Daniela Reuther und Andreas Miller Schlüssel
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10 Fragen zur Hofübergabe

Wie Sie die Hofübergabe richtig anpacken

17.05.2022 | Die Hofübergabe und die Klärung der Generationenfolge ist eine der wichtigsten Entscheidungen für den landwirtschaftlichen Betrieb und für die gesamte Familie. Mit der Hofübergabe werden die Weichen für die Zukunft aller Beteiligten neu gestellt. Was sollten die ersten Schritte sein?

Ein oft vernachlässigter aber zentraler Aspekt ist der zwischenmenschliche Bereich. Während der Übergeber sein Lebenswerk, das er von Vorgenerationen anvertraut bekommen hat, übergibt und dafür neben einer angemessenen Altersabsicherung zumeist auch „etwas“ Dank und Wertschätzung erwartet, möchte der Übernehmer die Existenz seiner eigenen Familie sichern. Für die weichenden Erben bedeutet die Übergabe zum Teil den „Verlust des Elternhauses“. Sie sehen oft „nur“ den Vermögenswert und erwarten daher eine entsprechende Abfindung. Umso wichtiger ist die rechtzeitige und vor allem offene und ehrliche Kommunikation unter allen Beteiligten. Leider zeigt die Erfahrung, dass je näher die Übergabe rückt, desto weniger wird miteinander gesprochen. Folgende 10 Fragen sollen helfen, die Hofübergabe frühzeitig und strukturiert anzugehen.
 

1.    Wie lange dauert eine Hofübergabe?
Die Übergabe eines Betriebes ist kein Stichtagsereignis, sondern ein Prozess. Um die Übergabe konkret anzugehen, empfehlen wir mindestens ein Jahr Vorlauf. Der Prozess mit ersten Vorüberlegungen und Vorabberatungen darf natürlich gerne auch schon etwas früher beginnen. Warum nicht erste Informationen bereits 3 bis 5 Jahre vor dem geplanten Übergabedatum einholen?

2.    Kann ich bereits vor Renteneintritt übergeben? Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Der Betrieb kann auch schon vor Renteneintritt übergeben werden. Bei Haupterwerbsbetrieben ist eine entsprechende, sozialversicherungsrechtliche Gestaltung nötig. Diese ist aber meist ohne größeren Aufwand umzusetzen. In manchen Fällen ist auch eine „schleichende Übergabe“ sinnvoll (Stichwort: GbR-Gründung). Eine GbR ist die einfachste Gesellschaftsform und kann ohne größeren Aufwand (auch ohne Notar) gegründet werden. Wann der richtige Zeitpunkt ist, hängt in erster Linie von persönlichen Faktoren wie Alter und Gesundheitszustand ab.

3.    Kann ich übergeben und trotzdem noch selbst den Betrieb bewirtschaften?
Ja, auch hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die der individuellen Beratung bedürfen. Beispielsweise kann eine entsprechende „Eltern-Kind-GbR“ gegründet werden oder der Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch oder Rückpacht übertragen werden.

4.    Wie kann ich Gerechtigkeit erreichen?
Wenn alle fair behandelt werden, besteht erfahrungsgemäß meist Gerechtigkeitsempfinden. Monetäre Gerechtigkeit ist bei einer Hofübergabe meist unmöglich. Mit allen ehrlich und fair umzugehen ist ein Muss für eine gelingende Übergabe. In gemeinsamen Gesprächen (ggf. auch Mediation) sollte ein Konsens zwischen den Beteiligten gefunden werden.

5.    Welchen Anspruch haben weichende Erben bei der Übergabe?
Rechtlich betrachtet, haben weichende Erben zum Zeitpunkt der Hofübergabe keinen Anspruch auf eine „Abfindung“. Weichende Erben haben jedoch das Pflichtteilsrecht, das auch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auf Vermögen vorsieht, das innerhalb einer 10-Jahres-Frist verschenkt wurde. Hierzu kann die Hofübergabe zählen, wenn diese zum Zeitpunkt des Ablebens des Übergebers nicht länger als 10 Jahre her ist. Wenn der Übergeber nicht innerhalb von 10 Jahre ab dem Zeitpunkt der Übergabe verstirbt, besteht – den übergebenen Hof betreffend – keinerlei Anspruch weichender Erben, selbst wenn diese bei der Übergabe keinen (objektbezogenen) Pflichtteilsverzicht erklärt haben.
Der Pflichtteilsverzicht ist kein Erbverzicht! Kinder, die einen Pflichtteilsverzicht erklärt haben, können – wenn die Eltern das wollen – nach wie vor Erben werden. Es ist empfehlenswert, die weichenden Erben im Zuge der Hofübergabe einen auf den übergebenen Hof bezogenen Pflichtteilsverzicht erklären zu lassen. Dieser Verzicht wird zumeist in Verbindung mit einer Abfindungszahlung geleistet. Jedoch handelt es sich dabei um kein Muss. Allerdings wäre mit dem Pflichtteilsverzicht sichergestellt, dass auf den Übernehmer auch im Falle des plötzlichen Versterbens (innerhalb von 10 Jahren ab Übergabe) des Übergebers keine unerwarteten Forderungen aufgrund von Pflichtteilsergänzungsansprüchen weichender Erben zukommen.

6.    Einzelne Familienmitglieder ziehen nicht mit – was kann ich tun? Wie gelingt eine „stressfreie“ Übergabe?
Zeit ist hierbei der entscheidende Faktor. Je weniger Zeit bis zur geplanten Übergabe verbleibt, desto weniger kann auf die einzelnen (familiären/persönlichen) Interessen und Bedürfnisse eingegangen werden. Binden Sie alle Beteiligten thematisch ein. Nehmen Sie gegebenenfalls unterstützende Spezialberatungen wie die präventive sozioökonomische Beratung und/oder Mediation in Anspruch. Dies trägt in den meisten Fällen zu deutlichen Verbesserungen im zwischenmenschlichen Bereich bei.

7.    Wie kann ich sicherstellen, dass nach der Übergabe eine bestimmte Zeit lang nichts verkauft werden darf?
Es gibt die Möglichkeit sogenannte Sicherungsvereinbarungen in den Übergabevertrag aufzunehmen. Hierzu gehören die Nachabfindungs- und Rückübertragungsklausel. Dabei sollte man jedoch äußerst vorsichtig vorgehen und die Folgen solcher Klauseln „zu Ende denken“. Diese Klauseln müssen detailliert festgelegt, bedingt und/oder befristet werden. Hierzu ist unbedingt individuelle Beratung nötig!

8.    Welche Austragsleistungen sollen vereinbart werden?
Mit der Übergabe des Betriebes wird zumeist das gesamte Grundvermögen, das bis dato eine enorme Existenzsicherung darstellte, übergeben. Damit auch in Zukunft die Existenz der Übergeber gesichert bleibt, sind einige Austragsleistungen unerlässlich. Dies sind insbesondere: Wohnungsrecht, Regelung der Nebenkosten (Gas, Wasser, Strom, Heizung, Müllabfuhr, Kaminkehrer, etc.), Taschengeld, Mitbenutzungsrecht, etc. Vorgenannte Leistungen werden zum sogenannten Leibgeding zusammengefasst und grundbuchlich abgesichert.
Die Austragsleistungen müssen individuell nach den persönlichen Bedürfnissen der Übergeber und der Leistungsfähigkeit des Betriebes ermittelt werden. Sie müssen für beide Seiten angemessen sein – es gibt dabei keine Pauschalwerte!

9.    Kann ich den Betrieb auf mehrere Kinder aufteilen oder etwas zurückbehalten?
Da der land- und forstwirtschaftliche Betrieb überwiegend steuerliches Betriebsvermögen darstellt, können Grundstücke nicht beliebig aufgeteilt werden. Es gibt aber Gestaltungsmöglichkeiten, die jedoch unbedingt individuell besprochen werden müssen, in ihrer Fülle aber für fast jeden Fall eine Lösung parat halten.

10.    Wo finde ich die nötige Beratung?
Hier sind die BBV-Geschäftsstellen mit ihren geschulten Generationenfolgeberatern, Juristen und Mediatoren ganz klar die erste Anlaufstelle. Bei der Klärung steuerlicher und versicherungsrechtlicher Aspekte, können die zuständigen Mitarbeiter/innen der BBV-Steuerberatung sowie der BBV-Service in die Beratung eingebunden werden.
Betriebswirtschaftliche Analysen bieten in der Regel die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Lesen Sie auch das Wochenblatt-Interview zur Hofübergabe!