Vortrag
© BBV Anna-Maria Pfeiffer
Prof. Dr. Ursula Münch (Mitte) mit der Kreisvorstandschaft des BBV

Landwirtschaft zwischen Aufbruch und Überforderung

Vortrag von Prof. Dr. Münch

11.02.2025 | "Demokratien müssen in der Lage sein, Fehler zu korrigieren und sich weiterzuentwickeln"

Kürzlich veranstaltete der Bayerische Bauernverband (BBV) Landshut einen hochkarätig besetzten Vortragsabend beim Vilserwirt in Altfraunhofen. Kreisobmann Georg Sachsenhauser und Kreisbäuerin Angelika Graf begrüßten die renommierte Politikwissenschaftlerin und Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, Prof. Dr. Ursula Münch. In ihrem Vortrag thematisierte sie die aktuellen Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft. Sie machte deutlich, dass Landwirte sich in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Druck, ökologischen Anforderungen und gesellschaftlichen Erwartungen bewegen.

Gesellschaftliche und politische Herausforderungen

Prof. Dr. Münch betonte, dass die derzeitige Politik stark von Krisen geprägt sei. Steigende Energiepreise, hohe Lebenshaltungskosten und geopolitische Unsicherheiten verunsichern viele Menschen und führen dazu, dass das Vertrauen in demokratische Institutionen schwindet, während populistische Bewegungen an Einfluss gewinnen. Besonders in Ostdeutschland, wo viele Menschen nach der Wiedervereinigung massive Umbrüche erlebt haben, sei das Misstrauen gegenüber etablierten Parteien besonders hoch. Zudem verwies sie auf das Erstarken autoritärer Tendenzen weltweit, die Demokratien vor große Herausforderungen stellen.

Ein weiteres Thema war die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung. Extremistische Gruppierungen schürten gezielt Ängste und verstärkten Misstrauen, während die Verbreitung von Desinformation ein zentrales Problem darstelle. Früher wurden Flugblätter dazu genutzt, spielen doch heute vor allem soziale Medien eine große Rolle in der Manipulation der öffentlichen Meinung. Die Wissenschaftlerin unterstrich die Bedeutung einer freien und kritischen Presse als Gegengewicht zu diesen Entwicklungen.

Die Rolle der Landwirtschaft

Ein besonderer Fokus ihres Vortrags lag auf der Landwirtschaft. Landwirte stehen vor der Herausforderung, nachhaltiger zu wirtschaften und gleichzeitig wirtschaftlich zu überleben. Prof. Dr. Münch forderte eine stärkere Anerkennung von Leistungen der Landwirtschaft und mehr politische Unterstützung. Sie plädierte für eine ausgewogene Berichterstattung in den Medien, die sowohl konventionelle als auch ökologische Landwirtschaft berücksichtigt.

Darüber hinaus hob sie die Bedeutung der Landwirtschaft als gesellschaftlichen Anker hervor. Besonders in ländlichen Regionen spiele sie eine entscheidende Rolle für soziale Strukturen und das kulturelle Erbe. Landwirtschaft sei nicht nur ein Wirtschaftszweig, sondern präge das gesellschaftliche Zusammenleben und die Identität ganzer Regionen. Sie garantiere nicht zuletzt durch das gesellschaftliche Engagement vieler landwirtschaftlicher Familien erst eine ausgewogene und gleichwertige Lebensqualität gegenüber den Städten. Gleichzeitig müsse sie sich an veränderte Marktbedingungen und Umweltauflagen anpassen, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringe.

 

Blick in die Zukunft

Abschließend sprach sich Prof. Dr. Münch für mehr Dialog und Engagement aus. Demokratie sei kein Selbstläufer, sondern erfordere aktive Mitgestaltung. Sie rief dazu auf, sich für eine nachhaltige Zukunft einzusetzen und Stadt und Land nicht gegeneinander auszuspielen. Nur durch konstruktiven Austausch zwischen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft könne eine stabile Zukunft gestaltet werden.

Besonders hob sie hervor, dass Demokratien in der Lage sein müssen, Fehler zu korrigieren und sich weiterzuentwickeln. Hierbei seien auch die Bürgerinnen und Bürger gefragt: Wer sich einbringe, stärke das demokratische System. Sie verwies auf positive Beispiele ehrenamtlichen Engagements in der Landwirtschaft und betonte die Bedeutung gemeinschaftlicher Verantwortung.

Nach dem Vortrag, der gespannt von den Zuhörern aufgenommen wurde, folgte eine ausführliche Diskussion, die Kreisobmann Georg Sachsenhauser moderierte. Prof. Dr. Münch nahm sich viel Zeit, um die Fragen des Publikums tiefgründig zu beantworten. Die Veranstaltung bot wertvolle Impulse und regte zu weiterführenden Diskussionen über die Zukunft der Landwirtschaft und die Stärkung demokratischer Strukturen an.

Am Ende des Abends bedankten sich Kreisbäuerin Angelika Graf und Kreisobmann Georg Sachsenhauser bei Prof. Dr. Münch mit einem Geschenk aus regionalen landwirtschaftlichen Produkten. Ein gemeinsames Foto mit der Kreisvorstandschaft des BBV unterstrich die Bedeutung des Austauschs zwischen Wissenschaft und Praxis.