Eine Bauernfamilie auf einem Traktor vor ihrem Bauernhof
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Position: Bäuerlicher Familienbetrieb

Eckpunkte zur Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Familienbetriebe

07.09.2015 | Der BBV feiert sein 70-jähriges Jubiläum. Heute hat der BBV rund 150.000 Mitglieder, über 90 Prozent der bäuerlichen Familienbetriebe in Bayern sind BBV-Mitglied. Getreu dem Leitbild „Miteinander für Sie und Ihren Erfolg – gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft“ setzt sich der BBV für seine Mitglieder ein.

Das von den Vereinten Nationen ausgerufene „Internationale Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe“ hat der BBV zum Anlass genommen, um sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, was einen bäuerlichen Familienbetrieb ausmacht. Es geht dabei nicht darum, eine starre Definition vorzulegen. Dafür ist die Vielfalt innerhalb der bayerischen Landwirtschaft schlicht zu groß. Vielmehr ging es bei diesem Diskussionsprozess darum, den Charakter eines Familienbetriebs und die Funktionen der Bauernfamilien für unsere Gesellschaft zu beschreiben. Auf den gefundenen Leitplanken fußt die Verbandsarbeit, welche die kontinuierliche Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe im Blick hat. Dabei ist klar, dass nicht alle der folgenden Eckpunkte in jedem Betrieb durchgängig und jederzeit erfüllt werden – aber gerade da können sie Orientierung bieten. Übergeordnetes Ziel des Bayerischen Bauernverbandes ist es, möglichst vielen selbstständigen Familienbetrieben eine Perspektive im und für den ländlichen Raum zu geben.

Aus Sicht des Bayerischen Bauernverbandes muss dabei die christliche Werteorientierung und die Nachhaltigkeit das Fundament für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern bilden. Diese beiden Grundsätze müssen dem Handeln und Wirtschaften eines jeden bäuerlichen Familienbetriebes zugrunde liegen. Diese Ausrichtung muss vor betrieblichen und unternehmerischen Zielen stehen, sie gibt Orientierung und Verlässlichkeit. Die Nachhaltigkeit fußt nach Überzeugung des Bayerischen Bauernverbandes auf drei gleichberechtigten Säulen: der Ökonomie, der Ökologie und dem Sozialen.

Ein bäuerlicher Familienbetrieb steht aus Sicht des Bayerischen Bauernverbandes für…

… Bereitschaft zur Weiterentwicklung
Die Vielfalt der Betriebe – in Unternehmensform, Erzeugungsausrichtung und Einkommenskombination – zeichnet die bayerische Landwirtschaft aus. Ein bäuerlicher Familienbetrieb ist gekennzeichnet durch eine an standortspezifischen und ökonomischen Gegebenheiten angepasste, flexible Arbeitsweise. Er nimmt freiwillig an speziellen Programmen zum Schutz von Umwelt, Natur und Tier teil. Veränderungen der Rahmenbedingungen – seien sie ökonomischer, standortspezifischer, arbeitstechnischer oder rechtlicher Art – können immer wieder Anpassungen des Betriebes erfordern.
Ein bäuerlicher Familienbetrieb handelt weder rein gewinnorientiert, noch dauerhaft auf Kosten der Substanz des Betriebes, der natürlichen Ressourcen oder der Gesundheit von Familienmitgliedern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

 

… gesellschaftliche Verantwortung
Ein bäuerlicher Familienbetrieb zeichnet sich durch die verantwortungsvolle Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energie aus. Gleichzeitig erhält er durch die nachhaltige Nutzung die Kulturlandschaft. Bäuerliche Familienbetriebe wie auch die von ihnen getragenen Kooperationen leisten einen Beitrag zur Wirtschaftskraft und bieten Arbeitsplätze im ländlichen Raum.
Zur gesellschaftlichen Verantwortung gehört auch, dass die Bauernfamilie und ihre Mitglieder Teil des Dorf- und Vereinslebens sind, sie Brauchtum und Tradition pflegen und ehrenamtlich aktiv sind. Um das notwendige Verständnis für das landwirtschaftliche Arbeiten zu schaffen, ist es einerseits wichtig, Rücksicht auf die Belange der Mitmenschen zu nehmen. Andererseits informieren Bäuerinnen und Bauern, sie suchen den Dialog und den Diskurs über ihre Arbeit auf den Feldern und im Stall. Dabei nehmen sie die veränderte Wahrnehmung der Landwirtschaft innerhalb der Gesellschaft ernst und setzen sich fachlich damit auseinander.
Nicht ins Bild des bäuerlichen Familienbetriebes passt ein rücksichtsloser Umgang mit Mitmenschen, Tieren und Natur, der dem Ruf der Landwirtschaft schadet und damit das Vertrauen in die gesamte „grüne Branche“ aufs Spiel setzt.

 

… Eigenverantwortung
Das Wesen eines bäuerlichen Familienbetriebs ist dadurch geprägt, dass der Betriebsleiter und die Bauernfamilie für die unternehmerischen Entscheidungen einstehen. Entscheidungen über Betriebsentwicklung oder zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Arbeitszeit und Freizeit werden eigenverantwortlich getroffen und müssen mit Blick auf die Verantwortung in und für die Familie getroffen werden. Für die Mitglieder der Bauernfamilie sind landwirtschaftliche Aus-, Fort- und Weiterbildung selbstverständlich. Innerhalb des Berufsstandes sind die Landwirte bemüht, ein gutes Miteinander zu wahren. Die Zusammenarbeit untereinander wie auch entlang der Wertschöpfungskette sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen. Bäuerliche Familienbetriebe sollten sich darüber bewusst sein, dass ihr tägliches Arbeiten immer auch Öffentlichkeitsarbeit ist und jeder Einzelne tagtäglich selbst das Bild der Landwirtschaft mitgestaltet.

 

… generationenübergreifendes Arbeiten
Bäuerliche Familienbetriebe denken und handeln in Generationen. Ziel ist es, den Betrieb an eine nachfolgende Generation weiterzugeben und die Hofnachfolge zu regeln. Dabei wird mit allen Produktionsfaktoren, beispielsweise dem Boden, sorgsam umgegangen. Die Vorbereitung des Generationenwechsels erfolgt bereits durch die Zusammenarbeit der Generationen auf dem Betrieb. Werte und Wissen werden von einer an die nächste Generation weitergegeben. Die „junge“ Generation steht in der Pflicht, auf die Leistungsfähigkeit der „alten“ Generation Rücksicht zu nehmen. Ebenso sollte die „alte“ Generation Innovationen gegenüber offen sein und Entscheidungen der „jungen“ Generation nach der Hofübergabe mittragen.

 

… selbstständige Unternehmensstruktur
Bäuerliche Familienbetriebe sind bei der Erzeugung von Lebensmitteln, erneuerbarer Energie und nachwachsenden Rohstoffen auf fruchtbaren Boden angewiesen. Gleichzeitig sind die Betriebe an die jeweiligen Flächen gebunden. Um die Kreislaufwirtschaft und die Nährstoffversorgung sicherzustellen, sind auch überbetriebliche Stoffkreisläufe möglich. Kooperationen einzugehen und Dienstleistungen von Dritten anzunehmen oder für Dritte zu leisten, ist für bäuerliche Familienbetriebe selbstverständlich – Voraussetzung ist allerdings, dass das eigenverantwortliche Handeln des einzelnen Betriebes dadurch nicht beeinträchtigt wird.
Betriebsformen jedoch, die zum Beispiel in der Hand von außerlandwirtschaftlichen Anlegern oder Kapitalgesellschaften liegen oder durch deren Betriebskonzept Bauernfamilien in vollumfängliche Abhängigkeit geraten, gehören nicht zu den bäuerlichen Familienbetrieben.
Auch wenn es keineswegs zwingend ist, dass alle Familienmitglieder in der Landwirtschaft tätig sind, so stellt der Wirtschafts- bzw. Hauptstandort für den bäuerlichen Familienbetrieb doch auch gleichzeitig den Lebensmittelpunkt dar.

 

… Eigentum
Ein bäuerlicher Familienbetrieb fördert, schützt und bewahrt breit gestreutes Eigentum und tritt rechtzeitig und aktiv dafür ein. Eigentum verpflichtet auch dazu, Eigentum zu bewahren und zu schützen – das gilt auch für das Eigentum Dritter.