LandWirtschaftsForum
mit Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes
In einer kämpferischen Rede warb der Präsident des Deutschen Bauernverbandes um den landwirtschaftlichen Nachwuchs. Immerhin gehe es um Deutschlands Ernährungssicherheit.
Immer mehr Landwirte geben auf. Sie können die ständig steigenden Anforderungen nicht mehr bewältigen. Besonders die Rinder- und Schweinehalter trifft es hart. „Die Entwicklung ist beängstigend“. Im letzten Jahrzehnt habe sich die Zahl der Schweine auf deutschem Boden um fast sechs Millionen verringert. Im gleichen Zeitraum habe man in Spanien massiv in die Schweinehaltung investiert. „Es hat nur eine Verlagerung stattgefunden“. Geringere Kosten für Mitarbeiter sind aber nur ein Puzzleteil. Viel dramatischer sei es bei den Auflagen. Es sind die unzähligen Stunden, in denen die Bauern am Laptop sitzen und irgendwelche Statistiken, Anträge oder Formulare ausfüllen. Dann wird der Bauernpräsident deutlich: „Der Bauer muss wieder mehr Erzeugung machen und weniger Dokumentation“. Es brauche mehr Freiräume.
Der Rückgang der Familienbetriebe macht Rukwied Sorgen. Schließlich gehe es um die Ernährungssicherheit. Wie wichtig das sei, habe man an den gestörten Lieferketten infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges gesehen. „Wir können die ausreichende Menge an qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu akzeptablen Preisen erzeugen“. Dafür bräuchte es freilich mehr Spielräume für die Landwirte und nicht noch mehr Auflagen und Verbote. Von allen Seiten geraten die Bauernhöfe nämlich unter Druck. Die Bauern sollen Flächen stilllegen; dabei ist von fünf Millionen Hektar die Rede, die aus der Produktion genommen werden sollen. „Bei rund 17 Millionen Hektar bedeutet das, dass wir nicht mehr in der Lage sind, Europa zu ernähren“. Die Bauern sollen deutlich weniger, am besten gar keine Pflanzenschutz- oder Düngemittel verwenden; dabei sei doch jedem klar, dass derlei völlig praxisfremd sei und dadurch enorme Ernteverluste entstünden. Und all das zu einem Dumpingpreis, den der Verbraucher zu zahlen bereit ist. „Ich habe den Eindruck, die Umwelt soll allein auf unsere Kosten gerettet werden“.
Rukwied sieht die Zukunft in der nächsten, gut ausgebildeten Generation. Die aber werde durch ständige Beobachtung und Kritik fachfremder Menschen demotiviert, ergänzte Oberfrankens Bauernpräsident Hermann Greif. „Manch einer schaut beim Betreten des Stalls nicht zuerst auf die Tiere, sondern darauf, ob eine versteckte Kamera angebracht worden ist“. Eine Hofübergabe, die Rukwied selbst bereits plant, gebe es auch nur dann, wenn sich die Mühe auch lohne. Den Ball sieht der Bauernpräsident im Spielfeld des Handels und der Politik. Man brauche beide, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen komme, die die deutschen Landwirte benachteiligten. Stichpunkte sind hier rückwirkende Übergewinnsteuer, Nitratbelastung des Grundwassers, steigende Energiepreise, nicht nutzbare FFH-Gebiete, zu hoher Mindestlohn, Schlupflöcher in Haltungs- und Herkunfts-Kennzeichnung, Bejagung von Wolf, Kormoran und Fischotter... Man sei bereit, mit allen Seiten zusammenarbeiten, auch den Umweltschutzverbänden. Am Ende müssten die Landwirte und ihre Familien von ihrer Arbeit aber auch leben können.
Aufgeben kommt für Rukwied allerdings nicht in Frage. Er plädiert in seiner völlig frei gehaltenen Rede für das ständige, immer wiederkehrende Bohren dicker Bretter. Tatsächlich erfahren seine Kollegen, wie ihr Präsident tagtäglich mit den politischen Entscheidern spricht, die Argumente der Landwirte vorbringt und versucht, das Schlimmste zu verhindern. Das gelinge manchmal, aber nicht immer. „Die Mehrheiten sind andere“. Es helfe nichts, sich nur über die Lage zu beklagen. Man müsse sich in Gemeinderäten und Kreistagen und darüber hinaus politisch engagieren. „Man kann nur etwas bewirken, wo man die Hand zur Abstimmung hebt“.
Text: Pressestelle Sparkasse Forchheim