Position: Flächenverbrauch in Bayern
Position der Kreisobmänner und Stellv. Kreisobmänner des BBV
Die multifunktionale, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft ist in Bayern eine entscheidende Grundlage dafür, dass die ländlichen Räume ein attraktiver Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum, kurzum eine lebenswerte Heimat ist. Die generationenübergreifende land- und forstwirtschaftliche Landbewirtschaftung hat die wertvolle und vielfältige Kulturlandschaft Bayerns hervorgebracht und sichert sie auch weiterhin. Basis dafür müssen aber der Vorrang der Kooperation vor hoheitlichen Maßnahmen und der Grundsatz „Schützen durch Nutzen“ als Leitlinie der Politik sein. Insgesamt machen in Bayern Landwirtschafts- und Waldfläche mehr als 80 Prozent der rund sieben Millionen Hektar Landesfläche aus, darunter über 1,4 Millionen Hektar als Privatwald von 700.000 privaten Waldbesitzern und etwa 3,1 Millionen Hektar Acker- und Grünland von rund 110.000 Bauernfamilien.
Pro Jahr werden in Bayern laut Bayerischem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz rund 4.800 Hektar an Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt, dies wären ca. 13 Hektar pro Tag. Insbesondere landwirtschaftliche Flächen gehen als heimische Anbauflächen für hochwertige Nahrungs- und Futtermittel verloren.
Quelle: Bayerische Agrarberichte und Landesamt für Statistik in Bayern
Heimat wahren
Vor diesem Hintergrund fordern die 140 Kreisobmänner und Stellv. Kreisobmänner des Bayerischen Bauernverbandes von der neuen Bundesregierung und von der Bayerischen Staatsregierung Initiativen und wirksame Maßnahmen zum Erhalt der heutigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen:
- Erhalt des aktuellen Umfangs an land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen
- Stopp dem Flächenfraß
- Wahrung von Grund und Boden der Waldbauern, der Landwirte und der Grundeigentümer.
Eigentum schützen
Wer Eigentum wahrt, handelt nachhaltig und sorgt für nachfolgende Generationen und trägt zum Gemeinwohl bei. Eigentum ist jedoch kein Allgemeingut. Bauernfamilien, Waldbauern und Grundstückseigentümer erwarten von der Politik ein klares Bekenntnis zum Eigentum. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem Erhalt land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen, der Energiewende (Netzausbau), den Maßnahmen zum Hochwasserschutz, der Ausweisung von Schutzgebieten, steuerlichen Themen wie Erbschaft- und Schenkungsteuer und bei der Diskussion zur Einführung einer Vermögenssteuer.
Erhalt des aktuellen Umfangs an land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen
Die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung sind gefordert, konsequent den Flächenverbrauch drastisch zu reduzieren und den aktuellen Umfang an Acker- und Grünland sowie an Forstflächen als land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen zu erhalten. Der Entzug land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen für Infrastrukturprojekte muss minimiert und es müssen Ersatzflächen auch im Bereich Landwirtschaft bereitgestellt werden, wie dies bereits für Waldflächen gesetzlich Pflicht ist. Bund und Länder sind daher gefordert, endlich Ernst zu machen mit Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen und ein gesetzliches Erhaltungsgebot auch für landwirtschaftliche Flächen zu schaffen.
Flächenschonende Entwicklung, aber kein Flächenfraß
Die Bayerische Staatsregierung muss insgesamt die Grundlagen und Umsetzungen bei den verschiedenen Ausgleichsregelungen wie zum Beispiel nach dem Baurecht oder dem nationalen und europäischen Naturschutzrecht im Kern überprüfen und reformieren. Die Herausnahme der Flächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung für Ausgleichsmaßnahmen ist weitestgehend Einhalt zu gebieten. Vorzugsweise sind im Vollzug alle alternativen Möglichkeiten zur Kompensation wie zum Beispiel nutzungsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) vor Ausweisung und Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen als Kompensationsflächen auszuschöpfen. Ersatzgelder für Eingriffe in das Landschaftsbild etwa durch Windräder und Leitungstrassen sind nur für die Entsiegelung von versiegelten Flächen zu verwenden. Im Bundesnaturschutzgesetz ist festzuschreiben, dass die Umsetzung der ökologischen Energiewende und notwendige Maßnahmen zum Hochwasserschutz keine Kompensationserfordernis nach sich zieht. Land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen sind bei allen Planungen und Umsetzungen von Infrastrukturprojekten weitestgehend zu schonen. Das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) ist in Bayern von der Politik strikt abzulehnen, da es für Grundeigentümer quasi wie eine Enteignung wirkt. Ferner muss der Innenentwicklung gegenüber der Außenentwicklung Vorrang eingeräumt werden, wobei dies zum Beispiel auch über die Führung von Baulückenkatastern und monetären Anreizen gestärkt werden sollte. Die Politik in Bayern muss ein Leerstandsmanagement auf den Weg bringen und auch die Entsiegelung von Infrastrukturbrachen muss viel stärker umgesetzt werden.
Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Bei der Planung und Umsetzung dürfen landwirtschaftliche Nutzflächen deshalb nicht als bloße Verfügungsmasse gesehen werden, sondern nötig sind flächenschonende Konzepte und die nötige Rücksicht auf agrarstrukturelle Belange. Um das zu erreichen, müssen Grundeigentümer und Bauern frühzeitig eingebunden werden. Vorrangig müssen beim Wohnungsbau alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu schonen. Das kann durch konsequente Innenentwicklung, Verdichtung, flächenschonendes Bauen, Verzicht auf Kompensationsflächen, Prüfung von Alternativstandorten gelingen. Ist auf diesem Wege keine Lösung zu finden, sollte die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen trotzdem auf ein Minimum reduziert werden. Außerdem sollten die betroffenen Grundeigentümer und Landwirte in diesem Fall eine Steuerbefreiung auf die Erlöse beim Grundstücksverkauf erhalten. Dazu muss vor allem eine Bandbreite an Möglichkeiten für steuervergünstigte Reinvestitionen erweitert werden, da die bisherigen Überlegungen hier allein für eine Steuerbefreiung bei der Schaffung von Wohnraum unzureichend sind.
Bauernland in Bauernhand
Die vielfältige Kulturlandschaft mit einer breiten Eigentumsstreuung bildet das Gesicht Bayerns und ist gesellschaftlicher Grundkonsens. Land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden müssen gegenüber außerlandwirtschaftlichen Investoren in Deutschland und Bayern deutlich besser geschützt werden. Dabei spielen Inhalt und Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes eine entscheidende Rolle. Den in der Region aktiv wirtschaftenden Landwirten ist auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt Vorrang einzuräumen. Instrumente hierzu sind v. a. das Grundstücksverkehrsgesetz und ein funktionierender Verwaltungsvollzug. Die Bayerische Staatsregierung ist gefordert, die vorhandenen Instrumentarien konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, dass der Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vorrangig Landwirten zugänglich gemacht wird und gleichzeitig ein Erwerbswettbewerb der Landwirte untereinander vermieden wird.
Bauernverband seit Jahren gegen übermäßigen Flächenverbrauch aktiv
Der Bauernverband setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen ein, da den Bauern kontinuierlich Bewirtschaftungsflächen entzogen werden. Der Verlust an landwirtschaftlichen Flächen seit 1960 liegt in Bayern gemäß den Bayerischen Agrarberichten und dem Landesamt für Statistik bei mehr als 840.000 Hektar. Dies entspricht in etwa dem heutigen Umfang an Acker- und Grünland von Unterfranken und Schwaben insgesamt. Ursache dafür sind vor allem Siedlungs- und Verkehrsinfrastrukturprojekte. Aber auch die Begleitflächen wie zum Beispiel Böschungen, Entwässerungsmaßnahmen und auch Ausgleichsflächen tragen dazu bei.
Bereits im Jahr 2011 veranlasste dieser massive Druck auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen den Bayerischen Bauernverband zum Start einer Unterschriftenaktion „Flächenverbrauch senken und landwirtschaftliche Nutzflächen schützen“, die in einer bundesweiten Aktion des Deutschen Bauernverbandes mit dem Ziel mündete, eine Petition beim Deutschen Bundestag zu erreichen. Im Februar 2012 waren für die Petition an den Deutschen Bundestag in Bayern ca. 70.000 Unterschriften und bundesweit über 210.000 Unterschriften zusammengekommen. Die Petition umfasste zugleich einen konkreten Vorschlag für eine Gesetzesinitiative, mit der die landwirtschaftlichen Flächen vor der Versiegelung geschützt werden – ohne die Entwicklung ländlicher Räume grundsätzlich in Frage zu stellen.
Die neue Bundesregierung muss dieses starke Signal der Petition von 210.000 Bürgern, Landwirten, Bäuerinnen und Grundeigentümern in der Legislaturperiode aufgreifen.