Wildschadensschätzer aus Oberfranken trafen sich zum Praxistag im Landkreis Kulmbach
Um in den Austausch zu kommen und in Übung zu bleiben trafen sich die aktiven Wildschadensschätzer sowie die potentiellen Anwärter für dieses Amt in Oberfranken zu einer Praxisschulung.
Torsten Gunselmann, Entschädigungsreferent an der Hauptgeschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Bamberg, der federführend für die Weiterbildung und Schulung der ehrenamtlichen Schätzer bezirksweit zuständig ist, lädt regelmäßig dazu ein. Diesmal verschlug es die Gruppe auf eine von Wildschweinen heimgesuchten Grünlandfläche in der Gemarkung Trebgast im Landkreis Kulmbach.
Zunächst gab es für die Teilnehmer Hinweise zur kürzlich neu erschienen Schätzungsrichtlinie, die jährlich vom BBV in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaft überarbeitet wird. In der neusten Fassung wurde das Zahlenwerk auf die Daten aus den Wirtschaftsjahren 2021/22 bis 2023/24 angepasst. Neu ist ab der diesjährigen Ausgabe auch die Umstellung aller Kosten und Preise auf Netto-Beträge. So können ermittelte Werte besser verglichen und im Bedarfsfall mit dem jeweiligen gültigen Umsatzsteuersatz versehen werden. Zudem wurde eine Tabelle zur Umrechnung von Rauminhalten in Gewichten bei landwirtschaftlichen Marktfrüchten und Futtermitteln zur besseren Abschätzung von Lagerbeständen eingefügt.
Anschließend ging es versorgt mit Klemmbrettern, Stiften, Maßbändern und Blanko-Schätzprotokoll-Formularen auf die geschädigte Fläche, deren Wildschaden die erfahrenen Schätzer zusammen mit den „Jung-Schätzern“ zu bewerten hatten. Neben dem entgangenen Ertrag für den 1. Schnitt wurden auch die Kosten für die Einebnung und Neuansaat der betroffenen Fläche ermittelt. Ebenso musste die Frage nach den Folgeschäden für die darauffolgenden Schnitte von den Teilnehmern fachgerecht und objektiv eingeschätzt werden.
Rainer Lauterbach, der Bewirtschafter der Fläche, der gleichzeitig auch seit vielen Jahren das Schätzeramt ausübt, war genauso vor Ort wie auch Herbert Winterling, ein Mitjäger aus dem betroffenen Revier. Die beiden bestätigten unabhängig voneinander die gute Zusammenarbeit und das gute Miteinander in der örtlichen Jagdgenossenschaft und, dass auch bei einer vorbildlichen Hege derartige Wildschäden an Waldrändern nicht ganz zu vermeiden sind. Entscheidend ist dabei, dass sich beide Seiten in die Lage des jeweiligen Gegenübers hineinversetzen können. Nur so kann auch eine gütliche Einigung zwischen dem Wildschadenersatzpflichtigen und dem betroffenen Landwirt herbeigeführt werden. „Um die Kosten für den Schadensersatz so gering wie möglich zu halten, setze ich mich auch mal selbst auf den Traktor und walze die Fläche nach der Neuansaat ab“, gab Mitjäger Herbert Winterling ohne Umschweife zu.
In dem vorliegenden Fall kamen die Schätzer im Endergebnis auf eine Schadenshöhe im oberen dreistelligen Bereich. Landwirt Rainer Lauterbach versicherte aber, dass er diesen Betrag im vollen Umfang nicht von seinem Jagdpächter verlangen würde. „Mit vereinten Kräften und mit einer entsprechenden Arbeitsteilung wird dieser Schaden zu einem Bruchteil der ermittelten Gesamtkosten behoben“, so Lauterbach.
Auch wenn eine Einigung bezüglich des Schadensersatzes gütlich und einvernehmlich erfolgt, muss ein auftretender Wildschaden stets zeitnah und schriftlich vom betroffenen Landwirt bei der Gemeinde gemeldet werden. Von einer Meldung per Mail oder Fax rät der BBV dringend ab! Gerade wenn es im Nachgang zu einer juristischen Auseinandersetzung zwischen Geschädigten und Entschädigungspflichtigen kommen sollte, hat diese Meldung vor Gericht nur per Schriftform seine Gültigkeit. Sollte es zu keiner gütlichen Einigung kommen, ist ein nachfolgendes Schätzprotokoll eines von der unteren Jagdbehörde zugelassenen Wildschadensschätzers mit einer Skizze der geschädigten Fläche zum Zeitpunkt des Schadenseintritts unentbehrlich. „Auch wenn im hessischen Raum aufgrund der stark gestiegenen Fallzahlen an Afrikanischer Schweinpest mehr als 1000 Wildschweine in den letzten Monaten verendet sind, sorgen die milden Winter und die Mastjahre samentragender Baumarten der letzten Jahre in unserer Region für steigende Populationen“, befürchtet Gunselmann.
Das Schätzerwesen ist eine wichtige Aufgabe und muss unabhängig und unbefangen erfolgen. Dafür stehen in Oberfranken rund 40 BBV-Schätzer, über neun Landkreise verteilt, zur Verfügung. BBV-Mitarbeiter Torsten Gunselmann, der unter anderem für deren Schulung und Weiterbildung zuständig ist, legt großen Wert auf dem Austausch und den regelmäßigen Kontakt zwischen den oberfränkischen Schätzern. Deshalb gab es am Ende der Veranstaltung auch Getränke sowie herzhafte und süße Gebäckstücke, um den Leib aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Austausch untereinander zu stärken. Nur so kann der hohe fachliche Wissenstand der landwirtschaftlichen Schätzer sichergestellt und die langjährige praktische Erfahrung der alteingesessenen Schätzer an die neuen Kollegen weitergeben werden. Berufskollegen und aktive Landwirte, die Interesse an der Ausübung des Schätzeramtes verspüren, können sich gerne bei ihrer BBV-Geschäftsstelle melden.

