Ansicht eines Dorfes im ländlichen Raum.
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Studie der Bischofskonferenz: Dialog mit Kirche nötig

Bauernverband zur Agrarstudie: Bäuerinnen und Bauern besser in die Diskussion einbinden

17.10.2024 | Eine im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erstellten Studie der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik mit dem Titel „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Perspektiven für die globale Landnutzung“ sorgt bei vielen Bäuerinnen und Bauern für großen Unmut. Der Grund: Die Studie anerkenne nicht die Leistungen einer nachhaltigen regionalen Landwirtschaft. In den vergangenen Tagen haben Vertreterinnen und Vertreter des Bayerischen Bauernverbands das Gespräch mit der katholischen Kirche gesucht. Am 22. Oktober lädt das Bistum Eichstätt zu einer Online-Veranstaltung mit Diskussion ein.
© EOM - Kiderle Landesbäuerin Singer bei Kardinal Marx
Kardinal Reinhard Marx und Landesbäuerin Christine Singer.

"Nehmen Sie uns bei diesen Themen in Zukunft besser mit"

Zu einem Antrittsbesuch ist die Landesbäuerin Christine Singer am 15. Oktober 2024 mit dem Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in München zusammengekommen. In ihrem Gedankenaustausch betonten die Landesbäuerin und der Kardinal die Verbundenheit von Landwirtschaft und Kirche.

Die Landesbäuerin machte gleich zu Beginn deutlich, dass ihr der Austausch mit der Kirche wichtig sei: „Mir ist es ein Anliegen, mit Ihnen über die Arbeit der Landfrauen zu sprechen, weil gerade die Frauen im BBV eine gute Zusammenarbeit mit der Kirche pflegen. Wir engagieren uns in der Kirche und suchen den Dialog“, so die Landesbäuerin. Als Beispiele nannte sie die Landfrauentage, die Maiandachten, die Roratemessen der Landfrauenchöre und die Erntedankfeste.

Kardinal Marx würdigte das vielfältige Engagement der Bauern und der Landfrauen in der Kirche: „Kirche und Landwirtschaft gehören zusammen“, so Kardinal Marx. Landesbäuerin Singer unterstrich, dass gerade die Bäuerinnen und Bauern auf die Schöpfung achteten und mit ihr wertschätzend umgingen.

In diesem Zusammenhang kam auch die Studie „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität“ der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik der Deutschen Bischofskonferenz zur Sprache. Landesbäuerin Singer machte deutlich, dass sie dieses Thema einbringe, weil viele Bäuerinnen und Bauern mit Verärgerung über die Kommunikation auf sie und den Verband zugekommen seien. Sie brachte den Wunsch zum Ausdruck, „uns bei diesen Themen in Zukunft besser mitzunehmen“. Kardinal Marx stellte heraus, dass es sich bei der Studie um den Text einer Sachverständigengruppe, nicht jedoch um eine Positionierung der deutschen Bischöfe handele. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in einem aktuellen Papier von der Studie distanziert: „Es handelt sich nicht um eine Verlautbarung der Deutschen Bischofskonferenz, sondern um den wissenschaftlichen Beitrag eines Expertengremiums, der zur Diskussion über ein globales Zukunftsthema einlädt.“ Kardinal Marx versicherte der Landesbäuerin die hohe kirchliche Wertschätzung für die Bäuerinnen und Bauern und für ihre Arbeit.

Die beiden Gesprächspartner würdigten die vielfältige Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Kirche, zum Beispiel im Bereich der Jugendarbeit der Katholischen Landjugendbewegung, im Bereich der bäuerlichen Familienberatung oder bei den Dorfhelferinnen. Landesbäuerin und Kardinal versicherten, dass diese Arbeit weitergeführt werden solle. „Der Kirche liegt die Zukunft der Landwirtschaft und der vielen kleinbäuerlichen Familienbetriebe in Bayern sehr am Herzen“, so Kardinal Marx. Konkrete Maßnahmen wie die Stärkung des Einsatzes von regionalen Lebensmitteln in kirchlichen Einrichtungen seien ein praktischer Ausdruck davon. Landesbäuerin und Kardinal ermutigten außerdem dazu, den Dialog zwischen Landwirtschaft und Kirche verstärkt auch vor Ort zu führen, um die Verbundenheit auf allen Ebenen zum Ausdruck zu bringen und zu stärken.

Fehlende Wertschätzung löst Kritik an der Studie aus

Auch im Arbeitskreis Kirche und Landwirtschaft haben sich unter anderem Vertreter der Kirche in Bayern, der Katholischen Landvolkbewegung, des Bayerischen Bauernverbands sowie der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern die Studie „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität“ diskutiert. 

BBV-Generalsekretär Carl von Butler hob hervor, dass die kritischen Reaktionen vieler Landwirte auch im Kontext der vielfältigen Belastungen und dem Gefühl fehlender Wertschätzung zu sehen seien. Der Vorsitzende der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern, Thomas Lang, betonte, dass die sozial-ökologischen Leistungen der Landwirte einkommenswirksam honoriert werden müssten und die Studie hierbei eine klare Linie zeige. Die regelmäßig wiederkehrende Diskussion über immer wieder neue Studien sei vor allem darin begründet, dass sich bei den zweifelsfrei großen anstehenden Herausforderungen im Bereich der Landwirtschaft politisch zu wenig bewege.

Als Gast des von der Freisinger Bischofskonferenz eingerichteten Arbeitskreises stellte der Vorsitzende der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik, Johannes Wallacher, Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik an der Hochschule für Philosophie München, Zielsetzung und zentrale Inhalte der Studie vor. Dabei griff er auch einige der öffentlich vorgebrachten Kritikpunkte auf. Wallacher betonte, dass der Text eine wissenschaftliche Studie sei, die ethisch begründete Anstöße für eine breite Debatte über ein zentrales gesellschaftliches Thema geben wolle. Mit ihr seien jedoch keine politischen Forderungen der Bischofskonferenz verbunden. Vor allem gehe es der Studie nicht darum, die Bauern in Bayern als Einzelne oder in ihrer Gesamtheit an den Pranger zu stellen, grundsätzliche Kritik an der kleinbäuerlichen Landwirtschaft zu üben oder sogar das Eigentum an Böden infrage zu stellen. Der Studie gehe es im Gegenteil darum, die vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft bewusst zu machen und zu würdigen. Sie wirbt dafür, die Herausforderungen der Agrarwende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen, für die Landwirte, Politik und Gesellschaft gemeinsam Verantwortung tragen.

Die Teilnehmer der Arbeitskreissitzung haben verabredet, den Dialog über die Studie und die Herausforderungen der Landwirtschaft fortzusetzen und gemeinsame Positionen in die öffentliche und politische Debatte hineinzutragen. 
Die vollständige Meldung zum Arbeitskreis Kirche und Landwirtschaft gibt es hier

© Jakob Schötz BBV-Vizepräsident Eibisch Bischof Regensburg
Ely Eibisch, Vizepräsident Bayerischer Bauernverband, Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, Claus Hochrein, Vorstand 'Landwirtschaft verbindet Bayern e.V.', Generalvikar Dr. Roland Batz.

„Kein Bauern-Bashing mehr!“

BBV-Vizepräsident Ely Eibisch und Claus Hochrein, Vorstand der „Landwirtschaft verbindet Bayern e. V.“, machten ebenfalls am 15. Oktober 2024 im Gespräch mit dem Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer deutlich, dass die pauschale Kritik der Studie viele Bäuerinnen und Bauern aufgebracht habe. „Wer unseren heimischen Landwirten unterstellt, sie würden nicht nachhaltig wirtschaften, der weiß nicht, dass in Bayern über Agrarumweltmaßnahmen zwei Drittel unserer Fläche bewirtschaftet werden“, sagte Eibisch.

Bischof Dr. Rudolf Voderholzer stellte unmissverständlich klar, dass es sich bei dem Diskussionspapier nicht um eine Veröffentlichung der Deutschen Bischofskonferenz handelt: „Die Studie vertritt nicht meine Position. Ich wehre mich gegen die darin enthaltenen undifferenzierten Darstellungen von konventioneller und biologischer Landwirtschaft. Schluss mit dem ‚Bauern-Bashing‘!“

Wie der Regensburger Diözesanbischof betonte, wurde die Studie von einer Expertengruppe ohne Kenntnis der Bischöfe veröffentlicht. Aus diesem Grund lehnt Bischof Voderholzer die Verantwortung dafür ab. Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um ein Positionspapier, über das man diskutieren kann, das aber in der vorliegenden Form nicht akzeptabel ist. Wichtiger wäre eine globale, nationale und regionale Differenzierung in Hinblick auf die Herausforderungen heutiger Landwirtschaft.

Wie Bischof Rudolf betont, sind ihm die Ängste und Nöte der Landwirte aus zahlreichen persönlichen Begegnungen bekannt und er nimmt diese sehr ernst. Die Bauern tragen nicht nur zur Ernährungssicherheit bei, sie übernehmen auch in den Pfarrgemeinden wichtige Aufgaben. Dafür dankt das Bistum den Landwirten ausdrücklich. Aus diesem Grund möchte das Bistum keinen Keil zwischen Kirche und Landwirtschaft treiben. Generalvikar Dr. Roland Batz betonte zum Abschluss des Gesprächs, dass das Freiwilligkeitsprinzip der Landbesitzer nicht angetastet wird und dieses Thema auch nicht zur Debatte steht.
Mehr zu dem Gespräch mit dem Regensburger Bischof gibt es hier

 

22. Oktober: Vorstellung und Diskussion der „Agrarstudie“ – Jetzt anmelden

Das Bistum Eichstätt veranstaltet am 22. Oktober von 19 bis 21 Uhr eine Online-Vorstellung mit Diskussion der sogenannten „Agrarstudie" der Deutschen Bischofskonferenz. Alle interessierten Bäuerinnen und Bauern sind dazu herzlich eingeladen.

Den Programmablauf gib es hier zum Download.

Anmeldeschluss: Montag, 21. Oktober 2024
Bitte melden Sie sich mit Ihrem Namen, Ihrer Anschrift und E-Mail-Adresse unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten an.

Kontakt / Anmeldung 
Stabsstelle Schöpfung, Klimaschutz und Umweltschutz
Luitpoldstraße 2 · 85072 Eichstätt
Telefon 08421 50-662Telefax 08421 50-9901-662
E-Mail umwelt@bistum-eichstaett.de 
 

Programmablauf Diskussion zur Agrarstudie