Grundwasserqualität in Deutschland
Vorletzter Platz in Europa?
Fakt ist: Deutschland hat nicht das zweitschlechteste Grundwasser in Europa.
Grundsätzlich sind EU-Vergleiche wegen der stark unterschiedlichen Datengrundlagen in den einzelnen Ländern äußerst schwierig und oft gar nicht möglich. Im Fall der Messnetze zur Umsetzung der Nitratrichtlinie liefern beispielsweise die meisten Mitgliedsstaaten ihre repräsentativen Landesmessnetze und nicht – wie in der Richtlinie eigentlich vorgegeben – die Messstellen mit landwirtschaftlichem Einfluss.
Die Mär von der europaweit zweitschlechtesten Grundwasserqualität entstand 2013, als die EU-Kommission einen solchen Vergleich von Äpfeln mit Birnen grafisch darstellte. Diesem Vergleich lag noch das alte deutsche Nitratmessnetz zugrunde, das lediglich aus bundesweit 162 langjährig gleichen Messstellen bestanden hatte (34 davon in Bayern). Deutschland hat für dieses sogenannte „Belastungsmessnetz“ gezielt stark belastete, landwirtschaftlich beeinflusste Messstellen ausgewählt, um den Erfolg gewässerschonender Landbewirtschaftung deutlich dokumentieren zu können. Hier wurden auch klare Fortschritte erzielt – im ersten Untersuchungszeitraum (1992-1994) lagen knapp 65 % der Messstellen über dem Nitratschwellenwert, im letzten nur noch rund 50 %. Im deutschen Nitratbericht 2012 wird ausdrücklich erwähnt, dass dieses Messnetz nicht dazu geeignet ist, eine allgemeine Gesamtübersicht über die Nitratbelastung im oberflächennahen Grundwasser zu geben.
Obwohl Deutschland im Nitratbericht zusätzlich auch repräsentative Messdaten des sogenannten EUA-Messnetzes geliefert hatte, wurden diese von der EU-Kommission nicht berücksichtigt. Die meisten anderen Länder hatten von Beginn an ihre Gesamtmessnetze gemeldet, damit ein wesentlich besseres Bild abgegeben und eigentlich EU-Vorgaben missachtet. Im Jahr 2016 hat Deutschland sein Nitratmessnetz völlig neu konzipiert. Es wurde ein „Teilmessnetz Landwirtschaft“ des ebenfalls überarbeiteten „EUA-Messnetzes“ (1200 Messstellen, 234 in Bayern) gebildet, das knapp 700 Messstellen (Bayern: 134) umfasst, die nach Angaben des Umweltbundesamtes repräsentativ den Einfluss der deutschen Landwirtschaft auf das Grundwasser abbilden. Die bisherigen Belastungsmessstellen wurden in das neue Messnetz integriert. Mit einer Dichte von 1,9 Messstellen je 1000 km² liegt dieses Messnetz allerdings immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 8 Messstellen je 1000 km², was eine direkte Vergleichbarkeit nach wie vor ausschließt.
Nach dem neuen deutschen Nitratmessnetz überschreiten im Zeitraum 2008-2011 nur noch 28 Prozent anstelle von knapp 50 Prozent der Messstellen den Nitrat-Schwellenwert von 50 mg/l. Beinahe 50 Prozent liegen unter 25 mg/l – gegenüber nur 8 Prozent im Belastungsmessnetz. Der Nitratbericht 2020 bescheinigt einen generellen leichten Abwärtstrend bei den Nitratwerten: Im Zeitraum 2016-2018 ist der Anteil der Messstellen über 50 mg/l auf 26,7 Prozent gesunken, obwohl die Auswirkungen der verschärften Düngeverordnungen 2017 und 2020 noch nicht messbar sind.
Wollte man einen EU-Vergleich anstellen, müsste man mindestens die Messwerte des repräsentativen deutschen EUA-Messnetzes heranziehen, bei dem im Zeitraum 2016-2018 rund 17 Prozent der Messstellen über 50 mg/l liegen – im bayerischen Teilnetz lediglich rund 6 Prozent. Auch dann ist aber noch zu berücksichtigen, dass keine europaweit einheitlichen Qualitätsstandards für Messstellen und Messmethoden existieren, sodass es eine wirkliche Vergleichbarkeit bis auf weiteres schlicht nicht geben wird.
Die Abbildungen der deutschen „Länderinitiative Kernindikatoren“ machen deutlich, wie unterschiedlich die Belastungssituation des Grundwassers (EUA-Messnetz) in den unterschiedlichen Bundesländern ist. Bayern zählt gemeinsam mit dem Saarland und Baden-Württemberg zu den besseren 25 % in Deutschland. Die Abbildung finden Sie hier.
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