EU-Agrarpolitik: "Ökologische Leistungen brauchen ökonomische Basis!"
Bauernpräsident Heidl zu wichtiger Entscheidung von Europaparlament und Agrarrat
Am Dienstagabend hat zunächst das Europaparlament über seine Position zur gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) für den Zeitraum 2021 bis 2027 für die entscheidenden Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem EU-Agrarrat abgestimmt. In der Nacht auf Mittwoch wurde unter der Leitung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner überraschend auch im EU-Agrarrat eine gemeinsame Position gefunden.
„Die künftige Agrarpolitik ist eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft der 100.000 Bauernhöfe in Bayern und allen 27 EU-Staaten“, sagt Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes. Es sei wichtig, dass nun sowohl das Europaparlament als auch der EU-Agrarrat ihre Positionen für die anstehenden sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Agrarrat festgelegt haben. „Wenn wir Landwirte ambitionierte Umwelt- und Klimaleistungen erbringen sollen, muss die GAP dafür die nötige wirtschaftliche Basis bereitstellen“, fordert Heidl. Nötig seien auch Vereinfachungen in der Verwaltung, bei Kontrollen und der gesamten Bürokratie.
Die Mehrheiten im Parlament und die gemeinsame Haltung der 27 EU-Agrarminister für neue, verlässliche Rahmenbedingungen seien ein erster wichtiger Schritt für die mehr als elf Millionen Bauern in ganz Europa. „Im Trilog muss das Ziel eine stabile ökonomische Unterstützung unserer nachhaltigen Landwirtschaft sein, damit wie Bäuerinnen und Bauern dauerhaft ökologische Leistungen erbringen können und eine soziale Balance zwischen Stadt und Land ermöglicht wird. Die Konditionalität und die geplanten Eco-Schemes müssen bereits auf EU-Ebene so ausgestaltet werden, dass bewährte Agrarumweltmaßnahmen in Bayern nicht beschädigt werden und beides für bäuerliche Betriebe praxistauglich umgesetzt werden kann“, sagt Heidl. Denn seit vielen Jahren erbringen Bayerns Landwirte auf jedem dritten Hektar in Freistaat freiwillig zusätzliche, besondere Umwelt- und Naturschutzleistungen, die über die zweite Säule der EU-Agrarpolitik und Landesmittel gefördert werden. „Andere Bundesländer und EU-Staaten haben in diesem Bereich zum Teil Nachholbedarf. Doch das darf nicht dazu führen, dass in Bayern bereits Erreichtes kaputtgemacht wird“, macht Heidl deutlich.
„Die Herausforderungen durch den Klimawandel und nicht zuletzt die Corona-Pandemie führen uns schmerzhaft vor Augen: Eine sichere Lebensmittelversorgung für die knapp 500 Millionen EU-Bürger ist auch im Jahr 2020 keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern ist systemrelevant und leistet einen immer wichtigeren Beitrag für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen“, sagt Heidl. „Damit die Bauernfamilien diese wichtigen Aufgaben auch künftig erfüllen können ist eine verlässliche Unterstützung von Landwirtschaft und ländlichem Raum durch die EU-Politik notwendig. Schließlich sind Land- und Forstwirtschaft beim Klimaschutz und dem Erreichen der Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen ein entscheidender Teil der Lösung.“
Durch den europäischen ‚Green Deal‘, die ‚Farm-to-Fork‘-Strategie und die EU-Handelspolitik müssten diese Potenziale gehoben und die hohen Umwelt-, Tierwohl- und Sozialstandard bei der Arbeit in Bayerns Ställen sowie auf unseren Feldern und Wiesen honoriert und geschützt werden. Das geplante Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten in Südamerika muss aus Sicht des Bayerischen Bauernverbandes deshalb verhindert werden.
EU-Agrarminister unterstützen ambitionierten Farm-to-Fork-Fahrplan
Anlässlich der Sitzung der EU-Agrarministerinnen und -Agrarminister wurde eine Ratsschlussfolgerung zu den Plänen der EU-Kommission zur Farm-to-Fork-Strategie (F2F) abgeschlossen. Damit erzielte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner eine wichtige Absicht während der deutschen Ratspräsidentschaft. Die Ministerinnen und Minister betonten in der Ratsschlussfolgerung, dass für ein nachhaltiges Ernährungssystem die gesamte Kette vom Landwirt zum Verbraucher betrachtet werden müsse. Dabei dürfen Wechselwirkungen und Zielkonflikte aber nicht vergessen werden.
Auch muss weiterhin die europäische Land- und Ernährungswirtschaft wettbewerbsfähig bleiben. Ambitionierte Anforderungen müssen mit Förderungen begleitet werden. Im Zentrum steht dabei, dass Primärerzeuger (Landwirte) ein gerechtes Einkommen erwirtschaften können. Weiterhin befassten sich die Ministerinnen und Minister auch mit dem gesamten Ernährungssystem und betonten, dass die Kennzeichnung von Lebensmitteln sowie die Ernährungsbildung eine wichtige Rolle bei der Erreichung der F2F-Ziele einnehmen werden. Bevor die Pläne der Kommission in den einzelnen Bereichen konkretisiert werden, stehen zunächst noch Folgenabschätzungen an.
Aus Sicht des Bauernverbandes ist es zu begrüßen, dass bei den gestiegenen Ansprüchen an die Landwirte, auch aus Sicht der Ministerinnen und Minister, die Wettbewerbsfähigkeit und gesicherte Einkommen zur nachhaltigen Weiterentwicklung dazu gehören.