Auf dem Bild (v. l.): Irene Waas, Bezirksbäuerin BBV Niederbayern, Christiane Ade, Bezirksbäuerin BBV Schwaben, Christine Singer, Stellv. Landesbäuerin, Landesbäuerin Anneliese Göller, Rita Blümel, Bezirksbäuerin BBV Oberpfalz, Christine Reitelshöfer, zweite Stellv. Landesbäuerin und Dr- Andrea Fuß, Geschäftsführerin der BBV Landfrauengruppe.
Geht es hoch hinaus für die Zukunft der Landwirtschaft?
Landfrauen sehen in Vertical Farming eine Brücke zwischen Stadt und Land
„Auch im Zuge der Corona-Pandemie ist in der Bevölkerung der Wunsch nach regionaler Versorgung gewachsen“, sagte Göller beim Landesausschuss der Landfrauen im Bayerischen Bauernverband. Wir können und müssen deutlich machen, „dass hinter jedem heimischen Produkt eine Bauernfamilie steht, die hochwertige Produkte mit viel Herzblut vor der Haustüre produziert.“ Die Regionalität müsse in den Fokus rücken – dies fordert der Bayerische Bauernverband auch in seinen Anliegen bei den Koalitionsverhandlungen für die Bildung der neuen Bundesregierung und in seinen Thesen zur „Landwirtschaft 2040“. Landesbäuerin Göller: „Es geht darum, das Bewusstsein bei Privat- und Großverbrauchern für Regionalität und Saisonalität zu schärfen. Und es geht darum, bei den Unterrichtseinheiten im Rahmen der Projektwochen ‚Schule fürs Leben‘ endlich das Wissen und die Wertschätzung für Lebensmittel zu stärken - und zwar schon von klein auf.“ Aus Sicht der Landesbäuerin müssen öffentliche Institutionen Vorbild und Vorreiter sein beim Einsatz von Produkten aus regionaler und saisonaler Landwirtschaft: „In der Gemeinschaftsverpflegung braucht es einen verpflichtenden Anteil an regionalen Produkten.“
Der Landesbäuerin ist es ein Anliegen, Landwirtschaft den Verbrauchern nahe zu bringen. „Für mich steht fest: Wenn Landwirtschaft in Zukunft auch auf Stadtgebiete ausgeweitet wird, trägt dies entscheidend dazu bei, die Landwirtschaft in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und das Miteinander von Stadt und Land, von Erzeugern und Verbrauchern zu stärken. Je mehr Wissen rund um die Landwirtschaft in den Köpfen ist, desto mehr Wertschätzung bekommen wir für unsere Arbeit und unsere hervorragenden heimischen Lebensmittel.“
Wie Landwirtschaft in der Stadt in Zukunft funktionieren kann, zeigte Christine Zimmermann-Lössl, Vorstandsvorsitzende der Association for Vertical Farming e.V. „Wir stehen vor den größten Herausforderungen der Menschheitsgeschichte: Klimawandel, Endlichkeit von Ressourcen und enormes Bevölkerungswachstum. Wie können wir in der Zukunft genug Nahrung nachhaltig für alle produzieren?“ Bis 2060 würden rund 80 Prozent der Menschen in Städten leben. Vertikale Landwirtschaft könne Teil der Lösung in der Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln sein, insbesondere dort, wo Boden und Fläche knapp sind. Die Methode: Pflanzen werden auf mehreren Ebenen innerhalb eines Raumes angebaut. Passgenau wird künstliches Licht mit richtiger Wellenlänge genutzt, die Temperatur kontrolliert und die Pflanzen mit Feuchtigkeit, Nährstoffen, Wasser und CO2 versorgt. Die Vision von Christine Zimmermann-Lössl: „Vertikale Landwirtschaft kann Zugang zu frischen Lebensmitteln in großer Menge bieten unabhängig von Klima und Standort und damit zur weltweiten Nahrungsmittelsicherheit beitragen. In den kommenden Jahrzehnten, in denen Überbevölkerung und Klimawandel unsere derzeitige Lebensweise in Frage stellen, wird vertikale Landwirtschaft eine notwendige Lösung für globale Nahrungsmittelproduktion sein.“
In der anschließenden Diskussion mit den Landfrauen wurde deutlich, dass vertikale Landwirtschaft nicht als Alternative, sondern nur als Ergänzung zur bisherigen Landbewirtschaftung gesehen werden kann. Denn Landwirtschaft sei mehr als Nahrungsmittelerzeugung, hinzukommen weitere vielfältige Leistungen, wie die Pflege der Kulturlandschaft. Zimmermann-Lössl machte den Bäuerinnen Mut zur weiteren Diskussion: „Angesichts der Herausforderungen der Zukunft müssen wir uns neu aufstellen. Sie sind Innovatoren auf diesem Weg. Vertical Farming ist ein kleiner Baustein.“
Am Nachmittag informierten sich die Landfrauen über weitere Projekte, bei denen die Vermarktung regionaler landwirtschaftlicher Produkte im städtischen Umfeld im Mittelpunkt steht.
Wie eine nachhaltige Zusammenarbeit mit lokalen Lieferanten und Erzeugern gelingen kann, zeigt die REWE Group. Simone Münsterer, Lokalitätsbeauftragte bei REWE Süd, erklärte, wie regionale Erzeugnisse in die über 520 REWE-Märkte in Bayern kommen und welche Voraussetzungen für diese REWE Lokal-Partnerschaften erfüllt sein müssen. „Regionale Erzeugnisse bereichern die Sortimente, fördern Kreisläufe vor Ort und stiften Identifikation. Gegenseitiges Vertrauen und ein faires Zusammenarbeiten auf Augenhöhe sichern den gemeinsamen Erfolg der REWE Lokal-Partnerschaften“, sagte Münsterer.
Andreas Grünwald, Landwirt und Vorstand der Münchner Bauern Genossenschaft eG, gab Einblick in die Arbeit dieses noch jungen Unternehmens. „Wir haben eine Genossenschaft gegründet, weil wir so gemeinsame Ziele leichter erreichen, ohne dabei die eigene Selbständigkeit aufgeben müssen.“ Gemeinsam mit zwei Berufskollegen erzeugt Grünwald unter anderem Quinoa, Süßkartoffeln und Topinambur. Die Produkte werden im Großraum München in Hofläden, ausgewählten Ladengeschäften und Cateringfirmen vermarktet.
„Gemeinsam fair handeln“ ist der Ansatz des Mitmach-Supermarkts FoodHub in München. Die Genossenschaft mit 1200 Mitgliedern bietet ein Vollsortiment mit lokaler Direktvermarktung und 90 Direktanbietern. „Es gibt einen einheitlichen Preisaufschlag auf alle Produkte. Der Bauer bestimmt den Preis“, sagt Kristin Mansmann, Vorstand FoodHub München Market eG. Durch die Mitarbeit der Genossen drei Stunden innerhalb von 4 Wochen werden die Personalkosten reduziert und die Identifikation mit der Genossenschaft gestärkt.
„Von der Farm auf die Gabel“ - Johann Gillinger erläuterte die Qualitätsphilosophie der BayernBankett Gastronomie GmbH. Das Unternehmen gehört zu den großen Anbietern von Systemgastronomie und Catering-Dienstleistungen in und um München. Als Prokurist und Bereichsleiter Catering ist Gillinger verantwortlich für den Umgang mit allen eingesetzten Ressourcen. „Wir kaufen regional und saisonal und unterstützen so Erzeugerbetriebe in der Region.“ 100 % des verarbeiteten Fleisches stammt aus Bayern (Schwein, Geflügel) bzw. Deutschland (Rind/Kalb), 93 % der Hauptlieferanten stammen aus dem Umfeld von 200 km um München, 80 % aus dem Umfeld von 100 km.
Der Landesausschuss ist das höchste Gremium der Landfrauengruppe im Bayerischen Bauernverband. Landesbäuerin Anneliese Göller zog Bilanz über das abgelaufene Jahr. In ihrem Rechenschaftsbericht würdigte sie die engagierte Arbeit der Kreis- und Bezirksverbände und wies auf die Erfolge in der politischen Interessenvertretung hin. Landesbäuerin Göller gab einen Überblick über die geleistete Arbeit in den Gremien, der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, der Erwachsenenbildung, im Erzeuger-Verbraucher-Dialog, in der Öffentlichkeitsarbeit und ging auf weitere Aktivitäten ein. Der Landesausschuss fand als Präsenzveranstaltung mit Live-Übertragung statt.