Feedlot in Südamerika
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Feedlot in Südamerika: Komplett andere Strukturen und Standards würden zu massiven Wettbewerbsnachteilen für die bayerische Landwirtschaft führen.

Bauernverband fordert Ablehnung des Handelsabkommens

Mercosur-Unterzeichnung ist schädlich für Klima und heimische Lebensmittelversorgung

06.12.2024 | Bei einem Gipfeltreffen in Montevideo (Uruguay) hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 6. Dezember 2024 ihre Unterschrift unter das Mercosur-Handelsabkommen gesetzt. „Dieses Abkommen ist ein völlig inakzeptabler Kuhhandel! Wegen der Exportinteressen einzelner Industriezweige wird alles, was wir hier in Europa an Umwelt-, Klimaschutz-, Tierwohl- und Prozessstandards haben und einhalten, unterminiert. Diese Politik ist unglaubwürdig, klimaschädlich und setzt die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel“, kritisiert BBV-Generalsekretär Carl von Butler. Der Bauernverband fordert, dass EU-Rat und das Europaparlament jetzt noch die Reißleine ziehen und das Handelsabkommen verhindern.

Insbesondere bei Umwelt-, Klima- und Tierschutzvorgaben klaffen die Unterschiede zwischen der EU und den Mercosur-Staaten himmelweit auseinander. Der Bauernverband hat sich während der jahrelangen Verhandlungen deswegen kontinuierlich dafür eingesetzt, dass es Importen nicht nur gleiche Standards bei der Produkt- sondern auch bei der Prozessqualität einhalten müssen. 

Handelspolitik zulasten von Bauern und Verbrauchern

„Während in Südamerika der Regenwald brennt und Pflanzenschutzmittel oder Medikamente eingesetzt werden, die bei uns seit Jahrzehnten verboten sind, will die EU ernsthaft ein Handelsabkommen unter Dach und Fach bringen, wo all das gar keine Rolle spielt? Das ist Handelspolitik zulasten von unseren Bauernfamilien und allen Verbraucherinnen und Verbrauchern!“, sagt von Butler. 

Wie passt das zur EU-Politik?

In der eigenen Politik stellt die EU-Kommission diese Themen der Prozessqualität dagegen an die Spitze der politischen Agenda. „Wie passt das geplante Mercosur-Abkommen mit Green Deal und Farm-to-Fork-Strategie zusammen?“, fragt von Butler und fordert: „Wer von den Landwirten in der EU so viel verlangt, muss die gleichen Anforderungen auch an Importe stellen. Alles andere wäre eine unerträgliche und untragbare Doppelmoral!“ 

EU-Rat und Europaparlament müssen Handelsabkommen stoppen!

Der Bayerische Bauernverband fordert den EU-Rat und das Europäische Parlament daher auf, diesem unausgewogenen Abkommen nicht zuzustimmen. Offen ist im Moment, ob die EU-Kommission durch ein Splitting des Abkommens die Notwendigkeit einer Zustimmung der nationalen Parlamente zu umgehen versuchen wird. 

© BBV Kundgebung Mercosur mit Siegfried Jäger
In ganz Bayern haben Anfang Dezember 2024 - so wie hier mit Siegfried Jäger / BBV-Präsident Niederbayern in Reding - zahlreiche Demos und Kundgebungen gegen das geplante Handelsabkommen Mercosur stattgefunden.

Eine Woche vor der Unterzeichnung des Handelsabkommens hatten die Delegierten der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes mit einer Stellungnahme das „Nein!“ der bayerischen Landwirtschaft zum Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten nochmals bekräftigt. Zahlreiche Demos, Kundgebungen und Mahnfeuer fanden vor dem Gipfeltreffen in ganz Bayern statt.

Die Delegierten der Landesversammlung forderten in einer Stellungnahme am 29. November 2024 Neuverhandlungen des Agrarteils, dessen Inhalte auch Gültigkeit für weitere Handelsabkommen haben müssen.

Importe müssen gleiche Anforderungen einhalten

Die bayerischen Bauern stehen grundsätzlich zum Handel. Aber die EU muss endlich in Handelsabkommen verankern, dass Importe die gleichen hohen Anforderungen einhalten müssen, wie sie für die heimische Erzeugung von Lebensmitteln gelten. Das ist nicht nur im Interesse der Landwirte, sondern gerade auch der Verbraucher! Und es gehört auch zu einer konsistenten und glaubwürdigen Gesamtpolitik der EU.

Himmelweite Unterschiede z.B. bei Tierwohl und Umwelt

Die Mercosur-Staaten haben gerade bei Lebensmittelsicherheit, Umwelt-, Tier- und Klimaschutz sehr viel niedrigere gesetzliche Vorgaben als die EU. Wenn unter diesen Bedingungen Importen in die EU Tür und Tor geöffnet wird, drohen gravierende Wettbewerbsnachteile für die Lebensmittelerzeugung in der EU. Dies gilt insbesondere für die Produktgruppen, bei denen die Mercosur-Staaten schon jetzt exportstark sind und über weitere Produktionsreserven verfügen. Dies sind insbesondere Rindfleisch, aber auch Geflügelfleisch, Zucker und Ethanol.

Kein Alleingang der EU-Kommission beim Landwirtschaftsteil

Dem Vernehmen nach gibt es Überlegungen, den wichtigen Handelsteil vom politischen Teil abzuspalten mit dem Ziel, dass der Handelsteil mit nur qualifizierter Mehrheit statt Einstimmigkeit im EU-Rat und ohne Zustimmung der nationalen Parlamente in Kraft treten könnte. Die Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes lehnt ein solches „Splitting“ entschieden ab. Sowohl das europäische Parlament als auch die nationalen Parlamente müssen in den Ratifizierungsprozess eingebunden bleiben. 

Die komplette Stellungnahme der Delegierten der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes unter www.BayerischerBauernVerband.de/Positionen 

© BBV Die Delegierten der Landesversammlung 2024 des Bayerischen Bauernverbandes
Die Delegierten der Landesversammlung 2024 des Bayerischen Bauernverbandes fordern in einer Stellungnahme, das der Agrarteil von Mercosur neu verhandelt wird.

Position des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes zum Mercosur-Abkommen

Die Verhandlungen der EU-Kommission mit den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) wurden Ende Juni 2019 abgeschlossen. Bei einem Gipfeltreffen am 5. und 6. Dezember in Montevideo (Uruguay) könnte das Mercosur-Handelsabkommen unterzeichnet werden. 

Das Abkommen tritt erst in Kraft, wenn der Europäische Rat, das Europäische Parlament sowie alle Parlamente der 28 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Würde das Abkommen aufgespaltet, wäre für den Handelsteil auch nur die qualifizierte Mehrheit im EU-Rat und keine Zustimmung nationaler Parlamente erforderlich. Der Bayerische Bauernverband lehnt eine solche Verfahrensänderung ab.

Bei einer Anhörung am 23. Juli 2019 im Agrarausschuss des EU-Parlaments kritisierten Vertreter aller wichtigen Fraktionen das Mercosur-Abkommen. Der französische Präsident Emanuel Macron hat eine Expertenkommission eingesetzt, die bis November eine Abschätzung zu den Folgen liefern soll. Je nach Einschätzung dieser Kommission will sich Macron zum Mercosur-Abkommen positionieren.

 

Inhalte des Abkommens

Das Abkommen beinhaltet einen schrittweisen Wegfall von 91 % der Zölle auf Produkte, welche die EU in die Mercosur-Staaten exportiert und von 92 % der Zölle auf Güter, welche die EU von dort importiert.

Für viele Produkte ist eine Übergangsphase von fünf bis neun Jahren vorgesehen, sodass der komplette Wegfall der Zölle 2028 oder 2029 folgen soll.

Rindfleisch: Zollreduziertes (7,5 % Zoll) Kontingent von 99.000 t für die Mercosur-Staaten, das schrittweise über fünf Jahre eingeführt wird.

Geflügelfleisch: Zollfreies Kontingent für 180.000 t für die Mercosur-Staaten, das schrittweise über fünf Jahre eingeführt wird.

Zucker: Zollsenkung für das bereits bestehende WTO-Zuckerkontingent in Höhe von 180.000 t von jetzt 98 €/t schrittweise über fünf Jahre auf Null.

Ethanol: Die EU gewährt eine Quote von 650.000 t für Ethanol. 450.000 t davon sind zollfrei und für die chemische Industrie vorgesehen. Für den Rest, der für jeglichen anderen Nutzen einschließlich Biokraftstoffe vorgesehen ist, soll ein Zollsatz von 6,4 €/hl für undenaturiertes und 3,4 €/hl für denaturiertes Ethanol gelten.

Soja: Auf die Sojaimporte hat das Abkommen keine Auswirkungen, da bereits ein freier Handelsstrom ohne Zölle möglich ist.

Schweinefleisch: Für Schweinefleisch frei von dem Futterzusatz Ractopamin ist eine Quote von 25 000 t mit einem Einfuhrzoll von 83 €/t vorgesehen.

Südamerika hat zudem einer vollen Öffnung für EU-Schweinefleisch zugestimmt.

Milchprodukte: Das Abkommen sieht eine Öffnung des südamerikanischen Marktes für Milchprodukte, allen voran Käse (30.000 t), aber auch Magermilchpulver (10.000 t) sowie Säuglingsanfangsnahrung (5.000 oder 10.000 t) vor. Die derzeitigen Zollsätze (von 12 bis 28 %) sollen innerhalb von neun Jahren komplett wegfallen. Mit Inkrafttreten des Abkommens würden sich die Zölle für Butter um 30 % sowie für Joghurts um 50 % verringern.

 

Positionierung des Bauernverbandes

Der BBV hat die Verhandlungen über Jahre hinweg kritisch begleitet und immer wieder auf die Gefahren für die heimische Landwirtschaft hingewiesen. Regelmäßig hat das BBV-Präsidium in Stellungnahmen Position bezogen. Zuletzt hatte Präsident Walter Heidl Anfang Juni 2019 vor einem völlig unausgewogenen Abkommen und einem Kuhhandel zu Lasten der Bauern und Verbraucher gewarnt und sich zum Beispiel in einem Schreiben an alle bayerischen Europaabgeordneten gewandt.

Das Verhandlungsergebnis kritisierten BBV, der Deutsche Bauernverband und der Europäische Bauernverband (COPA) scharf. Nach dem inakzeptablen Abschluss der Verhandlungen stellt der BBV die Doppelmoral in der EU-Handelspolitik an den Pranger und fordert die Europa- wie auch die Bundestagsabgeordneten dazu auf, das Abkommen abzulehnen oder entscheidend nachzubessern.

Unabhängig davon erwartet der Bayerische Bauernverband, dass Bayern alle seine Möglichkeiten nutzt, um die Vermarktung heimischer Lebensmittel zu stärken, die Vorteile öffentlich darzustellen und Verbraucher aufzuklären, wie hoch die Standards in der EU und vor allem in Bayern im Vergleich zu Drittstaaten wie den Mercosur-Staaten sind.

 

Lesen Sie hier auch die Position der BBV-Fachausschüsse von Juli 2019.