Position: Netzausbau nicht auf dem Rücken der Bauern!
Position der Delegierten der BBV-Landesversammlung zum Netzausbau
Beeinträchtigungen durch den Netzausbau dürfen nicht alleine den Grundeigentümern und Bewirtschaftern aufgebürdet werden. Dies fordert die Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes anlässlich ihrer Tagung am 2. und 3. Dezember 2016 in Herrsching.
Mit dem Netzausbau sind Eingriffe in das Grundeigentum sowie dessen Nutzung verbunden. Durch Maststandorte und Überspannungen entstehen den betroffenen Landnutzern massive Bewirtschaftungserschwernisse und Verkehrswertminderungen auf ihren Grundstücken! Nach massiven Widerständen gegen Freileitungen wurde für die HGÜ-Leitungen nun ein gesetzlicher Erdkabelvorrang eingeführt. Die Bedenken der Anwohner werden dabei auf dem Rücken der Bauern ausgeräumt. Im Vergleich zur Freileitung sind bei einer Erdverkabelung im Höchstspannungsbereich erhebliche Eingriffe in den Boden und seine Struktur zu erwarten und die Eingriffe in das Eigentum sowie die Nutzung noch gravierender.
Unter anderem durch die von einer Erdverkabelung ausgehende Erwärmung des Bodens ist mit erhöhten Verdunstungs- und Austrocknungsraten zu rechnen. Daraus ergeben sich nicht nur übergangsweise, sondern dauerhaft erhebliche Beeinträchtigungen auf landwirtschaftlichen Flächen. Eine forstwirtschaftliche Nutzung wird dauerhaft unmöglich, da die Trasse frei von Bäumen gehalten werden muss. Hinzu kommt ein weiterer enormer Flächenverbrauch für die Übergangsbauwerke zwischen Freileitung und Erdkabel. Der bisher zusätzlich fällige naturschutzrechtliche Ausgleich geht häufig ebenfalls zu Lasten der Nutzflächen.
Mit großer Verwunderung sehen die bayerischen Familienbetriebe, dass jahrelang Forderungen der Landnutzer nach einem fairen wirtschaftlichen Ausgleich mit dem Argument der Kosten abgelehnt wurden und nun auf die bisher wenig erforschte und sehr teure Erdverkabelung gesetzt wird.
Aus Sicht der BBV-Landesversammlung sind beim Netzausbau (Freileitungen und Erdleitungen) folgende K
- Auf land- und forstwirtschaftliche Flächen und Betriebsstrukturen ist bei der Planung der Trassenführungen Rücksicht zu nehmen. Sie sind möglichst zu verschonen. Grundstücks-eigentümer und Bewirtschafter müssen frühzeitig in die Planungen eingebunden und deren Belange vollumfänglich berücksichtigt werden. Insbesondere die Erdverkabelung darf nur mit Zustimmung der Grundstückseigentümer vorgenommen werden.
- Für die Baumaßnahmen ist die Erstellung eines umfassenden Bodenschutzkonzeptes mit Begleitung unabhängiger Sachverständiger nötig, unter deren fachlichen Leitung die Baumaßnahme durchzuführen ist (z. B. Baustopp bei schlechter Witterung, Baumatten, etc.). Dabei darf der Sachverständige nur im Einvernehmen mit der Land- und Forstwirtschaft beauftragt werden. Die Kosten sind vom Netzbetreiber zu übernehmen.
- Die Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes fordert klare Richtlinien in Hinblick auf die zu leistenden Entschädigungen für die Land- und Forstwirtschaft. Hierbei sind insbesondere folgende Schadenspositionen zu sehen:
- Entschädigung für die Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch,
- Entschädigung für Maststandorte und sonstige baulichen Anlagen,
- Entschädigung für die Verschlechterung des Bodenkörpers,
- Entschädigung für alle Flur- und Aufwuchsschäden,
- Entschädigung förderrechtlicher Nachteile,
- Entschädigung sonstiger Nachteile: zum Beispiel bei Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit digitaler Systeme bei der Bewirtschaftung der Fläche.
- Die in Ziffer 3 genannten Entschädigungspositionen im Rahmen des Enteignungsrechtes müssen durch eine wiederkehrende angemessene Vergütung für die dauerhafte Belastung und Mitbenutzung der Grundstücke ergänzt werden. Während der Staat den Netzbe-treibern dauerhaft attraktive Renditen und den Kommunen ohne Eigentumsbezug zusätzliche Zahlungen zusichert, werden die Eigentümer der Flächen bisher mit einer Einmalzahlung abgespeist. Der BBV favorisiert dabei eine sektorspezifische Lösung im Energiewirtschaftsgesetz, die den Eigentümern einen zusätzlichen Anspruch auf jährliche Vergütung für die Benutzung ihres Eigentums einräumt. Hierzu ist § 45a des Energiewirtschaftsgesetzes wie folgt zu ergänzen:
Zusätzlich zur Entschädigung bei der Bestellung von Dienstbarkeiten ist jährlich eine Vergütung zu zahlen, die mindestens einer Verzinsung des Grundstückswertes in Höhe von …… % zu entsprechen hat.
Dabei dürfen die Grundeigentümer nicht schlechter gestellt werden als Netzbetreiber oder Kommunen.
- Im Falle einer Kapitalisierung der Schäden, beispielsweise beim Ausgleich von Mast- und Anlagenstandorten, ist angesichts langer Niedrigzinsphasen eine Anpassung der Kapitalisierungsfaktoren zwingend erforderlich, um aktuelle Deckungslücken künftig zu vermeiden.
- Die Inanspruchnahme zusätzlicher Nutzflächen für ökologischen Ausgleich bei Projekten der Energiewende wird abgelehnt. Diese stellt an sich eine ökologische Maßnahme dar. Deshalb bedarf es keines naturschutzrechtlichen Ausgleichs.
- Trotz Netzausbau sind dezentrale regionale Initiativen zur Stromerzeugung und Speicherung weiter zu stärken. Durch die Vernetzung von vielen dezentralen Erneuerbaren-Energien-Anlagen erhöht sich einerseits die Eigenversorgungsquote und zugleich gibt es die Möglichkeit, durch flexible Fahrweise und durch netzoptimierten Einsatz von Energiespeichern das Stromnetz zu entlasten. Regionale Energiekonzepte müssen gestärkt werden und der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss durch die Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen vor allem im Bereich der Eigenversorgung und Stromvermarktung weiter vorangetrieben werden.