Dringend nachbessern, um die Energiewende weiter voranzubringen!
Forderungen zum Kabinettsentwurf der EEG-Novelle 2021
Zahlreiche Erneuerbare-Energien-Anlagen in landwirtschaftlicher Hand tragen bereits seit Jahren zu einer erfolgreichen dezentralen Energiewende und damit zum Klima- und Ressourcenschutz bei. Gleichzeitig haben sich die Erneuerbaren Energien für viele bayerische Bauernfamilien zu einem wichtigen Standbein entwickelt und leisten gerade vor dem Hintergrund immer volatilerer Agrarmärkte einen stabilisierenden Einkommensbeitrag, denn bei dezentraler Umsetzung werden Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen. Das EEG ist dabei wichtigster Impulsgeber für Entwicklung und Innovation. Der Bayerische Bauernverband (BBV) fordert für die aktuelle Novellierung des EEG politische Rahmenbedingungen, den bestehenden Erneuerbare-Energien-Anlagen eine Zukunftsperspektive zu geben und einen weiteren Ausbau zu unterstützen. Zum kürzlich bekannt gewordenen Kabinettsentwurf hat der BBV folgende konkrete Anliegen:
1. Anhebung des Ausbaupfads für Biomasseausschreibungen
Der Ausbaupfad für Biomasse liegt laut Kabinettsentwurf nur bei 350 MW pro Jahr bis 2028 und reicht damit nicht aus, um das Ziel aus dem Klimaschutzprogramm von 8,4 GW installierter Leistung bis 2030 sicherzustellen. Deshalb fordert der BBV die Anhebung des Ausbaupfads auf mindestens 400 MW pro Jahr, um zumindest die Anlagen, die in den kommenden Jahren aus der Förderung fallen, in einen zweiten Vergütungszeitraum aufnehmen zu können. Unter realistischeren Annahmen ist zur Erreichung des Ziels aus dem Klimaschutzprogramm sogar ein Volumen von durchschnittlich 750 MW pro Jahr notwendig.
2. Anhebung der Gebotsobergrenze und Aussetzen der Degression bei Biomasse
Der Kabinettsentwurf enthält nur eine geringe Anpassung der Gebotsobergrenzen für Biomasseanlagen. Um Investitionssicherheit zu schaffen und Wirtschaftlichkeit zu erhalten, ist eine weitere Anhebung jedoch dringend erforderlich. Andernfalls ist weiterhin mit geringen Zuschlagsmengen zu rechnen. Ein deutlicher Anlagenrückbau und damit ein erheblicher Rückschritt für die Energiewende und den Klimaschutz würde die Folge sein. Es muss dringend eine Perspektive und auch ein Bestandsschutz für bäuerliche Anlagen zwischen 150 und 500 kW mit weniger als 80% Gülleeinsatz geboten werden, sogenannte Nachwachsende Rohstoffe-Anlagen (NawaRo), die schließlich das Anlagen-Gros in Deutschland ausmachen. Gerade in Regionen mit erhöhtem Grünlandanteil und wenig Viehbesatz, ist nicht immer genügend Gülle für die Biogasnutzung vorhanden. Gülle aus weiter Entfernung zu beziehen, um den vorgegebenen Gülleanteil einzuhalten, würde das Ziel des Klimaschutzes konterkarieren. Deshalb muss auch der Einsatz von Nachwachsenden Rohstoffen in Biogasanlagen weiter unterstützt werden. Der BBV fordert daher, die Gebotshöchstwerte für alle Anlagen - NawaRo Anlagen, Abfallbiogasanlagen und Güllekleinanlagen - um mindestens 3 Cent anzuheben. Anlagen in der Hand nicht ortsansässiger Projektierer und Investoren sollten jedoch hiervon ausgenommen werden. Außerdem ist eine Streichung der Degression notwendig, damit auch kleinere Anlagen bei den Ausschreibungsverfahren wieder zum Zug kommen können.
3. Zusätzliche Anreize für die Güllevergärung notwendig
Die Bemessungsleistung wird laut Kabinettsentwurf nicht mehr auf 75 kW begrenzt, Anlagen ab einer installierten Leistung von 100 kW können den Flexibilitätszuschlag erhalten. Da jedoch die Begrenzung der installierten Leistung von 150 kW beibehalten sowie die Pflicht zur Flexibilisierung aufrechterhalten wird, können keine Gülleanlagen mit deutlich höherer Bemessungsleistung als bisher gebaut werden. Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen, müssen die Rahmenbedingungen für eine vermehrte Güllevergärung über Biogasanlagen unbedingt attraktiver gestaltet werden. Der BBV fordert daher, die Begrenzung der Sondervergütungsklasse für Güllekleinanlagen auf 150 kW Bemessungsleistung zu erhöhen. Bezüglich der Einsatzstoffliste erachtet der BBV es für notwendig, auch Geflügeltrockenkot auf die geforderten 80% des Gülleanteils am Substratmix für die Güllekleinanlagenklasse anzurechnen, um einen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz auch für Geflügelhalter zu ermöglichen.
4. Einführung einer Sondervergütungsklasse für die Vergärung von ökologisch wertvollen Einsatzstoffen
Um Stickstoff aus der Luft einzusammeln, bauen Ackerbetriebe Kulturen wie Kleegras oder Luzerne an. In Betrieben ohne Tierhaltung können diese jedoch nicht verfüttert werden. Stattdessen wird der Aufwuchs vielfach gemulcht, wodurch klimaschädliche Gasemissionen entstehen. Werden die Feldfrüchte hingegen abgeerntet und in einer Biogasanlage vergoren, entfallen die Emissionen und es wird zusätzlich CO₂-neutral Strom und Wärme produziert. Das entstandene Gärprodukt kann dann als ökologisch wertvoller Dünger im Sinne der Kreislaufwirtschaft dienen. Da diese Substrate deutlich geringere Biomasseerträge und Biogasmengen bereitstellen, sind entsprechende attraktive Regelungen im EEG notwendig. Der BBV fordert, dass analog zur Sondervergütungsklasse für die Güllevergärung eine weitere Vergütungsklasse für ökologisch besonders wertvolle Substrate geschaffen wird. Es könnte damit ein wichtiger Impuls gesetzt werden, dass bestehende Biogasanlagen verstärkt Kleegras, Wildpflanzenmischungen oder Blühpflanzen einsetzen sowie Neuanlagen entstehen, die auf diese Substrate ausgerichtet und z.B. in Ökobetriebe eingebunden sind.
Die neue Vergütungsklasse könnte für Biogasanlagen bis zu einer Bemessungsleistung von 150 kW eine höhere Festvergütung vorsehen. Als Grundlage für den Substrateinsatz könnte die Einsatzstoffvergütungsklasse II aus der BiomasseV des EEG 2012 dienen. In diese Klasse müssten zusätzlich nur noch Wildpflanzenmischungen aufgenommen werden.
5. Unausgeschöpftes Potenzial von PV-Dachanlagen endlich nutzen
Um Hotspotbildungen und Flächenkonkurrenzen zwischen Lebensmittelerzeugung und Energieerzeugung entgegenzuwirken, müssen PV-Anlagen jedoch immer vorrangig auf Dachflächen installiert werden. Eine Steigerung des Ausbaus auf Dächern und damit eine dezentrale Energiewende in Bürgerhand, muss angestrebt werden, z.B. über kommunale Zusammenschlüsse von Anlagen, die über die Gemeindewerke einspeisen.
Deshalb fordert der BBV eine Sonderinitiative für Dachanlagen in Bayern. Außerdem muss die PV-Nutzung auf Dächern bei größeren Neubauten und Modernisierungsvorhaben bundesweit zum Regelfall werden. Bei der Planung von Gewerbeneubauten sollte eine baurechtliche Verpflichtung bestehen, eine Statik vorzusehen, die die Installation von PV-Dachanlagen ermöglicht.
6. Ausweitung der Flächenkulisse für PV-Freiflächenanlagen in der Festvergütung
Um den Ausbau der Photovoltaik über dezentrale, standortangepasste und bei Bürgern und Landwirten akzeptierte Anlagen umzusetzen, fordert der BBV, PV-Freiflächenanlagen bis unter 750 kWp im Rahmen der Festvergütung auf allen bayerischen Flächen zu ermöglichen. Um die richtigen Anreize für Anlagen in Bauern- und Bürgerhand zu setzen, ist auch eine Streichung der Degression ab 8,5 Cent Vergütung erforderlich. Um unnötigen Druck auf den Flächenmarkt und Pachtkonkurrenzen möglichst zu vermeiden, ist es gleichzeitig wichtig und nötig, die im EEG enthaltenen Regelungen zu erhalten, die den Anlagenzubau pro Gemeinde innerhalb von 24 aufeinanderfolgenden Kalendermonaten begrenzen. Außerdem müssen großflächige PV-Freiflächenanlagen durch Großinvestoren oder Hedgefonds auf besten Ackerböden untersagt werden.
7. Vergütung bei negativem Börsenstrompreis nicht aussetzen
Laut Kabinettsentwurf würde bei negativem Börsenstrompreis bereits ab 1h statt wie bisher ab 6h die Einspeisevergütung entfallen. Dies ist für kleine PV-Anlagen ein enormes wirtschaftliches Problem. Es betrifft v.a. PV-Anlagen, die während der Mittagszeit einspeisen. Das Aussetzen der Vergütung bei negativem Börsenstrompreis muss unbedingt verhindert werden. Sonst werden sich viele Anlagenbesitzer gezwungen sehen, ihre Anlagen abzuschalten. Um stattdessen positive Anreize zu setzen und den Strommarkt zu entlasten, muss die Speichernutzung attraktiver gestaltet werden. Dies könnte z.B. über eine Umlagebefreiung erreicht werden.
8. Lockerung der EEG-Umlagepflichten für dezentrale Versorgungsmodelle im familiären und landwirtschaftlichen Bereich
Über die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (REDII) hat die EU erstmals einen Rechtsrahmen auf europäischer Ebene gesetzt, der die Rolle von individuellen und gemeinsam handelnden Eigenverbrauchern untermauert und fördert. Die Richtlinie enthält den Grundsatz, dass auf an Ort und Stelle verbrauchten Strom aus erneuerbaren Quellen keinerlei Abgaben, Umlagen oder Gebühren erhoben werden dürfen. Damit zeigt die EU ein klares Bekenntnis zur dezentralen Energiewende. Leider wurde dieses Signal im vorliegenden Kabinettsentwurf nur unzureichend aufgegriffen. Die EEG-Umlage soll für Anlagen zwischen 10 und 20 kW für max. 10 MWh selbst verbrauchten Strom/Jahr entfallen. Diese Regelung gilt aber nicht für Anlagen, die aus der 20 Jahre EEG-Förderung fallen. Gerade diese Anlagen sind besonders betroffen vom Ende der Vergütungszeit und müssen die Möglichkeit erhalten, auf privilegierten Eigenverbrauch umzusteigen, um ihre Anlagen zu erhalten. Um den Eigenverbrauch attraktiver zu gestalten, fordert der BBV eine Umlagebefreiung für EEG-Anlagen. Auch Anlagen, die nach den 20 Jahren aus der Vergütung fallen müssen bei Eigenverbrauch von der Umlage befreit sein. Die umlageprivilegierte Eigenversorgung muss sich dabei auch auf Verbraucher erstrecken, die sich an ein und demselben Netzverknüpfungspunkt befinden. Um den Eigenverbrauch weiter zu optimieren, sollte zudem eine Umlagebefreiung bei Speichernutzung in Kombination mit einer Anlage erfolgen.
9. Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Speichernutzung
Stromspeicher werden im künftigen Energiesystem eine Schlüsselrolle einnehmen, da sie die Schwankungen von Erzeugung und Verbrauch flexibel ausgleichen und damit zur gezielten Entlastung der Stromnetze sowie zur Stabilisierung des Gesamtsystems dienen. Durch eine vermehrte Speichernutzung können dezentrale ländliche Energiestrukturen gestärkt werden und ein Bau zusätzlicher Stromtrassen vermieden werden. Um jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und damit sowohl den Bau neuer Speicher als auch die Weiterentwicklung bestehender Anlagen zu fördern, ist es notwendig eine eigenständige energierechtliche Definition für Stromspeicher zu schaffen. Diese müssen dauerhaft von Abgaben und Umlagen befreit werden, damit Speicherbetreiber einen klaren wirtschaftlichen Anreiz erhalten.
10. Weiterbetrieb PV-Anlagen sicherstellen
Eine besondere Herausforderung stellt der Weiterbetrieb der PV-Anlagen dar, die ab 2021 aus der EEG-Vergütung fallen (Ü-20-PV-Anlagen). Diese Anlagen sind technisch weiter einsetzbar, stehen aber derzeit vor komplizierten bürokratischen und technischen Anpassungen. Damit ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb erfolgen kann und kein Abbau der Anlagen und damit ein Rückschritt der Energiewende droht, fordert der BBV bei der Einspeisung des Stroms eine Vergütung für Ü-20-PV-Anlagen von mindestens 5 Cent. Die alternative Direktvermarktung stellt unter den geltenden Rahmenbedingungen vor allem für kleine Anlagen keine wirtschaftliche Lösung dar, denn die dafür nötigen technischen Umrüstungen sind kompliziert und mit hohen Kosten verbunden. Eine Bezuschussung des Einbaus von neuen Zählern oder intelligenten Messsystemen für Anlagen bis 100 kWp ist daher dringend erforderlich, um die Umrüstung attraktiver zu gestalten.
11. Energetische Holznutzung im EEG weiter stärken und verschärfte Flexibilitätsanforderungen für Holzheizkraftwerke lockern
Die energetische Holznutzung ist mit zunehmenden Kalamitäten aufgrund des Klimawandels und des notwendigen Aufbaus klimastabiler Wälder unverzichtbar und weiter zu fördern. Eine wirtschaftlich erfolgreiche und zukunftsorientierte energetische Holznutzung im Kraft-Wärme-Bereich lässt sich nur über gute Konditionen im EEG realisieren. Mit dem Kabinettsentwurf wird die bereits bestehende Pflicht zur Flexibilisierung teilweise deutlich verschärft. Bei Anlagen zur Verbrennung fester Biomasse wird die Vergütung auf eine Bemessungsleistung begrenzt, die 65 Prozent der installierten Leistung entspricht. Für neu geplante sowie bestehende Holzheizkraftwerke ist ein solches Kriterium aus wirtschaftlicher Sicht kritisch zu sehen. Bestehende Holzheizkraftwerke können dies auch allein aus technischen Gründen kaum erfüllen. Eine signifikante Verschärfung der Pflicht zur Flexibilisierung gegenüber dem EEG 2017 schließt viele bestehende Holzheizkraftwerke von vorneherein von der Anschlussvergütung aus. Die Pflicht zur Flexibilisierung von Holzheizkraftwerken sollte deshalb für Bestandsanlagen bei 80 Prozent belassen und für Neuanlagen lediglich auf 75 Prozent begrenzen.