Darum schützen wir Pflanzen – Teil 1: Damit die Saat einen guten Start hat
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Manches Saatgut ist so empfindlich, dass es behandelt werden muss, bevor es überhaupt in die Erde kommt. „Man spricht hier vom Beizen. Um das volle Ertragspotenzial zu nutzen, ist eine optimale und möglichst ungestörte Pflanzenentwicklung von Beginn an erforderlich“, sagt Anton Huber, Pflanzenbaureferent beim Bayerischen Bauernverband. Bei der chemischen Beizung von Saatgut werden Wirkstoffe auf das Saatkorn aufgebracht, die es vor so genannten bodenbürtigen Krankheiten schützt. Das sind vor allem Pilze, deren Sporen sich im Boden befinden und die das Saatkorn zu infizieren versuchen. Zugleich wird durch die Beize eine gewisse Vergrämungswirkung gegen Vogelfraß erzielt. Durch die Aufnahme des Wirkstoffes über die Wurzel besteht auch für den Keimling noch ein gewisser Schutz.
„Die Beizung von Saatgut ist derzeit die einzige in der Praxis verbreitete einzelpflanzenbezogene Maßnahme des Pflanzenschutzes“, betont Huber. Im Vergleich zur flächigen Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln ist der Wirkstoffbedarf bei der Beize um Größenordnungen geringer.
Das Saatbett bereiten
Um Nutzpflanzen möglichst optimale Bedingungen für die Keimung zu schaffen, muss das Saatbett, in welches das Samenkorn abgelegt wird, möglichst optimal für die Nutzpflanze vorbereitet werden. Dazu braucht es einen festen Untergrund, der leicht durchwurzelt werden kann und Zugang zu Bodenfeuchtigkeit bietet. „Der beste Freund der Nutzpflanze und des Landwirts ist dabei der Regenwurm, der mit seinen Gängen den Boden lockert und den Wurzeln der Pflanze oftmals den Weg in tiefere Bodenschichten bahnt“, so Huber. Außerdem ist vor der Aussaat der beste Zeitpunkt, um den Acker vor Beikräutern, den wilden Konkurrenten unserer Nutzpflanzen, zu befreien. Das ist wichtig, weil diese oft sehr viel kräftiger und schneller wachsen können, als die auf Ertrag und Bekömmlichkeit gezüchteten Nutzpflanzen. Außerdem überdauern eine Reihe von Krankheiten und Schädlingen auf diesen Pflanzen, die auf die Nutzpflanze übertragen werden können.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie der Landwirt ein optimales Saatbett für seine Pflanzen schaffen kann. Die verschiedenen Verfahren lassen sich grob nach ihrer Intensität einteilen:
Klassische Verfahren arbeiten oft in Kombination mit Pflug und Grubber. Der Pflug wendet den Boden und dreht die obere Bodenschicht um. Unkräuter werden vergraben und der Boden zugleich stark gelockert. Um die unregelmäßige Bodenoberfläche wieder einzuebnen, braucht es weitere Bodenbearbeitung, z. B. mit Grubber und Egge.
Viele Landwirte setzen vermehrt auf die konservierende Bodenbearbeitung. Dabei wird der Eingriff ins Bodengefüge möglichst gering gehalten und der Verbrauch von Kraftstoff reduziert. Pflanzen und Pflanzenreste, wie über den Winter abgefrorene Zwischenfrüchte (Mulch), werden nur oberflächlich mit dem Boden vermischt. Das schützt vor Erosion, schont das Bodenleben (Käfer, Regenwürmer, …) und das Bodengefüge wird nicht gestört. Da die Unkräuter bei diesem Verfahren nicht tief vergraben werden, wendet der Landwirt bei Bedarf Herbizide an, das sind Pflanzenschutzmittel, die zielgerichtet nur Pflanzen abtöten.
Nach der Saat
Nach der Saat prüft der Landwirt regelmäßig, ob sich wieder Unkräuter oder Ungräser auf dem Acker angesiedelt haben. „Die Schwierigkeit ist, diese Beikräuter bereits in einem sehr kleinen Stadium zu erkennen – mit zwei bis drei Blättern. Denn wenn sie schon zu kräftig sind, wird man sie nur schwer wieder los“, so Huber. Anschließend zählt der Landwirt an mehreren Stellen in seinem Acker aus, wie viele Unkräuter pro Quadratmeter vorhanden sind. Wenn eine gewisse Schadschwelle überschritten wird, muss er aktiv werden. Das gilt im ökologischen wie im konventionellen Landbau.
Im konventionellen Landbau ist die oftmals sicherste, schnellste und auch in engstehenden Kulturen wie Getreide mögliche Maßnahme der Einsatz eines chemischen Herbizids, das speziell die gefundenen Unkräuter schädigt, die Nutzpflanze aber möglichst in Ruhe lässt.
Die Ökobauern fahren jetzt im Frühjahr mit ihren Striegeln auf die Felder. Striegel bestehen aus mehreren Reihen von Zinken, die Beikräuter mit Erde verschütten oder ans Tageslicht befördern, wo sie austrocknen und der Kulturpflanze nicht mehr schaden. Dabei werden zwar auch Weizen, Dinkel, Ackerbohne und Co. ein wenig „gerupft“, doch ist dieser Stress leichter zu ertragen als eine übermächtige Konkurrenz durch an dieser Stelle unerwünschte Pflanzen. Wenn die Reihen der Nutzpflanzen etwas breiter sind, wie z. B. beim Mais oder bei den Zuckerrüben, kommt die Hacke zum Einsatz. Dabei werden die Unkräuter knapp unter der Erdoberfläche abgeschnitten.
Besonders wirkungsvoll ist nach der Erfahrung vieler Ökobauern das „Blindstriegeln“, gleich drei bis fünf Tage nach der Aussaat. Dabei „kämmt“ der Striegel die Beikraut-Konkurrenz oft noch im Faden- oder Keimblattstadium aus der Erde, während die Saat gut geschützt noch unter der Erde liegt. Diese bekommt damit einen Entwicklungsvorsprung und kann sich besser gegen unerwünschte Nachbarpflanzen behaupten. „Beim Striegeln muss das Wetter ganz genau passen. Es muss trocken sein und noch ein paar Tage bleiben, damit der Boden beim Überfahren nicht geschädigt wird und die Beikräuter nicht gleich wieder in die Erde geschwemmt werden, wo sie weiterwachsen könnten. Auch soll kein Nachtfrost bevorstehen, damit die Kulturen das Striegeln besser wegstecken können“, sagt Daniela Gehler, Referentin für Ökolandbau beim Bayerischen Bauernverband.
Gegen Schädlinge vorgehen
Wenn der Landwirt Schädlinge auf seinem Acker findet, zählt er aus, ob die für jeden Schädling speziell definierte Schadschwelle erreicht ist. Im Raps helfen ihm dabei z. B. aufgestellte Gelbschalen, die Schädlinge wie den Rapsglanzkäfer geradezu magisch anziehen. Ist die Schadschwelle erreicht, d.h. es sind so viele Schädlinge vorhanden, dass sie einen merklichen Schaden an der Ernte anrichten würden, muss der Landwirt reagieren. Neben gezielt wirkenden natürlichen oder chemischen Insektiziden hat er inzwischen in einigen Fällen auch die Möglichkeit, Nützlinge mit Drohnen auszubringen (z. B. Schlupfwespen im Maisanbau) die dann die Schädlinge befallen und abtöten.
Bei Erkrankungen der Nutzpflanzen mit Pilzen, Bakterien oder Viren geht der Landwirt ebenso vor: Er identifiziert die Art der Erkrankung und setzt dann gezielt z.B. ein Fungizid ein, dass speziell auf die pilzliche Erkrankung der Pflanze abgestimmt ist. Das ist sehr wichtig, denn eine ganze Reihe von Pflanzenkrankheiten führen auch beim Menschen zu Vergiftungen. Bekannt ist z.B. das Mutterkorn oder Fusarium.
Pflanzen brauchen Nährstoffe
Zum Start in die Wachstumsperiode brauchen die Pflanzen auch ausreichend Nährstoffe, weshalb viele Bauern gerade Gülle, Festmist oder Mineraldünger ausbringen. Das „Güllefahren“ muss gut geplant und organisiert sein und ist immer ein wenig Nervenkitzel für die Landwirte. Denn dieser Wirtschaftsdünger muss zur Verringerung von Emissionen spätestens vier Stunden nach dem Ausbringen eingearbeitet sein, zum Beispiel mit einer Fräse. Insbesondere wenn Landmaschinen überbetrieblich eingesetzt werden, darf hier nichts dazwischen kommen, keine Arbeitskraft sich verspäten und keine Maschine ausfallen, damit die Vier-Stunden-Frist eingehalten werden kann. Moderne Güllefässer haben ein Schlauchverteilsystem, an dessen Ende die Gülle gleich in den Boden eingearbeitet wird. Das hilft den Verlust wertvoller Nährstoffe möglichst gering zu halten.
Praktiker geben Auskunft
Möchten Sie mit Praktikern über das Thema Ackerbau und Pflanzenschutz sprechen? Wir sind gern bei der Vermittlung von Landwirtinnen und Landwirten, die für ein Interview zur Verfügung stehen, behilflich.
So geht´s weiter:
In der nächsten Folge unseres „Pflanzenschutz-Spezials“ beleuchten wir speziell den Pflanzenschutz beim Raps.