Heimische Landwirtschaft und Agrarpolitik
Gespräch mit FDP-Abgeordneten
Aktuelle agrarpolitische Themen standen beim Austausch der BBV-Kreisvorstandschaft Schwandorf mit MdB Nicole Bauer, MdL Christoph Skutella sowie Ines Tegtmeier als Kandidatin der FDP für die Bundestagswahl auf dem Programm. Zuvor beschrieb Kreisobmann Josef Irlbacher die Situation in den bäuerlichen Familienbetrieben. „Viele Landwirte sind an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angelangt und wollen nicht mehr betrieblich wachsen, kleinere Betriebe brechen zunehmend weg“, sagt er und wies darauf hin, dass sich die Nutztierhaltung in der Region auf dem Rückzug befinde. Die Kosten würden davonlaufen und die Erzeugerpreise nicht im erforderlichen Maß steigen. Dazu kämen die überbordende Bürokratie und kostenträchtige Auflagen. Auch die Verknappung der landwirtschaftlichen Nutzfläche durch den Flächenfraß sprach Irlbacher an. Herbert Antes von der FDP stellte die Frage, ob die Bürokratiebelastung in Deutschland hausgemacht sei. „EU-Richtlinien würden in Deutschland und in den Bundesländern überkorrekt umgesetzt und kontrolliert“, so Irlbacher. Er zitierte dazu aus der geänderten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bezüglich der neuen Vorgaben für Beschäftigungsmaterial für Schweine. Kritik wurde am Verhalten des Lebensmitteleinzelhandels geäußert, die Anforderungen an die Landwirte ständig zu erhöhen, aber nicht für die erforderliche Honorierung der Mehrleistungen sorgen zu wollen. „Wir werden regelrecht aufgerieben“, betonte stv. Kreisobmann Johann Hahn angesichts dieser Entwicklung und merkte weiter an, dass sich die Politik zurücklehnen und nicht die notwendigen Entscheidungen für den Erhalt der Ernährungssicherung mit heimischen Lebensmitteln treffen würde. Der ständige Verweis auf Umfragen, nachdem der Verbraucher bereit sei, einen höheren Preis für Lebensmittel mit mehr Tierwohl aus der Region bezahlen zu wollen, gehe ins Leere und helfe nicht weiter. MdB Nicole Bauer, Mitglied des Agrarausschusses im Deutschen Bundestag hob hervor, dass die Gesetze so ausgestaltet werden müssen, dass diese EU-weit einheitlich gelten. Sie sprach sich auch für eine Kennzeichnungspflicht für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf EU-Ebene, auch für Verarbeitungsprodukte aus. Hinsichtlich der geforderten Investitionen in mehr Tierwohl halte MdB Nicole Bauer einen Bestandsschutz von mindestens 15 Jahren für erforderlich. „Was ist praktikabel und nützt etwas“, muss die Messlatte für agrarpolitische Entscheidungen sein, stellte Bauer fest. Es fehle zunehmend die Fach- und Sachkompetenz zu landwirtschaftlichen Fragen im Deutschen Bundestag. „Entscheidungen sind auf einer wissenschaftlich fundierten Basis zu treffen“, fügte sie an, „Ideologien seien fehl am Platz“. Zudem müsse wieder mehr mit den Landwirten und nicht über sie gesprochen werden. Kreisobmann Josef Irlbacher plädierte dafür, den Wahlkampf nicht auf den Rücken der Landwirte zu betreiben.
Rechts- und Planungssicherheit bezeichnete MdL Christoph Skutella als entscheidenden Aspekt. „Es werden sehr große Ziele gesetzt und die Umsetzbarkeit der Maßnahmenkataloge außer Acht gelassen“, gab er zu bedenken. Mit einer Million Euro könne man heute beim Neubau von Stallungen nicht viel anfangen, merkte Kreisbäuerin Sabine Schindler dazu an und forderte, dass der Aufwand für die Ställe und die zusätzliche Arbeit zumindest für die gesamte Laufzeit der Finanzierung über Förderungen und eine sogenannte „Tierwohlabgabe“ abgedeckt werden müssen. MdL Skutella wies auf die Ergebnisse der „Bäuerinnenstudie“ hin. Zuviel Bürokratie, zu wenig Freizeit und zu wenig Wertschätzung wurden hier von den Bäuerinnen hauptsächlich genannt. „Corona hat gezeigt, dass Deutschland in der Nahrungsmittelversorgung unabhängig sein muss“, sagte MdB Bauer und bezeichnete Deutschland und die EU als Gunstregierung für die Nahrungsmittelerzeugung. Grundsätzlich sei erforderlich, Folgeabschätzungen vor agrarpolitischen Entscheidungen vorzunehmen. „Die Verantwortlichen müssen ehrlicher mit den Themen umgehen und auch über den Tellerrand schauen“, bemerkte dazu Christoph Skutella.
Wegen der fehlenden Alltagskompetenzen hatten die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband bereits in 2013 mit einer Unterschriftenaktion das eigenständige Unterrichtsfach „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ gefordert. „Im Nachgang zum Volksbegehren ist nun die Projektwoche „Schule fürs Leben“ daraus geworden, an deren Umsetzung es nicht nur coronabedingt hakt“, erläuterte Kreisbäuerin Schindler. FDP-Bundestagskandidatin Ines Tegtmeier betonte ebenfalls die Wichtigkeit eines solchen Schulfaches und lobte das Engagement der Landfrauen.
Den Rückgang bzw. das Fehlen von wichtigen Wirkstoffen für den Pflanzenschutz sprach Kreisobmann Josef Irlbacher an und erklärte die Situation im Kartoffelanbau. „Eine sichere Pflanzguterzeugung ist in der Region kaum noch möglich, da die Anbaurisiken steigen und keine Alternativen zur Verfügung stehen“, stellte er fest und befürchtet, dass der Pflanzgutanbau in das Ausland abwandert.