Molkerei Jäger
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Art. 148 GMO Milchlieferbeziehungen: Eine Einschätzung

Was steckt dahinter und wie ist die Position des BBV

04.04.2024 | Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat die Einführung des Artikels 148 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 (GMO) beschlossen. Der BBV erwartet aus vielerlei Sicht keinen sichtbaren Nutzen in der Umsetzung.

Der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) für Landwirtschaftliche Erzeugnisse beschreibt, dass Mitgliedstaaten regeln können, welche Bestandteile Verträge zwischen Milcherzeugern und Molkereien enthalten sollen. Hierbei können Regelungen zu Lieferbeziehung u.a. zu Preis-Mengen-Beziehung, Laufzeiten, Liefermodalitäten getroffen werden. Die ursprüngliche Absicht des Art. 148 GMO in der Europäischen Union ist es, dass Milch nicht per „Handschlag“ abgeliefert wird. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat nun die Einführung des Artikels 148 der Verordnung beschlossen und in einem Schreiben verkündet, dass die Umsetzung so stattfinden soll, dass „für 80 % der Milchmenge ein verbindlicher Preis vor Anlieferung angeboten werden muss“. Hierfür soll die Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Verordnung (AgrarOLkV) geändert werden. Lesen Sie dazu auch die Ausführungen des BMEL. Aktuell befindet sich der Verordnungsentwurf in der Ressortabstimmung. Im Anschluss startet die Länder- und Verbändeanhörung und zuletzt entscheidet der Bundesrat. Befürworter des Art. 148 erhoffen sich mehr Verbindlichkeit, faire festgelegte Milchpreise und ein Mengenmanagement.

Seit 2018 wurde das Thema Lieferbeziehung und die Position zum Art. 148 GMO mehrmals im BBV-Landesfachausschuss für Milch sowie weiterführend auf Ebene des Deutschen Bauernverbands, wie auch in der Sektorstrategie 2030 behandelt. An der BBV-Position aus 2018 „Keine staatliche Milchquotenregelung oder vergleichbare Mengenregulierung zu wollen, weil damit zusätzliche Kosten entstehen und keine preisstabilisierende Wirkung erzielt wird“ hat sich jedoch wiederholt nichts geändert. Gründe hierfür werden u.a. anderem darin gesehen,

  • dass die Milcherzeuger in Genossenschaften selbst Einfluss auf die Lieferbeziehungen besitzen,
  • dass auch bei MEGs in der Regel Verträge mit Preisen über mehrere Monate im Voraus bestehen
  • und zuletzt, dass die Wissenschaft (Gutachten des Thünen wie auch ife-Instituts) durch neue Regelungen für die Gestaltung der Verträge keine Verbesserung der Markteffizenz sieht. Durch die Einführung des Art. 148 würden keine höheren Milchpreise erwartet werden, sondern mit Sicherheitsabschlägen der Molkereien zurechnen sein. Dies, da Molkereien aufgrund der global bedingten Volatilitäten des Milchmarktes und potenziellen Milchmarktkrisen nicht über einen längeren Zeitraum genau vorhersagen können, welche Vermarktung sie letztendlich erzielen.

Hinweis: Dr. Hans-Jürgen Seufferlein (VMB) beleuchtet im Wochenblatt vom 5. April 2024 (Heft 14, Märkte und Preise) sowie auf der Webseite des VMB ausführlich die Marktgegebenheiten in Verbindung mit der geplanten Umsetzung des Art. 148 GMO.


Das sagt der BBV:

Auf Grundlage der Wissenschaft, Positionen der Marktakteure und der repräsentativen Mehrheit der Bauernverbände ist der Schritt des BMEL den Art. 148 umzusetzen nicht nachvollziehbar. Themen wie DüngeVO und das drohenden Aus der Anbindehaltung durch das geplante Tierschutzgesetz schweben über den Köpfen der Milcherzeuger wie ein Damoklesschwert. Ein staatlicher Eingriff zum Milch-Mengenmanagement, um die Position der Landwirte zu stärken, wirkt hier wie ein Nebenkriegsschauplatz und steht im Kontrast zum gemeinsamen Wunsch nach Bürokratieabbau.