagt: „Die hier gezüchteten Sorten zeichnen sich durch eine herausragende Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste Umweltbedingungen aus.“ Dem pflichtet BBV Geschäftsführer Jochen Loy bei. „Wir haben uns in Mittelfranken aufgrund der hiesigen Bedingungen schon früh emanzipiert.“
Gemeinsam müssen die Betroffenen über die Sorte von übermorgen diskutieren. Bedingungen der EU geben Rahmenbedingungen vor. Der „Green Deal“ der EU setzt zum Beispiel voraus, dass 50 Prozent der chemischen Wirkstoffe die Zulassung verlieren. Breun: „Das heißt, unser Weg, dass wir bereits seit Jahren Resistenzzüchtung betreiben, war richtig.“ Aber auch ein CO2-neutrales Wirtschaften wird in der Landwirtschaft immer wichtiger werden.
Einigkeit besteht bei den Experten auch bei der Frage der Energieeinsparung. Vermälzung mit weniger Wasser, damit einhergehend Energieeinsparungen seien in diesem Teil der Produktion wichtig. Bereits jetzt werden durch entsprechende Sorten, die weniger Wasser bei der Vermälzung benötigen, bundesweit 20 000 Tonnen CO2 im Jahr eingespart – nur durch die gewählte Sorte. Den momentanen Klimawandel betrachtet Breun kritisch. „Ja, es sind Veränderungen da. Aber wir müssen berücksichtigen, dass Wetter und Klima nicht das Gleiche sind.“ Klima setze sich aus einer längeren Zeiteinheit zusammen. „Da geht es um 30 Jahre und mehr. “Es gehe also nicht um kurzfristige Ereignisse, sondern die langfristigen Auswirkungen.
Feierabendbier wächst auf dem Acker
Es gehe aber nicht nur um das eigentliche Wirken in der Landwirtschaft und das Aufstellen für die Zukunft. Es gehe auch darum, dass die Arbeit der Landwirte nicht genug geschätzt werde. „Wir wirbeln zu viel Staub auf“, monierte Breun die Reaktion von Passanten auf die Folgen des Arbeitens auf trockenem Boden. Es werde mit Anzeigen gedroht und wenig Verständnis für diese Arbeit, die letztlich die Ernährung sicherstellt, reagiert.
Robert Ort vermisst, dass Landwirtschaft in der Öffentlichkeit positiver gesehen wird. Das treffe nicht nur den Anbau, sondern auch die Tierhaltung. „Eine nachhaltige Landwirtschaft ist nur mit entsprechender Tierhaltung möglich.“ Der Landwirt als Buh-Mann sei ihm unverständlich. „Wir Landwirte wollen die Natur schützen, das ist in unserem Interesse“, erklärt Ort.
Punktuell zu viel Wasser
Nikolaus Ehnes, Fachberater Pflanzenbau, schilderte dann den aktuellen Pflanz- und Ernteverlauf. Es sei in diesem Jahr viel passiert. „Es war zum Ende ein strenger Winter, dann wurde es extrem nass.“ Kleine Körner und die Qualitäten passen nicht. Im Mai wurde es warm und die Pflanzen wuchsen extrem schnell. Die Mengen 450 Milliliter Niederschlag bis jetzt seien letztlich gar nicht zu viel, aber punktuell gab es zu viel Wasser. Die Erträge seien gut, aber die Qualitäten nicht optimal - zumindest beim Getreide. Beim Raps sei man wegen der nassen Zeit nicht so optimistisch.
Es muss mehr Aufklärung geben
Landrat Alexander Tritthart weiß um die Problematik der Landwirtschaft. „Es kann der Eindruck entstehen, dass wir sehr industriell aufgestellt sind, das ist aber gar nicht so.“ Gerade in Herzogenaurach zeige sich, dass neben den großen Firmen die Landwirtschaft einen wichtigen Stellenwert einnehme. „Es scheint tatsächlich nicht jedem Bürger bewusst zu sein, dass in seinem Feierabendbier letztlich genau das Getreide steckt, das hier angebaut wird.“ Tritthart unterstreicht, dass bei der Frage des Klimawandels die Landwirtschaft zu kurz komme. Zumal im Landkreis die unterschiedlichsten Früchte angebaut werden. Vom Kren bis zur Kirsche reiche dieses Portfolio.
Fazit der Runde: Die Landwirte müssen selbstbewusst sein. Sie seien nicht ein Teil des Problems, erläuterte Loy, sondern ein Teil der Lösung. Man kämpfe nicht gegen die Natur, sondern mit der Natur. Man müsse gemeinsam im Sinne der Bevölkerung handeln.