Huhn
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Legehennen

Männliche und weibliche Küken

Wenn neue Generationen Legehennenküken aus den Eiern schlüpfen, schlüpfen gleichzeitig in ungefähr derselben Anzahl männliche Küken.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Geflügelhaltung immer stärker spezialisiert. Moderne Legehennen haben dabei das Optimum an Legeleistung erreicht, wodurch niedrige Eierpreise möglich sind. Wenn neue Generationen Legehennenküken aus den Eiern schlüpfen, schlüpfen gleichzeitig in ungefähr derselben Anzahl männliche Küken. Als Masttiere sind diese ungeeignet, da sie durch langsames Wachstum und „sportliche“ Figur ohne viel Fleischansatz den Verbrauchererwartungen an einen „Gickerl“ nicht entsprechen. Daher werden die männlichen Eintagsküken am ersten Lebenstag entsprechend dem deutschen Tierschutzrecht getötet und als Futterküken an Zoos, den Zoofachhandel, an Greifvogelstationen und Reptilienhalter verkauft. Damit soll ab 1.1.2022 Schluss sein: eine Änderung des Tierschutzgesetzes sieht ein Verbot des Tötens von Hühnerküken vor.

Weiterentwicklungen zu mehr Tierwohl und Akzeptanz in der Gesellschaft sind auch dem BBV wichtig. Enttäuschend ist, dass die Politik hier eine Scheinlösung als Erfolg feiert. Bei genauerer Betrachtung bedeutet die Gesetzesänderung eine Verschlechterung im Tierschutz, so durch neu entstehende Lebendtiertransporte und Auslagerung einer sensiblen Thematik ins Ausland. Die Infrastruktur bayerischer Landwirtschaft wird nachhaltig gestört und die Abhängigkeit vom Ausland hinsichtlich Junghennen, Bruderhahnaufzuchtplätzen und Futterküken gefördert.

Die Hintergründe

Die spezialisierte Geflügelhaltung hat über die letzten Jahrzehnte Legehennen entwickelt, die das Optimum an Legeleistung mit gut 300 Eiern pro Jahr erreicht haben, deren Zeitpunkt der Legereife ebenso bekannt ist wie der Futterverbrauch oder das Gewicht als Suppenhenne. Damit einher gingen der Aufbau entsprechend spezialisierter Elterntier-Halter, die die Bruteier für diese Hennen erzeugen, sowie große Brütereien. Auch die Schlachtbranche hat sich darauf eingestellt, denn diese hohe Leistung erbringen die Hennen nur eine Legeperiode (ca. 1 Jahr) lang und werden dann geschlachtet. Dieses perfektionierte System hatte die Folge, dass Hühnereier relativ günstig herzustellen waren und der Eierpreis im Vergleich zu anderen Lebensmitteln im Kaufkraftvergleich überproportional gesunken ist: ein Kaufkraftvergleich zeigt, dass 1950 ein Arbeitnehmer mir Durchschnittslohn für eine 10er-Schachtel Hühnereier gut 2 Stunden arbeiten musste, hingegen 2009 im Durchschnitt nur noch 8 Minuten.

Auch wenn die männlichen Eintagsküken „überflüssig“ scheinen, sind sie wirtschaftlich nicht uninteressant: sind sie auch als Masttiere vollkommen ungeeignet aufgrund des langsamen Wachstums und des mangelnden Fleischansatzes, haben sich doch flächendeckend eigene Abnahmesysteme entwickelt, da beispielsweise für Greifvögel und Reptilien ganze Eintagsküken ein hochwertiges Futtermittel darstellen. Mit reinem Fleisch oder Schlachtnebenprodukten sind diese nicht adäquat zu ernähren. Insofern haben auch sie ihren Wert und ihre Tötung erfolgt selbstverständlich konform mit dem deutschen Tierschutzrecht.

Aktuelle Gesetzesänderung

Der Bundestag hat am 20.5.21 das Ende des Hahnenkükentötens beschlossen, welches ab dem 1.1.2022 gelten wird. Der Bundesrat hat die Änderung des Tierschutzgesetzes  am 28.5.21 neben 43 anderen Gesetzesentwürfen gebilligt. Betroffen hiervon sind nicht mehr nur Küken von Legelinien, wie es im ersten Gesetzesentwurf vorgesehen war, sondern auch deren Elterntiere bzw. generell Haushühner der Art Gallus gallus.
Als Alternativen bestehen die Geschlechtsbestimmung im Ei während der Brut, die Aufzucht der Bruderhähne, die Verwendung von Zweinutzungsrassen oder der Umstieg auf Importtiere.
Werden Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei eingesetzt, müssen diese ab dem 1.1.24 vor dem 7. Bruttag Anwendung finden, da im Zeitraum vom 7. Bis 14. Bruttage ein entstehendes Schmerzempfinden des Embryos nicht sicher ausgeschlossen werden kann.

Eine wesentliche Forderung des BBVs sowie des Landesverbands der Bayerischen Geflügelwirtschaft (LVBGW) war die Offenhaltung der Nische der Nutzung der tierschutzkonform getöteten Hahnenküken als Futtertiere. Diese Ausnahme hätte den Fortbestand mancher Brüterei sichern können. Auch die Empfehlung des Agrarausschusses des Bundesrats empfahl diese Nutzungsmöglichkeit zumindest bei bestehenden Abnahmeverträgen.  Dennoch wurde sie im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abgelehnt, mit der Folge, dass in Zukunft auch Futterküken importiert werden müssen.

Von der Politik präsentiert werden drei Alternativen: die Geschlechtsbestimmung im Ei während der Brut, die Aufzucht der Bruderhähne sowie die Verwendung von Zweinutzungsrassen. Auf der politischen Bühne totgeschwiegen wurde in den aktuellen Diskussionen die vierte, sehr naheliegende Möglichkeit: der Umstieg auf Importtiere.

Hier finden Sie die aktuelle Berichterstattung des Bauernverbandes dazu.

Alternative Möglichkeiten in Zukunft

Geschlechtsbestimmung im Ei
In den letzten Jahren wurde die Forschung massiv vorangetrieben, das Geschlecht des werdenden Kükens bereits im Ei festzustellen. Ganz verschieden angelegte Verfahren sind an verschiedenen Bruttagen erfolgreich. Die „männlichen“ Eier werden aus der Bebrütung genommen und zu Tierfutter verarbeitet. Die dazu erforderliche Technologie ist aktuell wenigen großen Unternehmen der Geflügelbranche vorbehalten, aber funktionstüchtig. Durch den aktuellen Gesetzesentwurf wird ab 1.1.2024 eine Erkennung des Geschlechts des Hühnerembryos vor dem 7. Bruttag (von 21 Bruttagen) gefordert, da danach ein entstehendes Schmerzempfinden des Embryos nicht sicher ausgeschlossen werden kann – ein Aspekt, der mit dem aktuellen Gesetzesentwurf neu in die Diskussion eingebracht wurde. Aktuell entwickelte Technologien zur Geschlechtsbestimmung im Brutei kommen in der Mitte der Brutdauer zum Einsatz. Sie sind nicht einfach auf einen früheren Bruttag vorzuverlegen, da die untersuchten Strukturen früher noch nicht vorhanden sind. Damit werden alle bisherigen Entwicklungen zu Brückentechnologien degradiert und die Forschung nach früher anwendbaren Verfahren beginnt von Neuem. Eine Verschiebung der Fristen konnte nicht erreicht werden. Es wurde aber immerhin der 31. März 2023 als Berichtstermin des Bundesministeriums an den Bundestag festgelegt, um über den erreichten Status quo der Geschlechtsbestimmung zu berichten. Da mit praxisreifen Verfahren vor dem 7. Bruttag bis zum Berichtstermin nicht zu rechnen ist, könnte damit ein Ansatzpunkt für eine Anpassung der Frist gegeben sein.

Zweinutzungshühner
Zweinutzungshühner gab es auch früher schon; als Zweinutzungsrassen gelten Hühner, deren Hennen Eier legen und deren Hähne zur Fleischgewinnung geschlachtet werden können. Alte Zweinutzungsrassen bieten allerdings in beiden Bereichen sehr mäßige Leistungen. Seit ca. 10 Jahren wird die Zucht moderner Zweinutzungshühner stark vorangetrieben. Dennoch ist es so, dass die Hähne im Fleischansatz noch lange nicht mit Mastrassen mithalten können: der Fleischansatz ist bescheidener, sie entsprechen nicht den Verbrauchererwartungen an ein Bratgickerl. Dazu wachsen sie langsamer und verbrauchen mehr Futter, was zu vergleichsweise höheren Preisen führen muss. Auch die Hennen legen spürbar  weniger und kleinere Eier, was einen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet. Nur wenige Verbraucher sind bereit, dies mitzutragen, wie man an dem jetzt schon vorhandenen, aber sehr geringen Marktanteil sieht. Bis zum Erreichen einer höheren Fleisch- und Eierleistung werden noch viele Jahre vergehen, denn Zucht erfolgt über Generationen.

Bruderhahnaufzucht
Eine weitere Möglichkeit ist, die Brüder der Legehennen aufzuziehen. In so genannten „Bruderhahn-Projekten“ wird dies aktuell in einer kleinen Marktnische bereits praktiziert. Die Bemuskelung und Fleischstruktur dieser Tiere entspricht eher Suppenhühnern als Mastgickerln. Daher geht ein Großteil dieser Tiere in die Verarbeitung, in einzelnen Pionier-Projekten für den menschlichen Verzehr, großteils aber zu Tierfutter. Der Erlös reicht nicht aus, um die Aufzuchtkosten der Junghähne zu decken, so dass hier eine Querfinanzierung über den Eierpreis erfolgt, d. h. der Preisaufschlag für die Eier aus so genannten Bruderhahn-Initiativen hilft, die Aufzuchtkosten zu tragen. Diese Alternative zum Hahnenkükentöten wird voraussichtlich stark ausgebaut werden. Laut plausibler Informationen aus der Branche ist allerdings zu vermuten, dass vermutlich ein Großteil der Aufzucht der Hahnenküken kostengünstig(er) nach Osteuropa verlagert werden könnte, was entsprechende Tiertransporte verursacht.

 

Die Folgen: Situation in Bayern

In Bayern gibt es eine Handvoll Brütereien. Nach BBV-Informationen wird keine der Brütereien die Investition in Geschlechtsbestimung im Ei mitgehen (können). Die Brut von spezialisierten Legehennenküken wird daher nur möglich sein im Rahmen von Bruderhahnprojekten. Wie unsere Gespräche ergeben haben, werden allerdings zahlenmäßig den größten Anteil Legehennenküken haben, die im Ausland geschlüpft sind und in den ersten Lebenstagen nach Deutschland importiert werden, da die Betriebe nur so ihre Existenz unter dem bestehenden Kostendruck seitens der abnehmenden Kette sichern können. Das Kükentöten wird damit ans Ausland übergeben, wo es – dank des deutschen Alleingangs - weiterhin legal möglich ist. Mittelfristig könnte zusätzlich die günstigere Aufzucht in möglichen osteuropäischen Schlupfstaaten Konkurrenz für die heimischen Aufzüchter bedeuten.

Fazit

Weiterentwicklungen zu mehr Tierwohl und Akzeptanz in der Gesellschaft sind dem BBV wichtig. Enttäuschend ist, dass die Politik hier eine Scheinlösung als Erfolg feiert. Die Thematik des „Kükentötens“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie unter dem Deckmantel des Tierschutzes erhebliche Verschlechterungen im Tierschutz durchgesetzt werden, so durch neu entstehende Lebendtiertransporte und Auslagerung einer sensiblen Thematik ins Ausland. Die Infrastruktur bayerischer Landwirtschaft wird nachhaltig gestört und die Abhängigkeit vom Ausland hinsichtlich Junghennen, Bruderhahnaufzuchtplätzen und Futterküken gefördert.

Von Politikern wurde dem Bayerischen Bauernverband für seine Haltung „Herzlosigkeit“ gegenüber den puscheligen kleinen Küken vorgeworfen – dabei setzen wir uns von ganzem Herzen dafür ein, dass die Küken in Bayern schlüpfen dürfen, nicht herumgekarrt werden, die sensiblen tierschutzrelevanten Themen nicht ins Ausland abgegeben werden und Bayern hinsichtlich Aufzuchtplätzen, Futterküken und  Junghennen – und hiermit indirekt Eierproduktion - nicht vom Ausland abhängig wird
– damit verantwortungsbewusste bayerische Tierhaltung Zukunft hat!