Position: Heimat wahren – Felder, Wiesen und Wälder erhalten!
BBV-Präsidium zu zukunftsfähiger Flächen-, Boden- und Siedlungspolitik in Bayern
Die generationenübergreifende land- und forstwirtschaftliche Landbewirtschaftung hat die wertvolle und vielfältige Kulturlandschaft Bayerns hervorgebracht und sichert sie auch weiterhin. Basis dafür müssen aber der Vorrang der Kooperation vor hoheitlichen Maßnahmen und der Grundsatz „Schützen durch Nützen“ als Leitlinie der Politik sein. Insgesamt machen in Bayern Landwirtschafts- und Waldfläche mehr als 80 Prozent der rund sieben Millionen Hektar Landesfläche aus, darunter über 1,4 Millionen Hektar als Privatwald von 700.000 privaten Waldbesitzern und etwa 3,1 Millionen Hektar Acker- und Grünland von rund 110.000 Bauernfamilien.
Seit 1960 wurden der bayerischen Landwirtschaft mehr als 840.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen entzogen, vor allem über Siedlungs- und Verkehrsprojekte sowie den damit verbundenen Begleitflächen wie zum Beispiel Böschungen, Entwässerungsmaßnahmen und auch Ausgleichsflächen. Dies entspricht den heute bewirtschafteten Acker- und Grünlandflächen in den Regierungsbezirken Schwaben und Unterfranken. In diesem Umfang sind landwirtschaftliche Flächen als heimische Anbauflächen für hochwertige Nahrungs- und Futtermittel verloren gegangen und auch als Lebensräume für Insekten, Bienen, Vögel und Pflanzen.
Heimat wahren – Felder, Wiesen und Wälder erhalten!
Vor diesem Hintergrund fordern die Mitglieder des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes von der Bayerischen Staatsregierung und vom Bayerischen Landtag Initiativen und wirksame Maßnahmen zum Erhalt der heutigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen:
- Erhalt des aktuellen Umfangs an land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen
- Stopp dem Flächenfraß
- Wahrung von Grund und Boden der Waldbauern, der Landwirte und der Grundeigentümer
- Schützen durch Nützen.
Erhalt des aktuellen Umfangs an land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen
Der Entzug land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen für Infrastrukturprojekte muss minimiert und es müssen Ersatzflächen auch im Bereich Landwirtschaft bereitgestellt werden, wie dies bereits für Waldflächen gesetzlich Pflicht ist. Bund und Länder sind daher gefordert, endlich ernst zu machen mit Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen und ein gesetzliches Erhaltungsgebot auch für landwirtschaftliche Flächen zu schaffen.
Flächenschonende Entwicklung, aber kein Flächenfraß
Die Bayerische Staatsregierung muss insgesamt die Grundlagen und Umsetzungen bei den verschiedenen Ausgleichsregelungen wie zum Beispiel nach dem Baurecht oder dem nationalen und europäischen Naturschutzrecht im Kern überprüfen und reformieren. Die Herausnahme der Flächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung für Ausgleichsmaßnahmen ist weitestgehend Einhalt zu gebieten. Vorzugsweise sind im Vollzug alle alternativen Möglichkeiten zur Kompensation wie zum Beispiel ökologische Aufwertung von Eh-da-Flächen, nutzungsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PiK und rotierende PiK) und vorhandene Ökopunkte vor Ausweisung und Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen als Kompensationsflächen auszuschöpfen. Ersatzgelder für Eingriffe in das Landschaftsbild etwa durch Windräder und Leitungstrassen sind nur für die Entsiegelung von versiegelten Flächen zu verwenden. Ebenso sollten Ersatzgelder auch für die Aufwertung von bestehenden Flächen – auch Kompensationsflächen – über die Finanzierung von nachhaltigen Pflegemaßnahmen verwendet werden. Im Bundesnaturschutzgesetz ist festzuschreiben, dass die Umsetzung der ökologischen Energiewende und notwendige Maßnahmen zum Hochwasserschutz keine Kompensationserfordernis nach sich zieht. Land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen sind bei allen Planungen und Umsetzungen von Infrastrukturprojekten weitestgehend zu schonen. Das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) ist in Bayern von der Politik strikt abzulehnen, da es für Grundeigentümer quasi wie eine Enteignung wirkt. Ferner muss der Innenentwicklung gegenüber der Außenentwicklung Vorrang eingeräumt werden, wobei dies zum Beispiel auch über die Führung von Baulückenkatastern und monetären Anreizen gestärkt werden sollte. Die Politik in Bayern muss ein Leerstandsmanagement auf den Weg bringen und auch die Entsiegelung von Infrastrukturbrachen muss viel stärker umgesetzt werden.
Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Bei der Planung und Umsetzung dürfen landwirtschaftliche Nutzflächen deshalb nicht als bloße Verfügungsmasse gesehen werden, sondern nötig sind flächenschonende Konzepte und die Rücksicht auf agrarstrukturelle Belange. Um das zu erreichen, müssen Grundeigentümer und Bauern frühzeitig eingebunden werden. Vorrangig müssen beim Wohnungsbau alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu schonen. Das kann durch konsequente Innenentwicklung, Verdichtung, flächenschonendes Bauen, Verzicht auf Kompensationsflächen sowie Prüfung von Alternativstandorten gelingen. Ist auf diesem Wege keine Lösung zu finden, sollte die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen trotzdem auf ein Minimum reduziert werden.
Bauernland in Bauernhand
Die vielfältige Kulturlandschaft mit einer breiten Eigentumsstreuung bildet das Gesicht Bayerns und ist gesellschaftlicher Grundkonsens. Land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden müssen gegenüber außerlandwirtschaftlichen Investoren in Deutschland und Bayern deutlich besser geschützt werden. Dabei spielen Inhalt und Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes eine entscheidende Rolle. Den in der Region aktiv wirtschaftenden Landwirten ist auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt Vorrang einzuräumen. Instrumente hierzu sind v. a. das Grundstücksverkehrsgesetz und ein funktionierender Verwaltungsvollzug. Die Bayerische Staatsregierung ist gefordert, die vorhandenen Instrumentarien konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, dass der Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vorrangig Landwirten zugänglich gemacht wird und gleichzeitig ein Erwerbswettbewerb der Landwirte untereinander vermieden wird.
Bauernverband seit Jahren gegen übermäßigen Flächenverbrauch aktiv
Der Bauernverband setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen ein. Bereits im Jahr 2011 veranlasste der kontinuierliche Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen den Bayerischen Bauernverband zum Start einer Unterschriftenaktion „Flächenverbrauch senken und landwirtschaftliche Nutzflächen schützen“. Diese mündete in einer bundesweiten Aktion des Deutschen Bauernverbandes mit dem Ziel, eine Petition beim Deutschen Bundestag zu erreichen. Im Februar 2012 waren für die Petition an den Deutschen Bundestag in Bayern ca. 70.000 Unterschriften und bundesweit über 210.000 Unterschriften zusammengekommen. Die Petition umfasste zugleich einen konkreten Vorschlag für eine Gesetzesinitiative, mit der die landwirtschaftlichen Flächen vor der Versiegelung geschützt werden – ohne die Entwicklung ländlicher Räume grundsätzlich in Frage zu stellen.
Die neue Bundesregierung muss dieses starke Signal der Petition von 210.000 Bürgern, Landwirten, Bäuerinnen und Grundeigentümern in der Legislaturperiode aufgreifen.