Pflanzenschutz: So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Wirkstoffe helfen, Ernte und Erträge zu sichern
Warum müssen Pflanzen geschützt werden?
Auch wenn heutzutage Lebensmittel in Deutschland nicht mehr knapp sind: der Ernteerfolg und gute Erträge sind keine Selbstverständlichkeit. Krankheiten und Schädlinge sind tägliche Begleiter unserer Nutzpflanzen und haben in der Vergangenheit immense Schäden und Hungersnöte ausgelöst. Auch auf den bayerischen Feldern treten immer wieder Krankheiten und Schädlinge auf, die innerhalb kürzester Zeit große Flächen befallen und nur mit Pflanzenschutzmaßnahmen eingedämmt werden können. So hat sich zum Beispiel die Pilzkrankheit Gelbrost 2014 und 2015 nach milden Wintern in Richtung Süden ausgebreitet. Der frühe und bei manchen Sorten starke Befall mit Gelbrost hatte beachtliche Ertragseinbußen zur Folge.
Pflanzenschutz sichert Ernte
Die Bedeutung von Pflanzenschutz zeigt auch ein Blick über den Tellerrand: Die weltweite geerntete Menge Weizen (733 Mio. Tonnen) liegt heuer sogar unter dem globalen Verbrauch (739 Mio. Tonnen, Quelle: USDA). Und der Verbrauch steigt jährlich um rund ein Prozent.Dabei könnte die Ernte durchaus größer sein: Wissenschaftler der Uni Bonn gehen davon aus, dass zwischen Aussaat und Ernte etwa 32 Prozent der Erträge wegen Unkräutern, Schädlingen oder Pflanzenkrankheiten verloren gehen. Ohne Pflanzenschutz-Maßnahmen wären es fast 69 Prozent (Quelle: Dr. Erich-Christian Oerke, Uni Bonn).
Pflanzenschutz schützt vor Krankmachern
Pflanzenschutz schützt nicht nur Pflanzen vor Krankheiten, Schädlingen und Konkurrenten. Viele Pilzkrankheiten, die Nutzpflanzen befallen, entwickeln selbst Gifte (Mykotoxine), die auch für den Menschen gefährlich sind. Ein bekanntes Beispiel ist das Mutterkorn, ein Pilz der durch seine Alkaloide in früheren Jahren immer wieder zu schweren Vergiftungen führte („Antoniusfeuer“). Weitere Informationen zu Schimmelpilzgifte in Lebensmitteln finden Sie auf der Webseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Eine Gefahr stellen auch giftige Pflanzen dar, die ohne den Einsatz von Herbiziden ihren Weg in unsere Lebensmittel finden können. In den vergangenen Jahren bereitet uns vor allem das Jakobskreuzkraut immer wieder Probleme und führt zu Rückrufaktionen von Lebensmitteln. Viele der „natürlichen“ Gifte sind um ein vielfaches giftiger als moderne Pflanzenschutzmittel.
Chemisch, mechanisch oder biologisch
Egal, ob ein Landwirt ökologisch oder konventionell wirtschaftet: Pflanzenschutz ist für Bauern die Grundvoraussetzung für erfolgreichen Ackerbau. Er beginnt mit der Planung der Fruchtfolge auf seinem Acker. Dabei wird möglichst zwischen Sommer- und Winterfrüchten und zwischen Blatt- und Halmfrüchten gewechselt. Außerdem müssen die erzeugten Früchte sich auch erfolgreich vermarktet lassen.
Im nächsten Schritt wählt der Landwirt Sorten aus, die sich für den jeweiligen Standort eignen und möglichst gute Resistenzen vorweisen können. Wenn dann ein Befall mit Schädlingen, Krankheiten oder Unkräutern auftritt, stellt der Landwirt den Umfang der zu erwartenden Schäden fest. Erst wenn eine gewisse Schadschwelle überschritten ist, ist eine Pflanzenschutzmaßnahme wirtschaftlich.
Erst in den dafür zur Verfügung stehenden Methoden unterscheiden sich die ökologische und die konventionelle Wirtschaftsweise: Während Biobauern auf mechanisch-physikalische Methoden (z.B. hacken), biologische Gegenspieler (z.B. Schlupfwespen) und natürlich vorkommende Wirkstoffe (z.B. Kupfer) zurückgreifen, können konventionell wirtschaftende Bauern auch passende chemische Pflanzenschutzmittel verwenden.
Ist chemischer Pflanzenschutz schädlich?
Der Bayerische Bauernverband setzt sich für ein unabhängiges und an wissenschaftlichen Grundsätzen ausgerichtetes Bewertungs- und Zulassungswesen ein. Nur so kann der notwendige Arbeitsschutz für Landwirte, der Umwelt- und Naturschutz sowie ein verlässlicher Verbraucherschutz gewährleistet werden.
Bevor ein Pflanzenschutzmittel zugelassen wird und in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen darf, durchläuft es deshalb ein strenges, mehrstufiges Zulassungsverfahren. Dabei werden sowohl die einzelnen Wirkstoffe, als auch die fertigen Pflanzenschutzmittel inkl. Beistoffe, die z.B. die Haftung an der Pflanze verbessern sollen, geprüft. Ein sachgerechter Einsatz darf …
- keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwender und Verbraucher haben
- keine schädlichen Auswirkungen auf das Grundwasser haben
- keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Nur einer von 160 000 Wirkstoffen bekommt unter diesen Voraussetzungen überhaupt eine Zulassung. (Quelle: Industrieverband Agrar)
Das bedeutet nicht, dass Pflanzenschutzmitteln nicht in Wasser oder Lebensmitteln o. ä. nachgewiesen werden können. Mit modernen Analysemethoden können inzwischen selbst einige wenige Moleküle eines Stoffes nachweisen werden. Aus diesem Grund wurden zulässige Höchstgehalte eingeführt. Diese Grenzwerte stellen sicher, dass Rückstände niemals einen gesundheitsgefährdenden Wert erreichen – egal, ob es um eine langfristige Exposition oder den einmaligen Verzehr von großen Mengen geht. Dabei wird immer vom empfindlichsten Verbraucher, dem Kind, ausgegangen und ein Sicherheitsfaktor von 100 berücksichtigt. (Quelle: BfR)
Steigt der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln an?
Entgegen aller Behauptungen bleibt die Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel seit Jahrzehnten mit jährlichen Schwankungen aber praktisch konstant. Lediglich der Einsatz von inerten Gasen (v.a. Kohlendioxid oder Stickstoff) ist im Laufe der Jahre angestiegen. Diese Gase werden vor allem bei der Lagerung von Obst, Gemüse oder anderen Agrarprodukten eingesetzt.
Schaden Pflanzenschutzmittel der Biodiversität?
Auf dem Acker ist das gewollt. Ob der Landwirt seinen Acker pflügt oder mit einem Herbizid behandelt – Ziel dabei ist immer, nicht erwünschte Pflanzen entweder zu vergraben oder absterben zu lassen. Hier hat der Einsatz von Herbiziden den Vorteil, dass Pflanzenreste auf dem Acker verbleiben und den Boden vor Austrocknung und Erosion schützen. Zudem schädigen Herbizide die Bodenstruktur und das Bodenleben kaum. Die abgestorbenen Pflanzenreste dienen dem Bodenleben als Nahrung und erhöhen am Ende den Humusgehalt.
Diskussion über den Wirkstoff Glyphosat
Bei Glyphosat handelt es sich um ein Totalherbizid, dessen Wirkungs- und Einsatzweise einen recht schmalen Einsatzbereich zur Folge hat – zumindest in Deutschland und Bayern. In anderen Teilen der Erde wird Glyphosat insbesondere in Kombination mit gentechnisch veränderten Pflanzen in einem ganz anderen Zusammenhang und in wesentlich größeren Mengen verwendet.
Im Freistaat dagegen wird Glyphosat in der Regel nur eingesetzt, um vor der Saat (oder bei der Wiederansaat von Grünland) konkurrierende Unkräuter in den Griff zu bekommen - gleichzeitig kann so auf tiefere Bodenbearbeitung verzichtet werden, was im Zusammenhang mit Erosions- und Bodenschutz und in Sachen Energieverbrauch Vorteile mit sich bringt. Bei einem möglichen Anwendungsverbot von Glyphosat ist davon auszugehen, dass der Anteil Fläche in Bayern, die mit mechanischer Bodenbearbeitung bestellt wird, massiv steigen würde.
Die konservierende Bodenbearbeitung in Kombination mit Glyphosat hat den Vorteil, dass vor der Aussaat mit nur einem Wirkstoff alle Unkräuter bekämpft werden können. Gleichzeitig wird der Boden nicht in seiner Struktur zerstört und Insekten, Spinnen oder Würmer werden nicht beeinträchtigt. Die auf dem Acker verbleibenden Pflanzenreste schützen den Boden vor Austrocknung und Erosion und dienen auch als Nahrung für das reichlich vorhandene Bodenleben.
Lesen Sie auch unseren Beitrag: Darum schützen wir unsere Pflanzen (vom 04.04.2019)