Herdenschutzzäune
Zäune zur Demonstration am Sudelfeld aufgebaut
Dazu haben Kreisobmann Josef Bodmaier, BBV-Geschäftsführer Josef Steingraber und Kreisbäuerin Katharina Kern auf deren Alm von über eine Länge von ca. 50 m zwei verschiedene Zäune aufgebaut, die beide den Anforderungen an elektrische Einzäunungen bei Anwesenheit von großen Beutegreifern wie dem Wolf entsprechen. Dabei ist auf der einen Seite eines Weges ein Maschendrahtzaun, der zusätzlich in 20 cm und in 1,60 m Höhe elektrische Leitern hat, aufgestellt und gegenüber ein stromführender Festzaun mit 5 Elektro-Litzen. Eines fällt gleich auf: die Zäune sind landschaftsprägend.
Was machen die Zäune mit der Kulturlandschaft?
Kreisbäuerin Katharina Kern, die die Schweinsteiger Alm in Oberaudorf betreibt und in den Monaten Mai bis Oktober mit etwa 100 Stück Vieh auf dem Berg ist, führte aus: „Allein für den Herdenschutz meines Viehbestandes ist ein Zaun von 8 km notwendig, was natürlich auch die Natur deutlich eingrenzt. Grundsätzlich ist die Alm aber nicht zu schützen, weil ein durchgehender Zaun auf dem Gelände nicht angebracht werden kann, da der Boden oft zu steinig ist. Der Bau ist aufwendig, Strom muss zur Verfügung gestellt werden und die Zäune müssen gepflegt werden, was viel Arbeit mit sich bringt. Zudem kreuzen hier viele Wanderwege, die mit den Zäunen dann nicht mehr begehbar sind.“. Die Kosten für die Anschaffung des Zaunes in Höhe von ca. 70.000 Euro werden übernommen. In ganz Bayern ist ein Bedarf von 57.000 km Zaun berechnet worden, für den letztlich der Steuerzahler aufkommt.
Nicht absehbar ist im Moment, wie viele der Tierhalter die Maßnahmen zum Herdenschutz überhaupt mittragen werden im Hinblick auf die damit einhergehende Arbeitsbelastung. Durch die Viehhaltung auf den Almen und Weiden werden die Kulturlandschaften in der Region gepflegt. Wenn das nun wegfällt, dann bietet sich auch den Touristen ein komplett anderes Bild von den Bergen ebenso wie für die Freizeitsportler wie Wanderer und Mountainbiker.
Auswirkungen der Herdenschutzmaßnahmen
Kreisobmann Josef Bodmaier wies darauf hin, dass die Demonstration der Zäune auf diesem kurzen Teilabschnitt die Touristen für die Auswirkungen auf die Landschaft sensibilisieren soll. „Brachliegende Almen verändern die Landschaft und die Berge. Es dauert nur wenige Jahre, bis hier wieder Wald wächst und ohne die Almwirtschaft verschwinden wertvolle Pflanzen- und Tierarten, die es nur hier gibt. Aber auch im Flachland müssen bei einer weiter wachsenden Wolfspopulation Zäune angebracht werden. Sind die hohen Kosten dafür dem Steuerzahler vermittelbar?“, fragt sich der Rosenheimer Kreisobmann.
Almbäuerin Kern bemerkte dazu: „Der Wolf vermehrt sich ja auch trotz Zäunen weiter. Die Menschen und die Nutztiere werden weiter eingeschränkt. Mit den Zäunen löst sich das Problem des Wolfes nicht.“ In Einzelfällen halten die Bauern den Zaun für eine gute Lösung, aber bei steigenden Wolfspopulationen kommen immer mehr Beutetiere dazu. Die Wolfspopulation verdoppelt sich bei weiterem unbeschränktem Wachstum alle drei Jahre.
Der Herdenschutzzaun als Barriere nicht nur für den Wolf
Der Wolf kommt den menschlichen Behausungen in den letzten Jahren immer näher. Seine Scheu sinkt und damit steigt die Gefahr von Übergriffen auf Menschen und ihre Haustiere wie Hunde. „Was ist, wenn Wanderer am Zaun entlanggehen und der Wolf kommt ihnen entgegen?“, fragte sich Katharina Kern, denn der Zaun ist sowohl für Menschen wie auch für Tiere eine Barriere. Bezirksbäuerin Christine Singer warf ein, dass abgewogen werden sollte, ob wirklich so viele Zäune errichtet werden sollen oder ob man nicht für die Eindämmung des Wolfes plädieren sollte, damit die Weidetiere laufen können. Bayern kann noch eingreifen, weil sich bisher noch kein Wolf auf einen Standort festgelegt hat. Damit können sich das Freizeitverhalten und der Umgang mit dem Wolf noch aufeinander einstellen.
Für Jäger stellen die Wolfszäune ein Problem dar, denn der Wildwechsel kann nicht stattfinden. Für viele Wildtiere ist der Zaun ein unüberwindbares Hindernis. Ferner wird das Wild im Winter durch den Wolf aufgeschreckt und verlässt sein angestammtes Revier. Dazu kommt es dann in den Wäldern zu Schäden wie z.B. Wildverbiss.
Biber konnte sich viele Jahre ausbreiten - nun sind die massiven Schäden deutlich sichtbar
Maria Bichler, stellvertretende Kreisbäuerin in Rosenheim, machte darauf aufmerksam, dass der Bayerische Bauernverband in Rosenheim mit der Demonstration der Zäune in der Landschaft einen Blick auf die Möglichkeiten gibt. „Gerade in der Pandemie sind viele Familien in der Natur unterwegs – die sollten geschützt werden und da wirken die Zäune eher einschränkend. Verhältnisse wie sie beispielsweise in Ländern wie Rumänien vorkommen, in den niemand mehr frei in die Natur gehen kann, weil immer die Gefahr eines Wolfsangriffs besteht, die wollen wir hier nicht.“. Klaus Gschwendtner, stellvertretender Kreisobmann in Rosenheim zeigte auf, dass die Tierhalter nach den Cross Compliance Richtlinien gehalten sind, ihre Tiere vor großen Beutetieren zu schützen. Gleichzeitig sollen die Tiere in offenen Ställen und nach Möglichkeit auf der Weide gehalten werden, wenn es nach den Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels und der Verbraucher geht. Wenn nun ein Nutztier vom Wolf angegriffen wird, kann der Bauer belangt werden. Philip Bust, Referent für Jagd beim BBV, fügte hinzu „Die gesamtgesellschaftlich gewollte Tierhaltung ist nicht mit der Koexistenz des Wolfes vereinbar“.
Ralf Huber, Bezirkspräsident von Oberbayern, fordert: „Die Population des Wolfes muss so gesteuert werden, dass Landwirtschaft und Freizeittourismus weiter möglich sind. Mit den Zäunen wurde das nicht zu Ende gedacht.“
Wölfe in der Region - geht das?
Jurist Philip Bust ergänzte, dass Entnahmen des Wolfes erst möglich sind, wenn ein Wolf ein sogenannter Problemwolf geworden ist. Ein Problemwolf wird das Beutetier nach einem Rissgeschehen, d.h., wenn schon ein Nutztier getötet wurde. Erst dann kann auf Antrag eingegriffen werden.
Kreisobmann Bodmaier forderte: „Bei der EU sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Vorgaben für den Schutz des Wolfes gesenkt werden und die Population eingegrenzt werden kann“. Das dürfte angesichts der Beliebtheit des Wolfes in der Gesellschaft schwierig werden.