Erntepressegespräch Niederbayern
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Familie Waas und die Ehrenamtlichen aus Niederbayern in einem Kartoffelfeld.

Niederbayerns Ernte – der Standort entscheidet

Preisrückgang und Kostenexplosion bereiten Sorgen

29.07.2022 | Das Erntepressegespräch in Niederbayern fand dieses Jahr in Plattling bei Familie Waas statt. Lesen Sie was besprochen wurde.

Der Bayerische Bauernverband rechnet für Niederbayern in diesem Jahr mit sehr unterschiedlichen Ernteergebnissen. „Nach einem bezirksweiten, vielversprechenden Start im Frühjahr durch einen milden Winter war die Hoffnung auf gute Erträge zunächst da“, so Bezirkspräsident Gerhard Stadler, „im weiteren Vegetationsverlauf wurden die Ernteaussichten zur Standortfrage.“ Sehr bezeichnend dafür ist die gefallene Regenmenge, diese ist regional stark unterschiedlich „Teilweise liegen die Flächen nur wenige Kilometer auseinander und trotzdem waren die Niederschlagsmengen komplett unterschiedlich.“ berichtet Stadler.

Zum Erntegespräch lud der Bezirksverband Niederbayern in den Landkreis Deggendorf auf den Betrieb von Josef Waas ein. Auf dem Betrieb werden Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben und Zwiebeln angebaut. Herr Waas ergänzt zur Erntesituation: „Auch die Bodengüte spielt eine große Rolle, denn Böden mit gutem Wasserhaltevermögen können mit ausbleibenden Regen besser umgehen. Bei stark kiesigen Flächen rechne ich heuer nicht nur mit weniger Ertrag, sondern auch mit Qualitätseinbußen.“

Insgesamt durchwachsene Ernte

Bei Winterweizen, Wintergerste und Raps sprechen die Landwirte in diesem Jahr von einer knapp durchschnittlichen Ernte, auf schwachen Standorten sind jedoch erhebliche Ertragseinbußen zu verzeichnen. In einzelnen Regionen Niederbayerns führten Hagel- und Starkregenereignisse wieder zu Totalausfällen. Die Feldfrüchte die im Herbst geerntet werden, wie Mais oder Zuckerrübe leiden insbesondere auf sandigen Flächen erheblich unter der Trockenheit. „Dass der Regen fehlt erkennt man bei den Zuckerrüben z.B. am fehlenden Wachstum und welken Blättern,“ erklärt Stadler, „im Mais erkennt man den Trockenstress dadurch, dass er die Blätter einrollt.“

Auch auf den Grünlandstandorten ist die Ertragslage sehr unterschiedlich. Während im Bayerischen Wald ausreichend Niederschläge auf den Wiesen zu einem guten ersten und zweiten Schnitt führten, konnte im westlichen Niederbayern teilweise noch kein zweiter Schnitt durchgeführt werden, da ein verwertbarer Aufwuchs fehlte.

In den Wäldern sind durch lokale Sturmereignisse zum Teil erhebliche Aufarbeitungsarbeiten notwendig. Mit anhaltender Trockenheit steigt auch die Borkenkäfergefahr. Bisher halten sich aber die Schäden durch den Borkenkäfer in Grenzen, mit anhaltender Trockenheit steigt aber auch hier die Gefahr von verstärktem Schädlingsbefall in den Wäldern.

Nicht nur die Ernteeinbußen bereiten den Landwirtinnen und Landwirten Sorge, auch die extrem gestiegenen Kosten stellen sie vor großen Herausforderungen. „Der Preis für Stickstoffdünger hat sich fast vervierfacht. Die Diesel- und Trocknungspreise sind ebenfalls gestiegen.

Problem mit Lebensmittelmüll

Ein großes Anliegen ist der Bezirksbäuerin Irene Waas in Bezug auf die steigenden Preise von Lebensmitteln, auf die Verschwendung von eben diesen aufmerksam zu machen. Für 2020 wurden Lebensmittelabfälle in einem Umfang von 10,9 Mio. Tonnen an die EU-Kommission gemeldet. Diese erschreckend hohe Zahl muss verringert werden, findet die Bezirksbäuerin: „59 % dieser Lebensmittelabfälle werden in privaten Haushalten erzeugt, 17 % in der Außer-Haus-Verpflegung.“ Die Landfrauen im BBV haben vor Kurzem in einem Positionspapier nach Lösungen für dieses Problem gesucht und gefunden: „Ein wichtiger Schritt ist es unter Anderem, Wissen über die Lagerung und das Verarbeiten von Lebensmitteln den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu vermitteln. Dadurch können Haushalte nicht nur gegen die Verschwendung von Lebensmitteln vorgehen, sondern sparen damit auch bares Geld.“, so Irene Waas, „und auch in der Gastronomie kann zum Beispiel in der Mengenplanung und bei den Portionsgrößen eingespart werden.“ Ein wichtiger Schritt war hierbei die Einführung der Projektwoche „Schule fürs Leben“, an der sich die Landfrauen beteiligen. Hierbei wird im Unterricht den Schülern das nötige Wissen vermittelt, um zu verantwortungsvollen Verbrauchern zu werden.

Neben der Sorge um genug Niederschlag und der Steigerung der Wertschätzung von Lebensmitteln bereitet dem Bayerischen Bauernverband der Preisanstieg in der gesamten Lieferkette Kopfzerbrechen, denn wider Erwarten verzeichnet die Branche teils einen Preisrückgang bei den Erntepreisen „Wir sind wieder fast auf Vorkriegsniveau, der Preisanstieg an der Ladentheke kommt nicht bei uns an.“, so Bezirkspräsident Stadler. Weiter erklärte Stadler: „Ich appelliere an den Lebensmitteleinzelhandel, fair gegenüber uns Bäuerinnen und Bauern zu agieren. Steigende Kosten betreffen jeden in der Kette – die Spanne muss für alle passen.“