5 Jahre Volksbegehren „Rettet die Bienen“: Vereinfachungen für die Landwirtschaft sind überfällig!
Nach wie vor sind Bäuerinnen und Bauern absolut einseitig zusätzlich mit Auflagen belastet
Zentrale Bemessungspunkte zum Volksbegehren „Rettet die Bienen“ sind für den Berufstand nach wie vor auch:
- Dialog
- Fairness
- Respekt
- Partnerschaft
- Kooperation
- Freiwilligkeit
Seitens der Bauernfamilien, Waldbesitzer und Grundeigentümer muss auch fünf Jahre später herausgestellt werden, dass nach wie vor das Volksbegehren der Initiatoren und auch die Umsetzung des Volksbegehrens durch die Bayerische Staatsregierung einseitig zusätzliche Auflagen für die Land- und Forstwirtschaft nach sich gezogen hat. Zeitgleich fehlt dem Berufstand bislang die Unterstützung aus der Gesellschaft sowie aus den Verbänden und Organisationen, die das Volksbegehren unterstützt haben, bei der Erreichung der eingeforderten Ziele, insbesondere: mehr Regionalität in Gemeinschaftsverpflegung bzw. Außer-Haus-Verpflegung, Unterstützung von Angeboten für Blühpatenschaften und mehr Nachfrage nach regional-ökologisch erzeugten Lebensmitteln, deren Ausbau ein wesentlicher Bestandteil des Volksbegehrens war.
Ausdrücklich zu beachten ist, dass gerade das Vorgehen der Initiatoren des Volksbegehrens in der damaligen Eintragungszeit bis heute leider bei vielen Bäuerinnen und Bauern eine Verletztheit bezüglich Respekt und Wertschätzung gegenüber Gesellschaft hinterlassen hat, weil sie sich in in der Öffentlichkeit alleinverantwortlich für die Situation der Artenvielfalt an den Pranger gestellt sahen. Die bisher freiwillig erbrachten Leistungen und auch ihr verantwortungsvolles Alltagshandeln auf den Bauernhöfen wurden damals quasi nicht berücksichtigt. Seitens der bayerischen Politik gilt es nach wie vor, ernsthaft und ehrlich das damals erheblich beeinträchtigte Vertrauen und eine angemessene Wertschätzung bei den Bäuerinnen und Bauern wiederaufzubauen.
Der Grundsatz „Natur- und Umweltschutz geht alle an!“ ist bis heute seitens der Politik anlässlich der Umsetzung des Volksbegehrens viel zu wenig vorangebracht worden.
Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Volksbegehren ist es dünn, was dessen Ausfluss außerhalb der Land- und Forstwirtschaft anbelangt: Regelungen zu Himmelsstrahler im Außenbereich, Einschränkungen bei Beleuchtungsanlagen, Regelungen zu Alleen.
Die bisherige, einseitige Umsetzung zu Lasten der Landwirte muss in Richtung Kooperation und Praxistauglichkeit deutlich nachgebessert werden: Verbote im Rahmen der Grünlandnutzung (Umbruchverbot von Dauergrünland; Mahd von außen nach innen; Walzverbot nach 15. März; 10 Prozent Schnittzeitpunkt nach 15. Juni; Einschränkungen beim bedarfsweisen Pflanzenschutz), Verbot der acker- und gartenbaulichen Nutzung von Gewässerrandstreifen entlang natürlicher oder naturnaher Bereiche von Gewässern.
Kooperation, Partnerschaft und Freiwilligkeit – Grundlagen des Mitnehmens und Mitmachens
Herausforderungen wie Ernährungssicherung, Sicherheit, Klimaschutz, Energiewende, Artenschutz, Wasser, Digitalisierung, demographischer Wandel, Migration usw. beschäftigen die Menschen in Bayern, Europa und global. Bereits vor zwei Jahren haben wir uns im Bayerischen Bauernverband mit Fragen zur Zukunft befasst und nach einem mehrmonatigen internen und externen Dialogprozess ein Thesenpapier als Ergebnis erzielt, wir weiterhin Verantwortung übernehmen wollen: https://www.bayerischerbauernverband.de/Landwirtschaft-2040
Bei gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen sind Land- und Forstwirtschaft Teil der Lösung.
Die bayerische Landwirtschaft soll
- hochwertige Nahrungsmittel zur Ernährungssicherung erzeugen,
- zur Erzeugung von erneuerbarer Energie beitragen,
- Schaffung einer Bioökonomie, die weg von fossilen Rohstoffen kommt und durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt – Stichwort: grüne Kohlenstoffwirtschaft
- zum Ressourcenschutz und zur Biodiversität beitragen.
Und diesen vier Zielen gilt es stets gleichzeitig und mit differenzierter Gewichtung auf jeder Landwirtschaftsfläche nachzukommen. Für die Zukunft von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat muss die Bioökonomie gemeinsame Orientierungsgrundlage sein.
Der Bauernverband nimmt den Natur- und Umweltschutz sehr ernst. Wir haben als Berufsstand selbst größtes Interesse an Artenvielfalt, Ressourcenschutz und Sicherung der Naturkreisläufe. Immerhin sind die Land- und Forstwirtschaft besonders auf stabile Ökosysteme angewiesen, da sie in und mit der Natur zu wirtschaften haben. Basis für das Miteinander von Landbewirtschaftung mit Umwelt- und Naturschutz müssen valide und fundiert erhobene, repräsentative Analysen über alle relevanten Einflussfaktoren und Wirkungszusammenhänge sein. Dies muss sachorientiert und ausgewogen angegangen werden. Die Betrachtungen zur Landwirtschaft sind vor allem auch von landwirtschaftskundigen Forschungseinrichtungen vorzunehmen und dann in Gesamtbetrach-tungen einzubeziehen. Dort wo Schwachstellen unter Mithilfe der Landwirtschaft mit leistbaren Maßnahmen bearbeitet werden können, bringen wir uns konstruktiv ein.
Laut bayerischem Umweltministerium leben etwa 62.000 Arten in Bayern. Von den Tier- und Pflanzenarten Deutschlands kommen rund 80 Prozent im Freistaat vor. Bayern ist somit im deutschlandweiten Vergleich relativ artenreich. Von den Tieren, Pflanzen und Pilzen, die für die Rote Liste der in Bayern gefährdeten Arten untersucht wurden, sind laut Artenschutzbericht über 40 Prozent bedroht. 5,7 Prozent seiner Tierarten und 3,5 Prozent seiner Pflanzenarten hat Bayern bereits verloren. Alarmierend ist demnach der Rückzug vieler ehemals häufiger Arten aus weiten Landesteilen, wo die Auslöser in der Regel vielschichtig und komplex sind und die Hintergründe weiteren Forschungsbedarf haben. Eine österreichische Studie aus dem Jahr 2023 zu Veränderungen der Insektenpopulationen Österreichs innerhalb der letzten 30 Jahre zeigt diese Sachlage ebenso auf.
Die bayerische Arten- und Biotopvielfalt ist in den letzten Jahrhunderten maßgeblich durch die Bewirtschaftung entstanden. Rund 80 Prozent der Fläche Bayerns sind land- und forstwirtschaftlich genutzt. Land- und Forstwirte haben auch noch heute mit ihrer Arbeit in der Natur unmittelbaren Einfluss auf die Artenvielfalt und sind entscheidende Partner, wenn es um die Kulturlandschaft und deren Biodiversität geht. Nichts desto trotz darf bei der Diskussion um einen Rückgang der Artenvielfalt nicht einseitig die Land- und Forstwirtschaft im Fokus stehen. Die Ursachen und Wirkungszusammenhänge sind vielschichtig und in ihrer Komplexität zu betrachten.
Bereits jeder dritte Hektar wird in Bayern nach den Standards von KULAP oder VNP bewirtschaftet. Jeder zweite Betrieb nimmt an mindestens einer Maßnahme teil. Das Interesse der Landwirte sich über Agrarumweltprogramme (KULAP und VNP) zu engagieren ist hoch und steigend:
- Dies belegt allein die Zunahme der VNP-Flächen auf rund 164.000 Hektar Vertragsfläche in 2024, womit sich 29.000 Landwirtschaftsbetriebe in Bayern hier engagieren.
- Die Flächen mit besonderen, freiwilligen Naturschutzleistungen haben sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt haben.
- Auch das KULAP wird nach wie vor hervorragend angenommen.
Eine Auswertung der Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung als Evaluierungsgruppe von KULAP hat bereits in der Förderperiode 2007 bis 2013 dem KULAP eine hohe Wirksamkeit für die Biodiversität bestätigt. Demnach haben 60 Prozent der durchgeführten Maßnahmen eine hohe naturschutzfachliche Wertigkeit. Zur Förderung der Biodiversität wurden insgesamt 14 Maß-nahmen auf mehr als 784.000 Hektar umgesetzt. Untersuchungen der Landesanstalt für Landwirtschaft, wonach auf Flächen mit Agrarumweltmaßnahmen bis zu 33 verschiedene Arten gefunden wurden – im Vergleich dazu Flächen ohne Maßnahmen 16 verschiedene Arten - bestätigen die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft erfolgt bedarfsorientiert. Im aktuellen Jahr 2024 hat das bayerische Landwirtschaftsministerium einen Bericht mit Daten von 2014 bis 2022 zum Pflanzenschutz in den Kulturen Mais, Winterweizen, Winter- und Sommergerste, Winterraps, Zuckerrüben, Kartoffeln, Äpfel, Weinreben sowie Hopfen veröffentlicht. Fakten des bedarfsorientierten Pflanzenschutzes im Sinne des integrierten Landbaus sind in der bayerischen Landwirtschaft:
- Menge der eingesetzten Wirkstoffe ist von 2018 bis 2022 um knapp 19 Prozent gesunken.
- Bezüglich der Risikoeinordnung der eingesetzten Wirkstoffe ist festzuhalten, dass im Sinne des Modells des Harmonisierten Risikoindikators (HRI 1) im Jahr 2021 diese Einordnung um 51 Prozent niedriger lag als im fünfjährigen Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018.
Mehr Waren aus biologischer und regionaler Erzeugung in Gemeinschaftsverpflegungen
Wir haben im Bereich der regionalen Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung (GV) eine „Henne-Ei-Thematik“: Die Küchenverantwortlichen melden zurück, für Gemeinschaftsverpflegungen geeignete regionale Produkte nicht erhältlich seien, und die Großhändler sagen, die Nachfrage danach fehle. In der Tat sind insbesondere Produkte mit dem staatlichen Qualitäts- und Herkunftssiegel „Geprüfte Qualität Bayern“ bei den gängigen Gastro-Großhändlern bisher so gut wie gar nicht erhältlich – obwohl die Mengen vorhanden wären.
Wenn künftig mehr Küchen im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung regionale Produkte einsetzen, wird es interessanter für Frischdienst-Betriebe und Gastrogroßhändler, diese zu listen, anzubieten und zu bewerben. Dadurch werden die Bezugswege für weitere Küchen, z.B. aus dem öffentlichen Bereich, geebnet und verbreitert. Je mehr die Vermarktung von Produkten mit garantiert bayerischer Herkunft gestärkt wird, umso interessanter wird es auch für Lebensmittelhersteller, weitere großküchentaugliche Produkte und Gebinde anzubieten. Zudem motivieren Best Practice-Beispiele andere Küchen, diesen Weg zu gehen und zeigen Lösungen auf, wie es gehen kann.
Das so genannte Nachfrage- und Angebotsrad muss also in Schwung kommen. Und hier kann die Nachfragemacht des staatlichen und öffentlichen Bereichs kräftig mit anschieben. Angesichts des Standes heute gibt es in Bayern nur wenige Kantinen, die das staatliche Bio- und Regio-Zeil schon nachweislich und messbar erfüllen. Viele Küchen begnügen sich – wenn überhaupt – mit einzelnen, nicht mengenbedeutsamen „Leuchtturmprojekten“. Auch besteht Erklärungsbedarf zum Unterschied „gefühlte“ versus „echte Regionalität“: Dass Lebensmittel von bayerischen Verarbeitern oder Händlern gekauft werden, sagt nichts über deren ursprüngliche Herkunft aus.
Das staatliche Regio- und Bio-Ziel wird in der Breite der Großküchen nur dann auch in die Tat umgesetzt werden, wenn die Träger der Küchen Verbindlichkeit herstellen, insbesondere über die Festschreibung des Ziels bei der Vergabe der Küchen.
Eine große Herausforderung sind in vielen Gemeinschaftsverpflegungen seitens der zuständigen Träger die zu niedrigen Tagessätze für die Verpflegungsleistungen, die nicht mit der allgemeinen Preisentwicklung Schritt gehalten haben und dringend angepasst werden sollten. Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil der Erziehung, Genesung und Gesunderhaltung und daher sollten hierfür auch ausreichende Mittel bereitstehen. Auch staatliche Zuschüsse zum Beispiel für gesundes, regionales Kita- und Schulessen wären sehr hilfreich. Der Fachkräftemangel auch in den Küchen führt dazu, dass die Küchen verstärkt auf Convenience-Produkte zurückgreifen – bei denen jedoch oftmals die Regionalität kaum eine Rolle spielt.
Neben Akteuren der staatlichen Verwaltungen können natürlich auch andere Akteure wertvolle Beiträge zur Zielerreichung leisten. Der Berufsstand – indem zum Beispiel Ehrenamtliche des Bayerischen Bauernverbandes Großküchen-Entscheidungsträger vor Ort dafür motivieren, in ihren Einrichtungen auf ein verstärktes Regionalitätsprofil zu setzen. Die kommunalen Spitzenverbände, die die Bezirke, Landkreise, Städte und Kommune für das Angehen und Umsetzen der Bio- und Regio-Ziele in öffentlichen Einrichtungen in deren Trägerschaft unterstützen können. Unternehmen der Logistik und des Gastrogroßhandels, um regionale Produkte in die Küchen zu bringen.
Ökologischer Landbau
Für den Bayerischen Bauernverband ist mit Blick auf die Öko-Erzeugerinnen und -Erzeuger vor allem eines entscheidend: eine wirtschaftlich tragfähige Öko-Entwicklung, die den Märkten entspricht und die bestehenden Ökobetrieben und jenen, die es werden wollen, eine positive Zukunftsperspektive verspricht. Allerdings sieht der Bayerische Bauernverband ein quantitatives gesetzliches Öko-Ausbauziel kritisch.
Die Zahl der Ökobetriebe und der Umfang der Ökoflächen ist bisher von Jahr zu Jahr kontinuierlich gestiegen. Es besteht allerdings die Sorge, dass leider markt- und politikbedingte Gegebenheiten dieser Entwicklung in Bayern in ein, zwei Jahren einen Rückschlag zufügen. Zum einen verhalten sich Umstellungsinteressierte aktuell noch sehr abwartend. Zum anderen muss künftig nach der EU-Ökoverordnung jeder Öko-Betrieb mit Pflanzenfressern Weidehaltung praktizieren. Diese neue Auslegung stellt nicht wenige, oft langjährige Öko-Betriebe vor teils unlösbare Herausforderung, wenn bei diesen Weidehaltung praktisch nicht umsetzbar ist, wegen Lage im Ort oder zu querender Straßen.