EU-Agrarreform: „Werkzeugkasten für bäuerliche Familien nötig!“
Bauernpräsident fordert Nachbesserungen im Sinne der bayerischen Bauernfamilien
Demnach will Hogan die Zwei-Säulen-Struktur beibehalten, zudem hat er den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum bei der Umsetzung in Aussicht gestellt. Diese zusätzlichen Spielräume für die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sieht der Bauernverband kritisch. „Um Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der bayerischen Bauern auszuschließen, muss die EU-Kommission an einheitlichen Regeln im Bereich der ersten Säule festhalten statt einer Renationalisierung Vorschub zu leisten“, sagt Bauernpräsident Walter Heidl. „Für eine erfolgreiche Zukunft der GAP sind ein starker gemeinsamer Kern und ausreichende Finanzmittel nötig. Auch und gerade wegen des Brexit müssen sich die Staats- und Regierungschefs klar dazu bekennen.“
Die Vorschläge der EU-Kommission, wonach künftig nur noch Landwirte Direktzahlungen erhalten könnten, die ihr Einkommen überwiegend durch Ackerbau und Viehhaltung erwirtschaften, lehnt der Bauernverband kategorisch ab. „Nebenerwerbsbetriebe, Betriebe mit ‚Urlaub auf dem Bauernhof‘ oder Einkommen aus Energieerzeugung oder anderen Dienstleistungen dürfen keinesfalls ausgeschlossen werden!“, sagt Heidl. Mehr als die Hälfte der bayerischen Bauernhöfe werden im Nebenerwerb bewirtschaftet und zwei Drittel der Landwirte haben sich ein zusätzliches Standbein geschaffen. „Es geht um die Vielfalt der Land- und Forstwirtschaft in Bayern!“, sagt Heidl. „Hogan muss deshalb sicherstellen, dass diese Betriebe auch künftig Direktzahlungen erhalten.“
Zudem setzt sich Heidl für Vereinfachungen bei der GAP ein. Bereits bei den zurückliegenden Reformen waren immer wieder Vereinfachungen angekündigt worden. „Doch stattdessen sind am Ende immer neue Regelungen, Kontrollen und Dokumentationspflichten auf uns Bauern zugekommen“, sagt Heidl und fordert endlich spürbare Entlastungen.
Aus Sicht des Bayerischen Bauernverbandes müssen zudem Familienbetriebe innerhalb der Zwei-Säulen-Struktur gestärkt werden. „Wenn es Hogan ernst meint mit der angekündigten Stärkung der bäuerlichen Betriebe, dann ist ein Werkzeugkasten an Maßnahmen nötig, der weiterhin eine differenzierte Förderung ermöglicht“, sagt Heidl. Der Bauernverband schlägt deshalb vor, dass die EU-Kommission den Zuschlag auf die ersten Hektare bei den Direktzahlungen ausbaut und auf andere Gestaltungsvorschläge verzichtet. „Auf diesem Weg können die bayerischen Familienbetriebe im Voll-, Zu- und Nebenerwerb besser unterstützt werden“, sagt Heidl.
Berücksichtigt werden muss dabei allerdings, dass bayerische Betriebe zwar im Bundesvergleich zu den kleinsten gehören, aber über dem europäischen Durchschnitt liegen. In der EU wirtschaften rund 70 Prozent der Betriebe mit fünf Hektar und weniger. Damit zählen bereits kleine bayerische Betriebe ab 15 Hektar Acker- und Grünland zu den 20 Prozent der größten Betriebe in Europa. „In der Diskussion um die Verteilung der Direktzahlungen müssen die sehr unterschiedlichen Strukturen in Europa berücksichtigt werden“, fordert Heidl deshalb. Das gelte angesichts der Unterschiede bei Kaufkraft und Lebenshaltung auch bei der Höhe der Direktzahlungen.