Unsere Kreisbäuerin am Horn von Afrika
Renate Stöckl reiste zusammen mit anderen Landfrauen nach Afrika und engagierte sich zehn Tage lang als Entwicklungshelferin.
Internationale Zusammenarbeit: Da denkt man an Konferenzräume, Konzeptblätter oder politisches Händeschütteln. Doch so sah die Reise für die Passauer Kreisbäuerin Renate Stöckl und ihre mitgereisten Kolleginnen, die niederbayerische Bezirksbäuerin Irene Waas, die Kreisbäuerin Marion Warmuth aus Lichtenfels, die Ortsbäuerin Beate Schmidt aus dem Nürnberger Land und die Projektleiterin Angelika Eberl nicht aus. Sie suchten den praktischen Erfahrungsaustausch mit kenianischen Bäuerinnen und waren so mitten im Geschehen.
Seit Mai 2017 führt die „BBV-Landfrauen Internationale Zusammenarbeit GmbH“ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung ein Projekt mit und für Bäuerinnen in Westkenia durch. Ziel ist es, die afrikanischen Frauen in ihrem politischen Engagement und ihrer wirtschaftlichen Eigenständigkeit zu stärken, vor allem in der Milchviehhaltung und im Süßkartoffelanbau. Die Umsetzung dieser Ziele findet durch persönlichen Erfahrungsaustausch vor Ort und praktischen Übungen mit den Landwirtinnen statt. Inzwischen sind Landfrauen des bayerischen Bauernverbandes schon das dritte Mal in Afrika gewesen und bei jeder Reise fiel die Zusammenarbeit mit den Frauen vor Ort leichter. „Wir haben hochmotivierte Partnerinnen kennengelernt“, schwärmt Renate Stöckl. Daphne Muchai etwa, die letztes Jahr einen eigenen kenianischen Landfrauenverband gegründet hat, die Woman Farmers Association of Kenya (WoFaAK). Die WoFaAK soll die Landfrauen in Kenia miteinander verbinden und sie stärken, ihre Rechte als Frauen besser durchzusetzen.
Wir ernähren die Welt
Mit 62 kenianischen Mitgliedern dieser neuen Landfrauenvereinigung verbrachte die Delegation einen gemeinsamen Tag. Mit dem Wahlspruch „Wamama Wakulima Lisha Ulimwengu! – Wir sind Bäuerinnen, wir ernähren die Welt!“ wurden die Damen herzlich begrüßt. Dieser Spruch zeigt, dass den afrikanischen Frauen ihre bedeutende Rolle auf dem Land mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist: Die Frauen in Kenia arbeiten auf den Feldern, kümmern sich um das Milchvieh und versorgen so nachhaltig ihre Familien. Es ist wichtig, dass die Bäuerinnen sich über ihre zentrale Rolle bewusst sind. „Bei dem Treffen berichteten wir über unsere Erfahrungen mit dem Aufbau solcher Zusammenschlüsse und gaben Tipps - was funktioniert gut bei uns und wie machen wir in Bayern Lobby-Arbeit“, so die Kreisbäuerin. Die Landfrauen nutzten die Zusammenkunft um sich auch mit Dr. Mailutha, dem Geschäftsführer des kenianischen Bauernverbandes in der Zentrale am Stadtrand von Nairobi zu treffen. Die WoFaAK soll dabei eine Plattform für die konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem kenianischen Bauernverband und dem kenianischen Landfrauenverband schaffen. „Nur gemeinsam kann man etwas erreichen. Das gilt in Deutschland genauso wie in Afrika“, betonte Renate Stöckl.
Hilfe bei Milchviehhaltung
Wichtiges Ziel des Projekts ist, die kenianischen Frauen in ihrer wirtschaftlichen Eigenständigkeit zu stärken, vor allem in der Milchviehhaltung und dieses Mal bei der Anleitung zur Kälberaufzucht. Die bayerischen Landfrauen erzählen dabei von ihrer Erfahrung aus der Praxis, wie verhindern sie es, dass die Kälber Durchfall bekommen oder wie schaffen sie es möglichst wirtschaftlich ein Kalb pro Kuh und Jahr zu bekommen. In Kenia bewirtschaftet ein Kleinbauer im Durchschnitt 1,2 Hektar Land und hat zwei bis drei Kühe. Noch heute gelten sie als Geldanlage, wobei mehr auf die Anzahl als auf die Milchleistung geachtet wird. Durch Züchtung mit europäischen Rassen will man zwar die Leistung verbessern, aber Theorie und Praxis klaffen noch weit auseinander. „Es gibt noch viel zu tun, aber der Weg ist der richtige und die Menschen sind dankbar für die Unterstützung und bemühen sich nach Kräften das Gelernte umzusetzen“, freut sich Stöckl. Die kenianischen Bäuerinnen berichteten den Damen stolz, dass seit dem letzten Besuch der Landfrauen kein Kalb mehr verstorben ist. Dies liegt nicht zuletzt an der Aufklärungsarbeiten, die die BBV-Damen in Sachen Kolostralmilch geleistet haben.
Austausch in Sachen gesunder Ernährung
Das Projekt wird ergänzt durch die Förderung einer gesunden und ausgewogenen Ernährung der Bauernfamilien. Die Frauen werden über die lokal verfügbaren Gemüse, Obst und (Wild)kräuter geschult, wie man sie anbaut, erntet, verarbeitet. Höhepunkt dieser Schulungen war das gemeinsame Kochen in Gruppen. „Die Umstände, unter denen die Frauen hier kochen sind schon anders als bei uns. Meine Aufgabe war es, mit den Frauen Säfte zuzubereiten, eine andere Gruppe bereitete traditionelles afrikanisches Essen zu“, so Stöckl. In dieser lockeren Atmosphäre war auch Platz für Spaß: Alle bayerischen Landfrauen bekamen kenianische Namen. Die afrikanischen Frauen jubelten laut als sich Renate Stöckl als Nelima, also „die während des Pflügens Geborene“ vorstellte. Marion Warmuth, erhielt besonderen Applaus mit Ihrem Namen Namalwa „die während des Biertrinkens Geborene“, als sie auf die lange Tradition des Bierbrauens in Franken einging. Irene Waas suchte sich den Namen Nekesa „die während der Ernte Geborene“ aus. Beate Schmidt entschied sich für Naliaka, „die während des Unkrautjätens im Maisfeld Geborene“. Diese Namensbedeutungen zeigten einmal mehr, wie wichtig der Jahresrhythmus der Landwirtschaft im Leben der kenianischen Bauernfamilien ist.
Das Fazit von Renate Stöckl
Das Fazit von Renate Stöckl: „Diese Art der Entwicklungshilfe ist eine Bereicherung für die afrikanischen Landfrauen. Es ist für sie ein Schubs in die richtige Richtung - eben eine Hilfe zur Selbsthilfe. Dieses Projekt ist etwas hinter dem ich gerne stehe. Wir stärken die afrikanischen Frauen und geben Ihnen ein Stückchen Selbstvertrauen, denn die Arbeit, die die Frauen leisten, ist bemerkenswert.“