Viel Kritik aus der Landwirtschaft am Koalitionsvertrag der Ampel
Überwiegend kritische Reaktionen aus der Landwirtschaft
Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist in der Landwirtschaft überwiegend kritisch aufgenommen worden. Wir haben die Reaktionen von Landwirten, Politikern und Verbänden zusammengefasst.
Es war kaum zu erwarten, dass ein Koalitionsvertrag, der wesentlich unter Beteiligung von SPD und Grünen entstand, in der Landwirtschaft auf breite Zustimmung stoßen würde. Die Handschrift der FDP, auf die einige Landwirte ihre Hoffnung gesetzt haben, dürfte vor allem im erfolgreichen Verhindern einer radikalen Agrarwende zu sehen sein. Dennoch: Der gestern von den Ampel-Koalitionären präsentierte Fahrplan für die Regierungsarbeit der nächsten vier Jahre ist in der Agrarbranche überwiegend kritisch aufgenommen worden.
Während der Deutsche Bauernverband (DBV) diplomatische Zurückhaltung zeigte, ließen viele Landwirte ihren Frust im Netz freien Lauf. So schreibt Jens R. auf der agrarheute-Facebookseite: „Na, dann werden die Russen und Chinesen ja demnächst etwas mehr verdienen, wenn es hier keine Landwirtschaft mehr gibt. Aber ist nicht schlimm, wir werden eh alle zugekifft sein.“
Reaktionen von Landwirtinnen und Landwirten
Holger B. hält den Koalitionsvertrag für ambitioniert, fragt sich aber, ob die, die das alles bezahlen sollen, auch mitmachen? Landwirt Jörg S. stellt auf Twitter fest, dass die Koalition in der Landwirtschaft ein „ganz schön dickes Brett bohren“ wolle.
Das Ziel, den Ökolandbau bis 2030 auf 30 Prozent auszuweiten, macht Heike M. eher Sorgen: „Hoffentlich überstehen die Ökobetriebe diesen Angebotsdruck“, schreibt die Landwirtin auf Twitter. Jochen B. meint, für 30 Prozent Ökolandbau fehlten die Arbeitskräfte und die Nachfrage. Erich W. ist der Auffassung, der Koalitionsvertrag „hätte was werden können, allerdings hätte man die Grünen vor den Koalitionsverhandlungen aus der Ampel entfernen müssen.“
Rukwied begrüßt die geplante verpflichtende Haltungskennzeichnung
Der Bauernverband weiß, dass er die nächsten vier Jahre voraussichtlich mit grün geführten Agrar- und Umweltministerien in Berlin verhandeln muss. Folglich äußerte sich DBV-Präsident Joachim Rukwied zurückhaltend. Der Koalitionsvertrag enthalte „weitere gewaltige Herausforderungen für die Landwirtschaft“, so Rukwied in einer ersten Bewertung.
Leider werde nur ein Teil der Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) aufgegriffen. Der Umbau könne aber nur gelingen, wenn er als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werde und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleistet sei.
Positiv bewertete Rukwied die Pläne zur verpflichtenden Haltungsform- und Herkunftskennzeichnung sowie die Absicht, den Umbau zu höheren Tierwohlstandards zu
Unionspolitiker sind herbe enttäuscht
Frisch in der Oppositionsrolle angekommen, nimmt der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Artur Auernhammer, die Ampel unter Feuer. Der Koalitionsvertrag der künftigen links-gelben Regierung sei agrarpolitisch „eine herbe Enttäuschung“, sagte Auernhammer. Insbesondere was den notwendigen Umbau der Nutztierhaltung angehe, scheine linksgelb kein Konzept zu haben. Er legte den Koalitionären dringend ans Herz, doch noch auf das Borchert-Konzept zurückzugreifen.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger konstatierte, der Koalitionsvertrag sei ambitionslos und enthalte keine entscheidenden Impulse für das Land. Das in dem Papier geforderte schnellere Aus für den Verbrennungsmotor und die drastische Erhöhung der zugelassenen Elektroautos stelle Bürger und Betriebe im ländlichen Raum vor gewaltige Probleme. Das gelte auch für die Bäuerinnen und Bauern durch die von der Ampel angekündigte massive Ausweitung des Ökolandbaus.
Enttäuschung über das Ignorieren der Zukunftskommission Landwirtschaft
Der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt, nannte es enttäuschend, dass die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) im Koalitionsvertrag nicht einmal erwähnt würden. Die ZKL habe Wege aufgezeigt, wie ökologische und betriebliche Ziele in der Landwirtschaft vereint werden könnten. Würde die neue Regierung die Empfehlungen einfach übergehen, wäre dies „ein schweres Versäumnis“.
Zufriedene Gesichter bei der Bioenergie und Ökoerzeugern
Große Zufriedenheit hat der Koalitionsvertrag bei den Bioenergieverbänden ausgelöst. Die Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, Sandra Rostek, begrüßte die Ankündigung der Ampelkoalition, der Bioenergie in Deutschland eine neue Zukunft zu geben. Die in Aussicht gestellte Biomassestrategie sei längst überfällig.
Die Biobranche begrüßte das Ziel, den Anteil des Ökolandbaus auf 30 Prozent auszuweiten. „Damit wagt die Ampel mehr Fortschritt“, so die Vorstandsvorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Tina Andres.
„Eine große Chance für den Tierschutz“ sieht der Deutsche Tierschutzbund in der Koalitionsvereinbarung. Verbandspräsident Thomas Schröder verwies auf den angekündigten Umbau der Tierhaltung, das Vorhaben, bestehende gesetzliche Lücken zu schließen und Lebendtiertransporte in Drittstaaten stark zu beschränken.