Alexander Hoffmann
© CSU/Alexander Hoffmann

Bauernverband führt einen Parteiencheck durch

Im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann (CSU)

28.07.2021 | Landwirte wollen vor den Bundestageswahlen wissen, welche Parteien Zukunftskonzepte bieten

Antworten auf unsere 5 von der Kreisvorstandschaft ausgearbeitete Fragen

1. In Deutschland sind die Lebensmittel-, Tier- und Umweltstandards am höchsten. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die eingeführten Lebensmittel auch diesen hohen Standards entsprechen? 

Wir wollen mehr Transparenz beim Lebensmitteleinkauf. Die Verbraucher sollen klar erkennen können, was in den Lebensmitteln steckt, woher sie kommen und wie sie erzeugt wurden. Unser Ziel ist eine verpflichtende europäische Haltungs- /Tierwohlkennzeichnung und auch auf EU-Ebene eine aussagekräftige, für die Verbraucher besser erkennbare Herkunftskennzeichnung für mehr Lebensmittel. Ohne Tierwohlkennzeichen wird der Umbau nicht gelingen. Die Verbraucher müssen am Produkt erkennen können, wo mehr Tierwohl angewandt wurde.

2. Regionale Landwirtschaft hat den Vorteil kürzerer Lieferketten, Wertschöpfung, Nutzung und Pflege der Natur. Mit der Bewirtschaftung der Felder / Tierhaltung müssen auch negative Auswirkungen (z. B. Methangas- oder Ammoniakemissionen) in Kauf genommen werden. Wünschen Sie sich noch eine regionale Landwirtschaft / Tierhaltung? 

Ja, auf jeden Fall! Der bäuerlich geführte Familienbetrieb und eine kleinteilig strukturierte Landwirtschaft bleiben unser Leitbild. Wir fördern Vielfalt statt Größe. Unsere Tierhaltung gehört im Hinblick auf die Qualität und Sicherheit ihrer Erzeugnisse, die Tierwohlstandards sowie die ressourcenschonende Produktion zu den besten der Welt. Wir werden ein Tierwohlstall-Förderungsgesetz erlassen, emissionsarme Modellställe entwickeln und unsere Landwirte beim Umbau der Nutztierhaltung unterstützen. Mit den Ergebnissen der „Borchert-Kommission“ wird dieser Umbau möglich. Wir werden das Finanzierungsmodell über staatliche Verträge absichern und den Landwirten Planungssicherheit gewährleisten. Es ist wichtig, dass der Staat mit jedem einzelnen investierenden Unternehmen einen Vertrag über die Förderung schließt. Die in der EU-Finanzplanung üblichen Perioden reichen hier nicht aus. 

Wir werden die Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft stärken und wollen mit einem Bestandsschutz von 15 Jahren bei neuen Stallbauinvestitionen für Verlässlichkeit und Sicherheit sorgen.

Gerade kleine Betriebe können im Gegensatz zu großen Agrarbetrieben Synergieeffekte oftmals nicht nutzen. Wir brauchen deswegen wirksame Bagatellregelungen, um kleine Betriebe nicht überdurchschnittlich zu belasten und ihnen auch weiterhin eine Zukunftsperspektive zu bieten. Mit sinnvollen Bagatellgrenzen können Betriebe wie Verwaltung gleichermaßen entlastet werden. 

Bagatellgrenzen sollten auch genutzt werden, um Möglichkeiten im Bereich der Direktvermarktung zu stärken, denn: Immer mehr Menschen legen Wert auf regionale Lebensmittel. Sie sind für viele ein Stück Heimat. Wer sich mit regionalen, saisonalen Lebensmitteln ernährt, tut nicht nur etwas für die Umwelt, sondern unterstützt auch die heimische Landwirtschaft und stärkt regionale Wirtschafts-kreisläufe. Wir wollen deshalb, dass Regionalität besser sichtbar wird. Wir werden das sogenannte Regionalfenster als Kennzeichnung weiterentwickeln und mehr Klarheit bei regionalen Lebensmitteln schaffen. Zudem wollen wir ergänzend zum Öko-Siegel ein Nachhaltigkeitssiegel für konventionelle Agrarprodukte entwickeln.

Wir als CSU wollen für regionale Lebensmittel die Mehrwertsteuer dauerhaft senken; für solche Produkte soll ein „eigener ermäßigter Mehrwertsteuersatz“ gelten. Das ist eine Forderung aus dem CSU-Bundestagswahlprogramm, das am zurückliegenden Freitag auf der Klausur des Parteivorstands am Tegernsee beschlossen wurde.

3. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa (GAP) wird ein Ausgleich zwischen dem Produktionsaufwand in Europa und den unter deutlich günstigeren Bedingungen produzierten Lebensmittel aus dem außereuropäischen Ausland geschaffen. Wie stehen Sie zu diesen Zahlungen und welche Anpassungen halten Sie für nötig? 

Ich will folgendes vorwegschicken: Wir werten es als großen Erfolg, dass wir das Volumen des Fördertopfes erhalten konnten. Aus anderen politischen Lagern gab es immer wieder die Forderung, GAP-Mittel zu streichen. Im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik soll ab 2023 ein neues System der Direktzahlungen für landwirtschaftliche Betriebsinhaber eingeführt werden. Höherer Einsatz für Klimaschutz und Biodiversität werden entlohnt. Kleinere Betriebe erhalten zudem eine höhere Förderung. Die Umweltleistungen werden verpflichtend für alle EU-Mitgliedsstaaten. Die Landwirte bekommen einen Ausgleich für das, was sie mehr leisten müssen als ihre Mitbewerber aus Drittstaaten. 

Uns ist wichtig, dass die GAP einkommenswirksam bleibt. Die neuen Eco-Schemes werden für die Landwirte attraktiv ausgestaltet. Darüber hinaus werden kleinere und mittlere Familienbetriebe gestärkt: Die Umverteilungsprämien-Obergrenze steigt von 7 auf 12 % an. Damit fördern wir kleine und mittlere Betriebe mit höheren Direktzahlungen für die ersten 60 Hektar. Ferner erhalten Jung-Landwirte bis 40 Jahre eine erweiterte Förderung von 2 % der Direktzahlungsmittel. Wir machen Klimaschutz mit unseren Bauern, nicht gegen sie! 

4. Im Laufe der Zeit ist viel Wissen um die Landwirtschaft verloren gegangen. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass zeitgemäßes Wissen auch in Städten vermittelt werden kann? 

Für uns gehört Landwirtschaft unverzichtbar zu unserem Land und in die Mitte der Gesellschaft. Wir wenden uns strikt gegen ungerechtfertigte Feindseligkeit, pauschale Verurteilungen und Mobbing von Landwirten und deren Kindern. Wir setzen daher auf realistische Darstellungen und Aufklärung über die Leistungen der Landwirtschaft schon in der Schule sowie den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, und zwar nicht nur während der Grünen Woche! 

Deshalb eröffnet in dieser Woche ein neues Informationszentrum Mitten in Berlin-Mitte (Friedrichstraße 130c), nämlich der „Checkpoint Ernährung“. Die Ausstellungsräume stehen ab 27. Juli allen Interessierten offen. Der „Checkpoint Ernährung“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) initiiert. Er soll unser Schaufenster für Ernährungswissen sein für alle Besucher - vom Kita-Kind bis zum Rentner. Er informiert anschaulich und unterhaltsam, wie ein genussvoller, gesundheitsförderlicher und nachhaltiger Ernährungsstil im Lebensalltag umsetzbar ist. Interaktive Exponate laden ein zu einer Entdeckungstour rund um das Thema Ernährung - durch Einkaufskörbe, Kochtöpfe und Lieblingsspeisen. Im Fokus der Dauerausstellung stehen dabei Fragen wie: Wie isst Deutschland im Jahr 2021? Wie geht gesund genießen? Wann ist ein Einkauf ausgewogen und nachhaltig - für Mensch und Klima? Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus?

5. Wie sieht die Landwirtschaft der Zukunft für Ihre Partei aus? Welche Auswirkungen hat dies auf den ländlichen Raum?

Eine starke und nachhaltige Landwirtschaft ist für uns unverzichtbar. Unsere Landwirte sichern nicht nur unsere Ernährung, sondern gestalten – wie es der Name ja bereits sagt – auch unsere Kulturlandschaft. Wir stehen an der Seite unserer Bäuerinnen und Bauern. Unsere Landwirtschaft verdient mehr Wertschätzung und braucht mehr Wertschöpfung. 

Wir erhöhen die Jung-Landwirte-Prämie und wollen die Vielfalt der Landwirtschaft als Berufsfeld in einem Ideenwettbewerb sichtbar machen. Dazu gehören verschiedene Formen des Landbaus, über Landtourismus, die Erzeugung und Vermarktung regionaler Spezialitäten bis hin zu neuen Herstellungsverfahren wie Insektenfarming.

Wir werden die Entwicklung angepasster Anbaumethoden im Rahmen der Ackerbaustrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, ressourcenschonende Bewässerungstechnologien und ein verbessertes Wassermanagement fördern. Denn die Klimaveränderungen gerade auch in unserer Region machen deutlich: Der Umgang mit Wasser muss ein anderer werden. Wir müssen Wasser länger in den Böden halten. Das schützt vor der nächsten Trockenheit und reduziert die Auswirkungen von Starkregenereignissen. Wir wollen dazu ein nationales Entsiegelungsprogramm von Flächen, um Böden wieder aufnahmefähiger zu machen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass unseren Landwirten, Winzern und Gärtnern ausreichend Wasser zur Bewirtschaftung zur Verfügung steht, um gezielt und effizient zu bewässern.