Bundestagsabgeordnete
© BBV Josef Wittmann

Bundestagskandidaten stellen sich zur Diskussion

Wie sich Bundestagskandidierende die Landwirtschaftliche Zukunft vorstellen

06.09.2021 | Am Montag, den 30.09.2021 wurde bei einer Podiumsdiskussion mit Kandidaten zur Bundestagswahl im großen Sitzungssaal des Grünen Zentrums in Regensburg diskutiert.

„Der Einkauf von heute entscheidet über das Essen von morgen“. Mit dieser Aussage startete der Moderator Sepp Kellerer, Chefredakteur des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts, die Podiumsdiskussion mit Kandidaten der Bundestagswahl. Der BBV-Kreisverband Regensburg und die Bayerische Jungbauernschaft Oberpfalz hatten dazu die Themenbereiche Klimawandel, Biodiversität, Tierwohl und die Stellung des Landwirts als Unternehmer ausgewählt und Fragen formuliert. Diese wurden von BBV-Kreisobmann Johann Mayer, BJB-Bezirksvorsitzenden Sebastian Baierl und stv. Landessprecherin Julia Giehrl an die Kandidaten gerichtet.

Hinsichtlich der Honorierung der CO2-Bindung durch die Land- und Forstwirtschaft waren sich die Kandidaten einig, dass diese Leistung bzw. Funktion honoriert werden müsse. MdB Peter Aumer plädierte hierzu, den Holzbau stärker zu fördern. Die Abfederung von Witterungsunbilden durch Versicherungslösungen mit staatlicher Unterstützung bezeichnete MdB Stefan Schmidt als notwendig und hilfreich. Nicole Bauer von der FDP stellt diesbezüglich auf Eigenvorsorge und die Bildung von Risikorücklagen ab. Dr. Carolin Wagner (SPD) sprach sich für eine Prüfung aus, was Versicherungslösungen leisten können. Zuerst müssten aber die Ursachen bekämpft werden, stellte sie fest. Auf die Frage „Wie sehen sie zukünftig die Rolle der heimischen Landwirtschaft bei der Energiewende“, antwortete Stefan Schmidt mit einem Hinweis auf ein erhebliches Potential in der Landwirtschaft. Dr. Carolin Wagner sprach vom Landwirt als Ökodienstleister und Peter Aumer von der Sicherstellung der Energieversorgung in der Region mit Hilfe der Landwirte.

Beim Themenblock „Biodiversität“ stand die Frage „Schützen durch Nützen -  oder Schützen durch Stilllegung?“ im Vordergrund. Peter Aumer gab dazu bekannt: „Stilllegung ist nicht unsere Antwort“. Stefan Schmidt führte dazu aus, dass Nützen funktioniert. Es sei aber eine Gradwanderung. Man müsse vom hohen Dünger- und Pestizideinsatz herunterkommen. „Stilllegung ist ein Symbol der Vergangenheit und Zeichen einer gescheiterten EU-Politik“, betonte er. SPD-Kandidatin Wagner sieht in der Ausrichtung der Strukturen in der Weise, dass diese allen nützt, die Lösung. Nicole Bauer kritisierte, dass oft beste Böden stillgelegt werden und verwies auf den Vorbildcharakter des f.r.a.n.z-Projekts.

Bei der Frage, ob mehr auf eine Ökologisierung des konventionellen Landbaus oder auf eine verstärkte Umstellung von Betrieben zum Öko-Landbau gesetzt wird, stellte Nicole Bauer klar, dass sie von Quotierungen nichts halte und Vorgaben dazu den Eindruck einer Zwangsökologisierung erwecken würden. Die CSU, so Peter Aumer, stehe eher für Anreize und den Einsatz neuer Technologien. Stefan Schmidt dagegen hielt beide Ansätze für wichtig. Eine Zwangsökologisierung gebe es nicht. Der Ökolandbau werde weiterhin den kleineren Teil darstellen, aber aus der Nische herauskommen.

Die Problematik Wolf, Fischotter, Biber wurde kontrovers diskutiert. Dies treffe auch auf Debatten zum Thema Wolf im Bundestag zu. Emotionalere Debatten gebe es nicht, eröffnete Peter Aumer. Existenzen dürfen nicht auf dem Spiel stehen. Nicole Bauer erwiderte, dass Deutschland ein Wildtiermanagement brauche. Der Wolf habe im Übrigen in dichtbesiedelten Gebieten nichts zu suchen. Ein Management bedeute auch, Entnahmen durchzuführen. Dazu gehöre der Wolf ins Jagdrecht ohne jegliche Entschädigungspflicht durch die Jäger. Für den Schadensausgleich sei eine Fondslösung erforderlich. Stefan Schmidt bezeichnete dies ebenfalls als ein Reizthema. Er sehe aber keine großen Schäden durch den Wolf in der Oberpfalz. Kreisbäuerin Rita Blümel entgegnete, dass es auch den Fischotter gebe und dieser existenzgefährdend für Teichwirte sei. Die Schäden von Biber, Kormoran und Co. kämen noch dazu. Sie regte an, sich an einen betroffenen Teichwirt zu wenden. Angesichts der Nachweispflichten und Beweissicherung sowie der bürokratischen Hemmnisse in der Praxis verwies Schmidt auf die Verwaltung, da die Umsetzung nur zum Teil Aufgabe der Politik seien.

Den Block Tierhaltung/Tierwohl eröffnete Sebastian Baierl mit dem Hinweis, dass sich die heimische Nutztierhaltung deutlich auf dem Rückzug befinde. Stefan Schmidt stellte dazu klar, dass die Tierhaltung zur Landwirtschaft gehöre. Der Fleischkonsum müsse jedoch etwas gedrosselt werden. Die Schaffung von gleichwertigen Wettbewerbsbedingungen sei notwendig, insbesondere auf EU-Ebene. Der Verbraucher mache deutlich, wie wichtig ihm das Tierwohl ist, ergänzte Carolin Wagner. Trotzdem greife dieser auf billiges Fleisch zurück. Die Futtermittelimporte zu Lasten des Regenwaldes bezeichnete sie als problematisch. Nicole Bauer sprach sich ebenfalls für eine Harmonisierung der Tierwohlstandards in der EU aus. Die Einhaltung der Vorgaben sollte aber auch für Importe gelten. Der Einführung eines nationalen Tierwohllabels erteilte sie eine Absage. Für Peter Aumer stehen verlässliche Antworten und Planungssicherheit für die Landwirte an oberster Stelle. Die Schaffung eines Preisvorteils für regionale Produkte zur Aufrechterhaltung der heimischen Tierhaltung sei angesichts der internationalen Märkte unabdingbar. Laut Nicole Bauer will die FDP nicht in die Viehhaltung eingreifen. Maßgeblich sei eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Die Notwendigkeit zum Umbruch von Grünland zur Erhaltung des Ackerstatus sei ein bürokratischer Unsinn der EU. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass sich mehr Tierwohl auch im Preis niederschlagen müsse. Für Stefan Schmidt ist in diesem Zusammenhang eine stärkere Form der Kennzeichnung notwendig. Nicole Bauer lehnte die Vorschläge der Borchert-Kommission ab. Das Geld müsse bei den Landwirten ankommen, hob sie hervor. Die Bezahlung des Ganzen ist laut Peter Aumer die Frage. „Wir sind ein verlässlicher Partner, wenn es um die Finanzierung der Mehrkosten geht“, hob er hervor. Die Preisfindung sei jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht die alleinige Aufgabe der Politik. Nicole Bauer plädierte nochmals für eine Überprüfung und Abschaffung der überbordenden Bürokratie. Die Bildung sei der Schlüssel, dass der Nahrungsmittelerzeugung mehr Wertschätzung beigemessen werde. Carolin Wagner gab zu bedenken, dass es auch Leute gebe, die sich teurere Lebensmittel nicht leisten könnten. Notwendig seien höhere Löhne und eine Sensibilisierungsstrategie hinsichtlich des Verbrauchs von Lebensmitteln.

Der letzte Fragenblock setzte sich mit der Stellung des Landwirts als Unternehmer auseinander. Dazu wurde auf die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hingewiesen. Die Ergebnisse der ZKL und die erhebliche Arbeit und Mühe, die dahintersteht, fließen in die Gesetze ein, erklärte Peter Aumer. Carolin Wagner bezeichnete die Arbeit der ZKL als ein Beispiel für eine mitnehmende Politik. Mit Freiwilligkeit alleine werden wir es aber nicht schaffen, ergänzte sie. Nicole Bauer sprach sich für einen strikten Eigentumsschutz aus. Sie sieht den Landwirt auch zukünftig als Unternehmer. Für Peter Aumer gehören Eigentum und Unternehmer zusammen. Er sprach sich gegen die Einführung einer Vermögensabgabe aus. Das System des Wachsens oder Weichens müsse überwunden werden, stellte Stefan Schmidt heraus. Die Anzahl der Betriebe sei möglichst hochzuhalten.

Zum Flächenverbrauch merkte Nicole Bauer an, dass dieser deutlich reduziert werden müsse. Flächen in Gunstregionen seien in erster Linie für die Erzeugung von Nahrungsmitteln zu nutzen. Große Gewerbegebiete, die zudem nicht in Gänze genutzt werden, sind für Stefan Schmidt ein Dorn im Auge. Gleichwohl müssen Eingriffe in die Umwelt ausgeglichen werden. Carolin Wagner sprach sich bezüglich der Inanspruchnahme von Flächen für intelligente Konzepte und eine Ausgewogenheit aus.

In der Schlussrunde kamen noch weitere Fragen aus dem Publikum, unter anderem zu den geplanten Flutpoldern und zur Beregnung von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass es auch produktionsintegrierte Maßnahmen (PIK) gibt, um Eingriffe in die Natur auszugleichen.

Stv. Kreisobmann Thomas Scheuerer bedankte sich bei den Podiumsteilnehmern für ihre Antworten und ihre Ausdauer, ebenso beim Publikum für das Interesse und die Disziplin.

Die Podiumsdiskussion wurde aufgezeichnet und kann über die nachfolgenden Links zu den verschiedenen Teilen nachvollzogen werden.  

Teil 1 - https://www.youtube.com/watch?v=_UfkOjzCli0

Teil 2 - https://www.youtube.com/watch?v=Y_PyzeudWf8

Teil 3 - https://www.youtube.com/watch?v=PPdi0P0o0H0