Heidl: „Tierwohl muss bezahlt werden“
Empfehlung für Nutztierstrategie wichtiger Beitrag zu Zukunftsperspektive
In dem Kompetenznetzwerk arbeiten seit Frühjahr 2019 Experten aus Verbänden, Behörden, Wissenschaft, Nicht-Regierungsorganisationen sowie Praktiker aus der Landwirtschaft an Vorschlägen zum Umbau der Nutztierhaltung.
Bauernpräsident Walter Heidl bewertet die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks als wichtigen Beitrag für die nötige grundlegende Diskussion über Strategie und Zukunftsperspektive für die Tierhalter in Deutschland: „Unsere Bauern wissen nicht mehr, wohin Politik und Gesellschaft die Tierhaltung in diesem Land führen wollen. Es fehlt an Orientierung und Unterstützung.“ Der Versuch des Kompetenznetzwerks, Landwirtschaft und Gesellschaft zusammen zu führen und gleichzeitig einen wirtschaftlich tragfähigen Weg für die Bauern zu finden, sei daher richtig. Die Tierhaltung dürfe keinesfalls ins Ausland verdrängt werden.
Am Markt jedoch ist der nötige Preisaufschlag für mehr Tierwohl offenbar nicht vollumfänglich zu erzielen. Daher müsse eine staatliche Tierwohlprämie offen diskutiert werden, auch wenn Bauern der Grundidee „mehr Staat und weniger Markt“ skeptisch gegenüberstehen. Heidl betont: „Staatliche Zahlungen für besondere Tierwohlleistungen müssten langfristig Verlässlichkeit bieten und dürfen nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen. Andernfalls wird kein Landwirt investieren. Zudem muss gewährleistet sein, dass dem Landwirt die Kosten für mehr Tierwohl komplett ausgeglichen werden.“ Die Überlegungen zur Finanzierung – ob durch eine Abgabe oder eine Steuer – müssten noch vertieft diskutiert werden, insbesondere wegen der Folgen für Wettbewerb und Warenströme. „Eines ist klar: Mehr Tierwohl in unseren Ställen ist nur möglich, wenn es auch bezahlt wird. Die Nutztierstrategie kann nicht sozialpolitische Anliegen adressieren. Diese sicherlich auch berechtigten Aspekte müssen auf einer anderen Ebene bearbeitet werden.“
Darüber hinaus sind dringend Erleichterungen im Bau- und Umweltrecht nötig, damit neue tierwohlgerechte Ställe und Umbaukonzepte genehmigt werden. Wichtig ist auch, die Verbraucher nicht gänzlich aus der Verantwortung zu entlassen. Daher muss eine verpflichtende Kennzeichnung sowohl von Tierwohl als auch von Herkunft bei Fleisch und Wurstwaren vorangetrieben werden - im Lebensmitteleinzelhandel wie auch im Außer-Haus-Verzehr.
Der BBV hat seit Anfang Januar insbesondere junge Landwirtinnen und Landwirte zu regionalen Dialogforen zur Zukunft der Nutztierhaltung eingeladen. Die Anliegen wurden im Kompetenznetzwerk eingebracht. Ein weiteres Dialogforum wird am 17. Februar in Augsburg stattfinden. Noch sind viele Fragen offen und der Prozess noch lange nicht abgeschlossen – im Gegenteil: Die entscheidende Diskussion, welchen Weg die Verantwortlichen bereit sind mitzugehen, fängt jetzt erst an!