Aufbruchstimmung und klare Forderungen
#Zukunftsbauern diskutieren auf dem Deutschen Bauerntag
Neben der intensiven tagesaktuellen Verbandsarbeit zu gegenwärtigen Brennpunkten in der Politik und der globalen Herausforderung der Ernährungssicherung war die Zukunft der Landwirtschaft der inhaltliche Schwerpunkt, mit dem sich die Delegierten progressiv und ausführlich befassten. Damit ging vom Abschlusstag des Deutschen Bauerntags auch ein selbstbewusstes Signal des Aufbruchs aus.
Der Bauerntag stand unter dem Motto „#Zukunftsbauern“. Unter diesem Titel hatte der DBV gemeinsam mit Vertretern aller Landesbauernverbände seit Herbst letzten Jahres ein Zukunftsbild der deutschen Landwirtschaft entworfen, welches sie wieder stärker in die Mitte der Gesellschaft rückt und zugleich den Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive bietet. Mehr Wertschätzung und Wertschöpfung auf die Höfe zu bringen – darum geht es bei dem Projekt. Für Bayern hatte der stellvertretende Kreisobmann Gerhard Langreiter (BBV Mühldorf) mitgewirkt und er war es auch, der die Diskussion der „#Zukunftsbauern“ auf dem Bauerntag mit eröffnete.Der Bayerische Bauernverband hatte mit seinem Zukunftsprojekt Landwirtschaft 2040 bereits vorgelegt und in einem breit angelegten Diskussionsprozess zehn Thesen zur Zukunft der Landwirtschaft ausgearbeitet.
Bauerntage sind natürlich in erster Linie auch immer politische Plattformen. In seiner Grundsatzrede betonte DBV-Präsident Joachim Rukwied die Schlüsselrolle und die Leistungen der Landwirtschaft nach der sprichwörtlichen Zeitenwende durch den Krieg in der Ukraine. „Ohne die Landwirtschaft kann die mit dem Ukraine-Krieg ausgelöste Versorgungskrise in einigen Regionen der Welt nicht gelöst werden. Wir deutschen Bauern können, wollen und müssen unseren Beitrag dazu leisten, diese Krise zu überwinden“, betonte Rukwied. Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sei jetzt nicht nur eine strategische und politische Aufgabe für Deutschland und Europa, sondern stehe auch für die Landwirte selbst konkret im Mittelpunkt. Dafür müsse die Versorgung mit Stickstoffdünger gesichert und die gesamte Lebensmittelwirtschaft bei der Gasversorgung priorisiert werden. Gleichzeitig betonte Rukwied, dass es wichtig sei, bei den Themen Klimaschutz, Artenvielfalt und Tierwohl kooperativ und über finanziell ausreichende Anreize weiter voranzukommen. „Hier dürfen wir nicht bremsen.“ Besonders stellte er die prekäre Lage in der Schweinehaltung, vor allem der Ferkelerzeuger, heraus. „Unsere Tierhalter müssen jetzt zügig wissen, wie es weitergeht. Dafür brauchen wir eine stabile Finanzierung des Umbaus und gleichzeitig Änderungen im Bau- und Genehmigungsrecht.“
Für seine Grundsatzrede erntete Rukwied jede Menge Zustimmung. Vor allem das Thema Stilllegung, wie sie die Politik ab 2023 vorschreibt, bewegte die Bäuerinnen und Bauern. In der Aussprache mit den Delegierten regte Günther Felßner, Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes, eine Flexibilisierung der ab 2023 geplanten 4 %-Pflichtbrache an. Rukwied brachte dies neben anderen, aktuellen Anliegen später gegenüber Landwirtschaftsminister Cem Özdemir an. Dieser verwies jedoch auf die Entscheidungshoheit der EU. Es war die erste große Zusammenkunft des grünen Landwirtschaftsministers mit den Delegierten des Deutschen Bauernverbandes. Konkretes und Neues im Gepäck hatte Özdemir nichts – ausgenommen der Ankündigung einer nationalen Herkunftskennzeichnung, wenn Brüssel bis Ende des Jahres nichts vorlege. Es bleibe beim „Nein“ zur Kehrtwende in der Agrarpolitik. Am Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz müsse weitergearbeitet werden, wenngleich Regelungen nachjustiert werden können.
Und dennoch wird es nicht die politische Debatte sein, die den Delegierten beim Gedanken an den Deutschen Bauerntag in Lübeck im Gedächtnis bleiben wird, sondern die beherzte und erfrischende Diskussion der #Zukunftsbauern. „Veränderung ist eine Gemeinschaftsaufgabe für die Gesellschaft und damit auch für uns Landwirte“, betonte Bauernpräsident Rukwied zu Beginn des Bauerntages. Dies wurde durch die vielen, bestärkenden Wortbeiträge der Delegierten für ein gewandeltes Selbst- und Rollenverständnis der deutschen Landwirte vor allem als Gestalter und Problemlöser deutlich. Der Anfang ist getan.
Jünger und weiblicher
Die DBV-Mitgliederversammlung hat mit großer Mehrheit eine Satzungsänderung beschlossen, die den Weg für die Zuwahl einer Vizepräsidentin in den DBV-Vorstand freimacht. Nach Eintragung der Satzungsänderung soll die Vorsitzende des neu eingerichteten DBV-Fachausschusses „Unternehmerinnen“, Susanne Schulze Bockeloh, Mitglied des DBV-Vorstands und damit die erste Vize-Präsidentin des Deutschen Bauernverbandes werden.