Demo: Bauern wehren sich gegen Baugebiet Erlangen-West III
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Demo: Bauern wehren sich gegen Baugebiet Erlangen-West III

Landwirte fordern: Schluss mit dem Raubbau an landwirtschaftlichen Flächen - Heimat wahren - Äcker und Wiesen erhalten

17.05.2018 | Die Stadt Erlangen plant eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) für das Baugebiet Erlangen-West III mit fast zwei Millionen Quadratmetern.

„Damit würden den heimischen Landwirten rund 200 Hektar wertvolle Acker- und Wiesenflächen verloren gehen“, kritisiert Robert Ort, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Erlangen-Höchstadt. „Das entspräche der Größe von sechs fränkischen Bauernhöfen“, macht Ort, selbst aktiver Landwirt und Milchviehhalter, deutlich. In Bayern liegt die Durchschnittsgröße eines Bauernhofes laut Agrarbericht bei rund 35 Hektar. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik wurden der Landwirtschaft zwischen 2011 bis 2015 allein in Mittelfranken 2.442 Hektar fruchtbarer Boden entzogen.

Gegen diesen Raubbau an den für die Lebensmittelerzeugung benötigten wertvollen landwirtschaftlichen Flächen durch überzogene Planungen protestierten rund 200 betroffene Bäuerinnen, Bauern und Grundeigentümer diesen Mittwoch im Erlanger Zentrum vor dem Rathaus mit rund 100 Traktoren und zahlreichen Transparenten.

Warum ausgerechnet die Stadtratsfraktion GRÜNE/Grüne Liste in Erlangen sich für diese überdimensionierte Baugebietsausweisung ausspricht, verstehen die Bäuerinnen und Bauern nicht. „Die GRÜNEN betreiben einerseits ein Volksbegehren gegen Flächenfraß unter dem Motto „Betonflut eindämmen“ und in Erlangen wollen sie genau das Gegenteil beschließen“, kritisiert Kreisobmann Ort.

Die Bauernfamilien fordern stattdessen, dass der Entzug land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen für Infrastrukturprojekte minimiert wird und Ersatzflächen auch im Bereich Landwirtschaft bereitgestellt werden müssen, wie dies bereits für Waldflächen gesetzlich verankert ist. Das Instrument der SEM ist strikt abzulehnen, da es für Grundeigentümer quasi wie eine Enteignung wirkt. Ferner muss der Innenentwicklung gegenüber der Außenentwicklung Vorrang eingeräumt werden. Aus Sicht der Bauern muss ein Leerstandsmanagement forciert werden und auch die Entsiegelung von Infrastrukturbrachen viel stärker umgesetzt werden.

„Dieser ungezügelte Flächenfraß muss endlich gestoppt werden“, fordert auch Landwirt Christian Mayer aus Büchenbach, der mit seinem Biohof selbst massiv mit 12 Hektar Flächen, teils Eigentum und teils Pachtflächen, betroffen wäre. Auch Landwirt Jürgen Kern, der in Steudach seinen Hof konventionell bewirtschaftet, ist empört über dieses Planungsvorhaben. „Mir wurden bereits zwei Hektar für die Rastanlage an der Autobahn A3 entzogen und nun würde ich erneut sechs Hektar durch diese SEM-Planung der Stadt Erlangen verlieren“, kritisiert Kern die existenzgefährdende Entwicklung. Vor weiteren Entscheidungen und Planungsschritten zu Erlangen-West III sind die Bauern als Eigentümer und als Bewirtschafter auf Augenhöhe mit einzubeziehen, forderten die beiden jungen Landwirte zusammen mit den anderen Bauern vor dem Rathaus in Erlangen.

Die multifunktionale, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft bildet in Mittelfranken und gerade auch im Ballungsraum sowie in der Stadt Erlangen eine entscheidende Grundlage dafür, dass die städtischen und ländlichen Gebiete ein attraktiver Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum, und somit eine lebenswerte Heimat sind und bleiben.

Die aktuellsten Zahlen des Statistischen Landesamtes zeigen: der bayerischen Landwirtschaft sind 2016 insgesamt 3.581 Hektar verloren gegangen. Seit 1960 sind in Bayern mehr als 840.000 Hektar Felder und Wiesen verschwunden. Das entspricht der gesamten Acker- und Wiesenfläche von Schwaben und Unterfranken zusammen. Wo Häuser, Gewerbegebiete und Straßen entstanden sind, können keine Lebensmittel mehr angebaut werden.

„Doch nicht nur die Bauern leiden unter dem Entzug von landwirtschaftlichen Flächen, auch für viele Pflanzen, Insekten, Bienen und Wildtiere geht so wertvoller Lebensraum verloren“ sagt BBV-Kreisobmann Robert Ort. „Auf diesen Flächen können keine Lebensmittel mehr angebaut werden und auch als Lebensraum für viele Pflanzen, Insekten, Bienen und Wildtiere sind sie verloren“, meint Ort.

Der Bauernverband setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen ein. Bereits im Jahr 2011 veranlasste der kontinuierliche Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen den BBV zum Start einer Unterschriftenaktion „Flächenverbrauch senken und landwirtschaftliche Nutzflächen schützen“. Diese mündete in einer bundesweiten Aktion des Deutschen Bauernverbandes mit dem Ziel, eine Petition beim Deutschen Bundestag zu erreichen. Im Februar 2012 waren für die Petition an den Deutschen Bundestag in Bayern ca. 70.000 Unterschriften und bundesweit über 210.000 Unterschriften zusammengekommen. Die Petition umfasste zugleich einen konkreten Vorschlag für eine Gesetzesinitiative, mit der die landwirtschaftlichen Flächen vor der Versiegelung geschützt werden – ohne die Entwicklung ländlicher Räume grundsätzlich in Frage zu stellen.

Diese Aktion fand seinerzeit leider keinerlei Befürworter oder Unterstützung seitens der GRÜNEN oder anderer Naturschutzverbände. Im aktuellen Volksbegehren fehlt aus Sicht des BBV die Reduzierung des Ausgleichsflächenbedarfs für Natur- und Artenschutz. Dieser geht bislang zusätzlich und allein zu Lasten der landwirtschaftlichen Flächen.