Tierschutzauflagen und Corona setzt Schweinehalter zu
Bauernverband informiert über prekäre Lage vor Ort
Entschärfung ist nur möglich, wenn der verpflichtend vorgeschriebene Aufwand für Tierschutz beim Landwirt in Form von höheren Preisen ankommt und der Verbraucher die hohen regionalen Standards anerkennt und bezahlt, so der Bauernverband.
Martin Stamm führt schon lange einen zeitgemäßen Zuchtsauen- und Mastbetrieb in Hausen. Als gelernter Bankangestellter hat er sich bewusst für Landwirtschaft mit Tierhaltung entschieden und seinen elterlichen Betrieb modern und den Anforderungen entsprechend gebaut und immer erweitert. Heute hat er viel erreicht, hält 220 Zuchtsauen, die rund 6000 Ferkel erzeugen und rund 2000 Mastschweine auf seinen 100ha-Betrieb. Die hohen Investitionen sollten jetzt abgezahlt werden. Doch niedrige Preise durch die Corona-Pandemie und den damit stockenden Absatz sowie Vermarktungsprobleme in andere Länder machen ihm ein Strich durch die Rechnung. Genau in dieser Zeit führt die von der Bundesregierung verabschiedete Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu weiterem Umbau- und Kostendruck. In spätestens 7 Jahren muss er sein Deckzentrum (den Platz bei dem die Sauen auf den Eber treffen) für rund 75000 € erweitern. Nach spätestens 15 Jahren trifft ihn der Umbau von Abferkel- und Bewegungsbuchten, denen er 40% mehr Platz zur Verfügung stellen muss, mit rund 600000 € an Kosten. Eigentlich hat er Glück, dass eine räumliche Erweiterung an seinem Aussiedlungsstandort möglich wäre. Dennoch: Vor allem den 2. Umbauschritt wird er nicht mehr stemmen können.
Reinhard Wolz (Kreisobmann des Bauernverbandes) hält die aktuelle Vorgehensweise der Regierung so für nicht mehr machbar. Vor einer erneuten Verschärfung der Auflagen solle zuvor der Bauernverband als Berater befragt und Ämter für Landwirtschaft sowie die Wissenschaft mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt werden. Eine pauschale Festlegung eines Ministeriums ohne Fachkenntnis für Landwirtschaft führe ins Chaos. Schließlich sei es der Wunsch der Verbraucher, die gute deutsche Qualität auch weiterhin auf den Teller zu bekommen.
Während der Verbraucher an der Ladentheke stets den regulären Preis während der Corona-Krise zahlen durfte, landete ein um rund 40% eingebrochener Fleischpreis beim Landwirt. „Da haben einige richtig Geld gemacht und der Tierhalter steht mit leeren Taschen da“, äußert Wolz erbost.
Um die hohe deutsche Qualität zu erhalten, kurze Wege in der Nahrungskette zu haben und auch in dem besonders vieharmen Landkreis Main-Spessart geschlossene ökologische Kreisläufe hinzubekommen, fordert der Bauernverband die von der sogenannten Borchert-Kommission vorgeschlagene direkte Entschädigung der Tierwohlleistungen des Landwirts. Nur so lasse sich ein größerer Teil der Tierhaltung in Deutschland sichern, so der Bauernverband.
Michael Stenger macht gerade auf dem Betrieb von Stamm ein Praktikum. Der 20-Jährige würde gerne in einen so vorbildlichen Betrieb einsteigen und wünscht sich, dass Landwirte auch künftig ihre Familien ernähren können. Interesse an der Landwirtschaft hat er.