Direktvermarktung und Handwerksrecht
Information über Rechtsprechung zum Verkauf von Fleisch und Wurst im Hofladen
In der landwirtschaftlichen Direktvermarktung werden über die Urproduktion hinaus oftmals auch Tätigkeiten ausgeübt, die zum Beispiel das Metzgerhandwerk berühren. Aufgrund der Rechtsprechung (Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18.12.2018) muss in jeder Betriebsstätte, auch wenn dort „nur“ eine Fleisch- und Wursttheke ohne Produktion betrieben wird, eine Person beschäftigt werden, welche die Voraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Daher werden seit Beginn des Jahres 2022 Betriebe, die eine Fleisch- und Wursttheke führen, von ihren zuständigen Handwerkskammern angeschrieben.
Fakt ist:
Aufgrund der neuen Rechtsprechung benötigen auch die Betriebe die Eintragung in die Handwerksrolle, die nicht produzieren bzw. verarbeiten, sondern nur frisch verkaufen. Dazu zählt auch das Vorbereiten (z. B. aufschneiden, behandeln, würzen, etc.) des frischen Fleisches, bevor es in die Theke kommt oder an den Kunden verkauft wird.
Ausnahme:
Eine Eintragung wäre nur dann nicht notwendig, wenn die Produkte bereits vom Metzger fertig verpackt geliefert und unverändert weiterverkauft werden oder die Tätigkeit als handwerklicher Nebenbetrieb in unerheblichem Umfang ausgeübt wird.
Voraussetzungen für das Vorliegen der Unerheblichkeit:
- Die Tätigkeit des Hauptbetriebes muss der Tätigkeit des handwerklichen Nebenbetriebes überwiegen (Landwirtschaft muss Direktvermarktung überwiegen).
- Es muss ein wirtschaftlicher und fachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenbetrieb bestehen (von einem wirtschaftlichen und fachlichen Zusammenhang wird gesprochen, wenn z.B. die eigenen Tiere vom Hof geschlachtet und im Hofladen verkauft werden. Sollten es nur zugekaufte Tiere sein, ist der Zusammenhang nicht gegeben).
- Die durchschnittliche Tätigkeit während eines Jahres darf nicht die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte in Vollzeit arbeitenden Ein-Mann-Betriebs (ca. 1 664 h/a) übersteigen (Praxisbeispiel zu dem Thema: Man darf also nicht mehr als 1 664 h im Jahr mit dem Verkauf aus der frischen Fleisch- und Wursttheke verbringen, um in die Ausnahme zu fallen).
Wichtig: Es müssen alle drei Punkte erfüllt sein, um eine Unerheblichkeit nachzuweisen.
Was ist vorzuweisen, wenn die Ausnahme nicht greift?
Um den Betrieb mit einer offenen Fleisch- und Wursttheke aufrecht zu erhalten, muss der Handwerkskammer ein Betriebsleiter mit folgenden Voraussetzungen gemeldet werden:
1. Meisterprüfung im Fleischerhandwerk
2. Gesellenbrief im Fleischerhandwerk und den Fachkurs „Fleischtheke“
3. Abgeschlossene Ausbildung zum Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Schwerpunkt Fleisch (HWK und IHK Abschlüsse) und den Fachkurs „Fleischtheke“
4. Mitarbeiter/-in im Einzelhandel mit langjähriger Berufserfahrung an der Fleischtheke unabhängig von Ausbildungsabschlüssen und den Fachkurs „Fleischtheke“
Bei den Punkten 2-4 ist zusätzlich eine Ausnahmebewilligung nach §8 HwO für das Fleischerhandwerk für die Teiltätigkeit „Fleisch- und Wursterzeugnisse für den Betrieb einer Frischfleischtheke im Lebensmittelhandel, Prüfen und Herrichten und unter Einsatz von Verpackungs-, Kühl- und Gefriertechnik haltbarmachen und lagern“ zu beantragen.
Sollten Sie von der neuen Rechtsprechung betroffen sein, dann können Sie sich bei Ihrer zuständigen Handwerkskammer Ihres Regierungsbezirks weitere Informationen einholen.