"Frauen sollten auch politisch tätig werden"
Ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim Landfrauentag in Waging
Beim Landfrauentag in Waging wurde einmal mehr die Bedeutung der Landwirtschaft hervorgehoben und der Bauern, die gerade in den letzten Monaten stark in der Kritik stehen. Landtagspräsidentin a. D. Barbara Stamm rief in ihrem Referat dazu auf, miteinander im Dialog zu bleiben, und animierte die Frauen, sich ruhig in die Politik einzumischen.
Barbara Stamm erzählte, dass ihr Mann, mit dem sie seit 50 Jahren verheiratet ist, aus der Landwirtschaft kommt und der Hof seiner Familie, den inzwischen ein Neffe bewirtschaftet, noch immer eine wichtige Rolle für sie alle spielt. Am Dienstag fand nicht nur der Landfrauentag in Waging statt. In Berlin demonstrierten zahlreiche Bauern auch aus der Region. Aus dem Landkreis Traunstein hatten sich 48 Personen mit einem Bus und 30 Traktoren auf den Weg in die Bundeshauptstadt gemacht. „Auch wir hier demonstrieren“, betonte die Politikerin zu den anwesenden Landfrauen in Waging, „nämlich für ein Mit- und Füreinander statt gegeneinander.“ Der jährlich stattfindende Tag stärke die Frauen, gebe ihnen Mut und Kraft für ihre Arbeit und die wichtige Aufgabe, traditionelle Werte hochzuhalten. Für Barbara Stamm gilt: „Im Dialog bleiben heißt unterschiedlich diskutieren aber auch einander zuhören.“ Das „Du“ und „Wir“ müsse wieder mehr in den Vordergrund treten, nicht das „Ich“. Barbara Stamm stellte die Frage: „Warum können wir eigentlich nicht darüber reden, was in unserer Gesellschaft gut funktioniert?“ Immer gehe es nur um das, was nicht passt. Wenn auf einzelnen Höfen schlimme Dinge passierten, müssten diese natürlich untersucht und geahndet werden. Es könne aber nicht sein, dass dann gleich eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht gestellt wird. In Bezug auf Bio-Lebensmittel hat die Politikerin eine ganz klare Haltung: es gehe weniger um Bio an sich, entscheidend sei vielmehr, dass die Produkte aus der Region kommen. Die Bürger sollten sich so verhalten, dass die Theorie, die sie für eine intakte Umwelt fordern, auch mit ihrem ganz persönlichen Konsumverhalten übereinstimmt: „Die Verbraucher können eine Region stärken, indem sie Wertschätzung gegenüber den erzeugten Produzenten zeigen.“ Zu den vielen Frauen im Saal des Strandkurhauses sagte Barbara Stamm: „Engagieren sie sich nicht nur in ihrem Berufsstand, haben sie Mut in die Kommunalpolitik zu gehen.“ Sie selber wäre am liebsten Oberbürgermeisterin geworden, was ihr aber nicht vergönnt gewesen sei. Denn „die Kommunalpolitik ist das Herzstück der Politik schlechthin, weil sie am nächsten an den Menschen dran ist“. In allen Bereichen würden mehr Frauen gebraucht, sollten sie sichtbarer werden und gerade die Landfrauen hätten sehr viele Begabungen und Talente, die sie auch in der Politik einbringen könnten.
Der Waginger Bürgermeister Matthias Baderhuber als Hausherr der Veranstaltung forderte die Landfrauen ebenfalls auf, sich bei der Kommunalwahl 2020 aufstellen zu lassen: „Es ist wichtig, dass die Bauern zusammenhalten und ihre Interessen in den Gremien vertreten.“ Landrat Siegfried Walch kritisierte in seinem Grußwort, dass die Gesellschaft immer mehr auseinanderdriftet und sich zunehmend Schwarz-Weiß-Denken verbreite. Wichtig sei, dass jeder sagen darf, was ihn stört, man aber immer so miteinander umgeht, dass man danach auch wieder zueinanderfinden kann. In letzter Zeit entstehe beinah der Eindruck es gehe entweder um Umweltschutz oder um Landwirtschaft, beides gehöre aber zusammen: „Wir brauchen Kooperation statt Konfrontation. Die moderne Landwirtschaft ist im Einklang mit der Natur. Meine Wahrnehmung ist, die Bauern sind die besten Umweltschützer, die das Land seit Jahrhunderten hat.“ Die Regionalität sei der Schlüssel, das müsse den Konsumenten klargemacht werden. „Die Öffentlichkeit soll sehen, was die Landwirtschaft alles macht und es wertschätzen. Umweltschutz ist schließlich auch Heimatschutz und kann nur gemeinsam gelingen“, so der Landrat. Seiner Meinung nach brauche die Gesellschaft wieder ein gesundes Grundvertrauen und kein Misstrauen gegenüber den Landwirten.
Jubiläum "35 Jahre Traunsteiner Landfrauen Chor" und Meisterehrung
Zu Beginn des Landfrauentages fand wie üblich ein Gottesdienst statt, den der Landfrauenchor Traunstein musikalisch umrahmte. Der Chor besteht seit 35 Jahren und eine ganze Reihe der Sängerinnen ist schon von Anfang an dabei. Für diese lange Zeit geehrt wurden Barbara Untermayer, die 35 Jahre die Betreuerin des Chores war, Rosmarie Dandl, Kathi Maier, Anni Schillmeier, Rosa Mayer, Rosa Angerer und Marianne Brandmaier. Die neue Leiterin Andrea Probst übergab die Urkunden und Anstecknadeln. Kreisbäuerin Irina Esterbauer und ihre Stellvertreterin Christine Schuhegger gratulierten außerdem den drei neuen Meisterinnen der Hauswirtschaft Andrea Söll aus Schnaitsee, Maria Theresia Klauser aus Grabenstätt und Jessica Ungethüm aus Traunwalchen.
Spende an "Gemeinsam gegen den Krebs"
Eine Spende in Höhe von 3000 Euro übergaben die Landfrauen im Rahmen der Veranstaltung an den Verein „Gemeinsam gegen den Krebs“, der letztes Jahr gegründet wurde. Michaela Dreier und Dr. Matthias Buchhorn vom Verein nahmen den Scheck dankend entgegen und informierten kurz über die Arbeit des ehrenamtlichen Vereins, der sich rein aus Spenden finanziert und Krebserkrankten im Landkreis Traunstein auf vielfältige Art und Weise zur Seite stehen.
Text: Pia Mix