Von links: Elisabeth Koch (Bürgermeisterin Garmisch-Partenkirchen), Tessy Lödermann (Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes), Klaus Solleder (Kreisobmann Garmisch-Partenkirchen), Anton Speer (Landrat Garmisch-Partenkirchen), Christine Singer (Kreisbäuerin Garmisch-Partenkirchen)
Sind Herdenschutzzäune die Lösung?
Zaun als Schutz vor Wolfsrissen zur Demonstration aufgebaut
Die Ansiedelung des Wolfes stellt eine große Bedrohung für die heimische Alm- und Weidewirtschaft dar. Wie kann man der Bedrohung wirksam begegnen?
Zur gemeinsamen Diskussion vor Ort lud der BBV-Kreisverband wichtige Landkreisakteure, wie Landrat Anton Speer, Bürgermeisterin Elisabeth Koch und die Vorsitzende vom Tierschutzbund, Tessi Lödermann zum Pressegespräch "Herdenschutzzaun" ein. Anhand des extra angefertigten Demonstrationszaunes sollte auf die Veränderung der Kulturlandschaft und die damit verbundenen Auswirkungen auf die im Kreisverband Garmisch-Partenkirchen vorwiegende Alm- und Weidewirtschaft sowie die Artenvielfalt hingewiesen werden.
Plakativ wurden Wölfe in Originalgröße entlang des Zaunes aufgestellt und mit Hinweisschildern wurden die Passanten darauf hingewiesen, dass ein Schutz der Weidetiere vor dem Wolf mit Hilfe dieser Herdenschutzzäune Alm- und Weidegebiete in Bayern auf einer Gesamtlänge von ca. 122.000 km durchziehen würden. Vor Ort wurde deutlich, dass allein die Errichtung dieser Zaunanlagen einen erheblichen Aufwand bedeuten würde bzw. dass dies über weite Strecken überhaupt nicht möglich sei.
Strittig sei außerdem, ob diese Zäune den gewünschten Schutz vor dem Wolf böten oder im Gegenteil vielmehr auch eine große Gefahr für die einheimischen Wildtiere darstellten.
Bedenkliche Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland
Aktuelle Zahlen zur Wolfsentwicklung brachte der Referent für Jagd und Wildtiermanagement im BBV-Generalsekretariat Philip Bust zum Pressegespräch mit.
Bust schätzt den Bestand deutschlandweit auf etwa 1500 Exemplare in 57 Rudeln. Wenn nichts unternommen würde, könne sich die Anzahl alle drei Jahre verdoppeln. Die Öffentlichkeit solle auf die mehr als 3000 gerissenen Nutztiere im Jahr 2020 hingewiesen werden und für das Thema "Wolfsrisse" sensibilisiert werden.
Umstrittene Wirkung des Herdenschutzzaunes
Mit einem ca. 30 m langen und 1,5 m hohen Demonstrationszaun - mit Strombändern oder alternativ mit Maschendraht will der Kreisverband Garmisch-Partenkirchen veranschaulichen, wie ein von Politik und Teilen der Gesellschaft geforderter, sogenannter "Herdenschutzzaun" aussehen würde.
Die Wirksamkeit für den Herdenschutz ist sehr umstritten. Dass ein Zaun in dieser Ausführung nicht den gewünschten Schutz vor den gefürchteten Wolfsrissen darstellt, darüber sind sich Kreisbäuerin Christine Singer und Kreisobmann Klaus Solleder einig. Der Wolf sei ein intelligenter Beutegreifer, für den dieser Zaun kein unüberwindbares Hindernis wäre. "Der Schutz der Weidetiere müsse länderübergreifend gewährleistet werden", betont Christine Singer mit Blick auf das benachbarte Tirol.
Auch Tessy Lödermann, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, befürchtet, dass die Herdenschutzzäune nicht den Forderungen nach Schutz unserer Weidetiere standhalten könnten, sondern vielmehr die bayerischen Almen zerschneiden würden und dass sich heimische Wildtiere in den Zäunen verletzen oder gar umkommen könnten.
Auf die Auswirkungen aus touristischer Perspektive wies Garmisch-Partenkirchens 1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch hin. Sie betitelte ein solches großflächiges Zaungebilde gar als "Katastrophe" für die touristisch attraktive Kulturlandschaft.
Besondere Probleme sieht Kreisobmann Solleder beispielsweise in der Umzäunung der großflächigen Schafalmen zwischen Mittenwald und Ohlstadt. "Aufgrund der geologischen Beschaffenheit ist eine Umzäunung schlicht und einfach unmöglich", ist sich Klaus Solleder sicher.
Herdenschutz JA, Herdenschutzzaun NEIN
Einstimmig war bei allen Diskussionspartnern der Tenor, dass die Weidetiere geschützt werden müssten und der Weidegang und somit das Tierwohl über dem Schutz des Wolfes stehen müsse. Einstimmig fiel auch die Beurteilung der Herdenschutzzäune aus: die Errichtung und auch der Unterhalt sind sehr teuer und aufwendig, bzw. über weite Strecken gar nicht möglich, sie böten nicht den gewünschten Schutz und stellten zudem eine Verschandelung der Kulturlandschaft dar.
Weiterführende Informationen des BBV zum Thema Wolf finden Sie hier:
https://www.bayerischerbauernverband.de/wolf